URI: 
       # taz.de -- Kommunikation über die Klimakrise: „Früher war alles immer Wetter“
       
       > Wie in den Medien über die Klimakrise kommuniziert werde, hat sich
       > insgesamt verbessert. Doch es fehlten wichtige Aspekte.
       
   IMG Bild: Klima-Protest mit satirischen Zeitungen in London, Oktober 2019
       
       Wer einen sozialökologischen Wandel will, muss über das Klima reden können.
       Wir haben eine Klimawissenschaftlerin und eine Psychologin gefragt, welche
       Strategien hilfreich sind, welche Themen fehlen und wie sich die
       Klimakommunikation verändert hat. 
       
       ## „Die Klimakrise ist eine soziale Krise“
       
       Die Menschheit wird nicht aussterben. Das wirkliche Problem der Klimakrise
       ist die Verschärfung von sozialen Ungleichheiten. Bei einem Grad Erhitzung
       haben wir jetzt schon große Probleme. Deshalb ist das eine echte Krise und
       darum müssen wir sie so behandeln. Es ist nicht, weil die Welt untergeht.
       Die Klimakrise ist eine soziale Krise, das fehlt mir in den Medien.
       
       Trotzdem finde ich, dass sich die Berichterstattung in Print und Online
       enorm verbessert hat. Es wurde früher überhaupt nie über die Klimakrise
       gesprochen. Alles war immer Wetter und hatte nichts mit dem Klima zu tun.
       Das hat sich sehr dramatisch verändert.
       
       Jetzt wird die Frage gestellt, ob und auf welche Art Katastrophen wie die
       Feuer in Australien etwas mit der Klimakrise zu tun haben. Das ist ein
       erster wichtiger Schritt.
       
       Mich stimmt optimistisch, dass die Klimakrise „Krise“ genannt wird.
       Außerdem muss heutzutage jedes Unternehmen, jede politische Partei einen
       Standpunkt zu ihr haben.
       
       Ja, die Standpunkte sind in vielen Unternehmen und Parteien ziemlich
       unsinnig. Aber immerhin geht es nicht, dass sie gar keine Meinung dazu
       haben. Niemand kommt mehr um die Klimakrise drum rum. Protokoll: Jakob
       Lochner
       
       Friederike Otto ist Physikerin, Philosophin und Klimawissenschaftlerin.
       
       ***
       
       „Schuld, Wut und Angst sind aktivierende Emotionen“
       
       Ich behaupte: Rein rationale Wissenschaftskommunikation funktioniert nicht.
       Menschen sind nun mal emotionale Wesen. Das ist aber nicht schlimm, denn
       Emotionen sind Bedürfnisanzeiger und liefern die Handlungsenergie, um uns
       um diese Bedürfnisse zu kümmern.
       
       In der Klimakommunikation können wir versuchen, bestimmte Emotionen eher
       auszulösen als andere. Trauer zum Beispiel ist eine sehr häufig in Bezug
       auf die Klimakrise empfundene Emotion. Doch wenn wir traurig sind, ziehen
       wir uns zurück und wollen am liebsten im Bett liegen und weinen. Es handelt
       sich um eine inaktivierende Emotion.
       
       Aktivierende Emotionen sind Schuld, Wut oder Angst. Manche Menschen werden
       sehr davon motiviert, dass sie Katastrophenmeldungen sehen und denken: Das
       will ich nicht. Wenn wir also ehrlich kommunizieren, wie schlimm es schon
       ist, wird die Dringlichkeit der Klimakrise klar. Das halten die Menschen
       aber nur aus, wenn sie eine Perspektive haben. Deshalb sind auch positive
       Emotionen, wie Hoffnung und Zuversicht hilfreich: Sie verhindern, dass die
       Menschen in die Verdrängung gehen.
       
       Um ihre Handlungsenergie dann in eine Richtung leiten zu können, brauchen
       sie eine Vorstellung davon, wo wir hin wollen. Diese Vision nicht
       mitzukommunizieren, ist ein bisschen so, wie in ein Taxi zu steigen und zu
       sagen: „Fahren Sie mich nicht zum Hauptbahnhof.“ Dann weiß der Taxifahrer
       leider immer noch nicht, wo er hinfahren soll. Protokoll: Anna Wolf
       
       Katharina van Bronswijk ist Sprecherin der Psychologists/Psychotherapists
       for Future.
       
       26 Sep 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Friederike Otto
   DIR Katharina van Bronswijk
       
       ## TAGS
       
   DIR Kommunikation
   DIR Schwerpunkt Klimagerechtigkeit
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Sprache
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR klimataz
   DIR Wisskomm
   DIR Apokalypse der Woche
   DIR Schwerpunkt Klimagerechtigkeit
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR Schwerpunkt Klimagerechtigkeit
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Psychologin zur Klimakrise: „Emotionen sind ein Schlüssel“
       
       Angst, Wut und Trauer wegen des Klimas sind belastend, sagt die Psychologin
       Katharina van Bronswijk. Aber sie lösen auch den Drang aus, zu handeln.
       
   DIR taz-Community über Klima in den Medien: „Falschinformationen klar benennen“
       
       Wie sieht gute Klimaberichterstattung aus? Was sollte anders gemacht
       werden? taz-LeserInnen teilen ihre Wünsche an Medien in der Klimakrise.
       
   DIR Programme für die Zukunft: Wissenschaft vermitteln
       
       Viele Akteure, die sich mit Wissenschaftskommunikation beschäftigen, suchen
       nach neuen Wegen, über Forschung zu informieren. Das ist schwierig.
       
   DIR Klimawandel durch hohen Energieverbrauch: Wenn Kühlen zu mehr Wärme führt
       
       Expert:innen gehen davon aus, dass in 30 Jahren mehr Energie ins Kühlen als
       ins Heizen fließt. Das kann den Klimawandel weiter beschleunigen.
       
   DIR BUNDjugend-Sprecherin über Agrarsystem: „Jugend hat Recht auf Mitsprache“
       
       Die Zukunftskommission Landwirtschaft möchte ein neues Agrarsystem. Das
       muss laut Myriam Rapior wettbewerbsfähig und umweltfreundlich sein.
       
   DIR Koloniale Strukturen in der Bewegung: Wir müssen keine Stimme „leihen“
       
       Wenn die Klimabewegung Menschen aus dem Globalen Süden in den Fokus nimmt,
       ist das oft gut gemeint. Es spiegelt aber womöglich koloniales Wohlwollen.
       
   DIR Weniger arbeiten und das Klima retten: Eine Frage der Umverteilung
       
       Seltener in der Firma zu sein bedeutet weniger Produktion, weniger
       Wachstum, weniger Vermögen. Das könnte nicht nur dem Klima nützen.
       
   DIR Neue Empfehlungen für die taz: Besser übers Klima schreiben
       
       Als erstes Medienhaus in Deutschland gibt sich die taz eine klimagerechte
       Sprache. Denn das Sein bestimmt auch das Klimabewusstsein.
       
   DIR Virus vertreibt Klimakonferenz: Heißer Herbst auch ohne Glasgow
       
       Die nächste Klimakonferenz wird verschoben. Doch im kommenden Herbst wird
       trotzdem über das Klima entschieden.