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       # taz.de -- Nach Vereidigung von Lukaschenko: Protest und Festnahmen in Belarus
       
       > Bei Demonstrationen gegen die Amtseinführung von Lukaschenko wurden
       > hunderte Menschen festgenommen. Die EU erkennt ihn nicht als legitimen
       > Staatschef an.
       
   IMG Bild: Nach der Amtseinführung Lukaschenkos gingen in Minsk tausende auf die Straße
       
       Minsk/Brüssel dpa/afp | Bei den Protesten gegen die [1][Amtseinführung] des
       umstrittenen Staatschefs Alexander Lukaschenko in Belarus (Weißrussland)
       sind 259 Menschen festgenommen worden. Das teilte das Menschenrechtszentrum
       Wesna (Spring96) am Donnerstag in Minsk mit. Nicht nur in der Hauptstadt
       Minsk, sondern auch in Grodno, Gomel, Borissow und anderen Städten seien
       Protestler in Gewahrsam gekommen.
       
       Der seit mehr als zweieinhalb Jahrzehnten autoritär regierende Lukaschenko
       hatte sich am Mittwochmorgen für eine weitere Amtszeit vereidigen lassen.
       Die Zeremonie fand ohne Vorankündigung im Palast der Unabhängigkeit in
       Minsk statt. Anders als in der Vergangenheit wurde die Vereidigung auch
       nicht im Staatsfernsehen übertragen. Damit wollte die Regierung offenbar
       verhindern, dass weitere Proteste provoziert würden.
       
       Bei der Zeremonie sagte Lukaschenko nach Angaben des Präsidialamts vor
       handverlesenen ranghohen Beamten, sein Land habe sich einer
       „Farbrevolution“ widersetzt. Der Begriff wird in den ehemaligen
       Sowjetstaaten häufig abwertend für angeblich aus dem Westen gesteuerte
       Protestbewegungen verwendet, die sich gegen autokratische Regierungen
       wenden.
       
       Bei der Wahl am 9. August soll Lukaschenko laut den offiziellen Ergebnissen
       80 Prozent der Stimmen erhalten haben, seine inzwischen nach Litauen
       geflohene Rivalin Swetlana Tichanowskaja nur zehn Prozent. Die Wahl wurde
       von massiven Betrugsvorwürfen überschattet, die [2][Opposition] erkennt das
       Ergebnis nicht an.
       
       ## „Wir haben dich nicht gewählt!“
       
       Tausende Menschen waren am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag auf die
       Straße gegangen, um gegen die Amtseinführung Lukaschenkos zu demonstrieren.
       Maskierte Uniformierte gingen am Mittwoch teils auch mit Wasserwerfern
       gegen die Demonstranten vor. Es gab auch Verletzte, die von anderen
       Demonstranten versorgt wurden. Menschen vor Ort erzählten, dass sie Schüsse
       in Minsk gehört hätten. Berichten zufolge setzten die Sicherheitskräfte
       zudem Tränengas ein. Das wiesen die Behörden zurück. Sie hätten die Lage
       unter Kontrolle, meldete die Staatsagentur Belta.
       
       Slogans wie „Wir haben Dich nicht gewählt!“ oder „Du hast Dein Amt nicht
       angetreten, Du bist nur völlig senil geworden!“ war auf Schildern über den
       Staatschef zu lesen. Einige Demonstranten trugen falsche Kronen auf dem
       Kopf – als Anspielung auf Lukaschenkos Vereidigung.
       
       Die EU hat die Amtseinführung Lukaschenkos verurteilt. Der Schritt stehe im
       direkten Widerspruch zum Willen großer Teile der belarussischen Bevölkerung
       wie er in zahlreichen beispiellosen friedlichen Protesten seit den Wahlen
       zum Ausdruck komme, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am
       Donnerstag mit. Der „sogenannten Amtseinführung“ fehle es wegen der
       Fälschung der Wahlergebnisse an jeglicher demokratischer Legitimation und
       sie sorge nur für eine weitere Vertiefung der politischen Krise in Belarus.
       
       „Die Haltung der Europäischen Union ist klar: Die belarussischen Bürger
       haben das Recht, durch diejenigen Personen vertreten zu werden, die durch
       neue inklusive transparente und glaubwürdige Wahlen bestimmt werden“, so
       Borrell. Man stehe an der Seite der belarussischen Bevölkerung, das trotz
       brutaler Unterdrückung durch die Behörden weiterhin friedlich für
       Demokratie und seine Grundrechte demonstriere.
       
       Inzwischen erklärten auch die USA, sie würden Lukaschenko nicht als
       legitimes Staatsoberhaupt anerkennen. Zur Begründung sagte am Mittwoch ein
       Sprecher des Außenministeriums in Washington, die verkündeten Ergebnisse
       seien „betrügerisch“.
       
       24 Sep 2020
       
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