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       # taz.de -- Diskussion um RWE-Anzeige in der taz: Hier könnte Ihre Werbung stehen
       
       > Eigentlich sollte in der Aktivist*innen-taz eine Anzeige des
       > Braunkohlekonzerns RWE stehen. Die Autor*innen hielten das für keine gute
       > Idee.
       
   IMG Bild: Ey, RWE – bagger uns nicht an. Die Klimaaktivist*innen verwehrten sich gegen die Anzeige in der taz
       
       In der Printausgabe der Aktivist*innen-taz vom Freitag, 25. September,
       hätte eigentlich eine Anzeige des Braunkohlekonzerns RWE stehen sollen, in
       der er sich als Stromanbieter für Erneuerbare darstellt. Erst durch
       massiven Protest von uns, der Redaktion dieser Sonderausgabe, hat der
       Verlag eingelenkt, die Anzeige nicht erscheinen zu lassen.
       
       Was ist da los? Wir könnten jetzt ausführen, wie unglaubwürdig das neue
       Öko-Image ist, das RWE sich seit dem EON-Innogy-Deal gibt. Dass die Ziele
       für 2040 nicht annähernd ausreichend ambitioniert für das Pariser
       Klimaabkommen sind, RWE weiterhin vor allem Strom aus Kohle produziert und
       kein einziges neues Windrad oder Solarpanel aufgestellt, sondern nur
       vorhandene übernommen hat. Über dieses Greenwashing hat [1][die taz in der
       Vergangenheit berichtet]. Selbst die [2][FAZ] nennt das „peinliche
       Öko-Propaganda“.
       
       Doch das ist nicht einmal der Kern des Problems. Es geht hier um die
       Anzeige von einem Konzern, der viel Geld mit der Verbrennung
       klimaschädlicher Braunkohle verdient, weiterhin Dörfer zerstört und sich
       den Kohleausstieg mit Steuermilliarden bezahlen lässt, anstatt die Zeche
       für die verursachten Schäden an Mensch, Umwelt und Klima zu zahlen.
       
       Ein Konzern, der Menschen aus der Klimabewegung verklagt, um so die
       Zivilgesellschaft mundtot zu machen. Eine Werbeanzeige von RWE in dieser
       Sonderausgabe, die die Klimabewegung gestaltet hat. Das ist in unseren
       Augen untragbar.
       
       ## Redaktion und Verlag strikt getrennt
       
       Bei der taz sah man das zunächst anders: Die Redaktion und der Verlag, zu
       dem auch die Anzeigenabteilung gehört, seien strikt getrennt. Die
       Anzeigenabteilung nehme auf die redaktionellen Inhalte keinen Einfluss und
       umgekehrt. Daran hätten auch wir uns zu halten, wurde uns gesagt.
       
       Ganz so einfach ist die Sache aber nicht. Im aktuellen kapitalistischen
       System ist Aufmerksamkeit käuflich. Aufmerksamkeit, die ein Medium mit der
       Qualität, dem Ton und der Auswahl seiner redaktionellen Inhalte generiert.
       Eine strikte Trennung ist daher unmöglich. Wer ökonomische Macht besitzt,
       besitzt Macht über das, was wir sehen und lesen. Aber muss das so sein?
       Wenn wir die Klimawende schaffen wollen, muss sich auf allen Ebenen etwas
       bewegen.
       
       Dazu gehören auch die Verlage, zum Beispiel mit ihrem Anzeigengeschäft. Das
       Verhältnis von Redaktion und Anzeigen wird nicht ausreichend infrage
       gestellt. Mit dieser Haltung ergeben sich Verlage der Diskursmacht der
       fossilen Industrie.
       
       ## taz folgt Beispiel des Guardian
       
       Die Medienunternehmen haben aber die Möglichkeit, die normativen oder
       moralischen Grenzen dieser Diskursmacht zu verhandeln. „Das Sein bestimmt
       auch das Klimabewusstsein“, schrieb Kai Schöneberg jüngst in der taz und
       verkündete, dass die taz-Redaktion künftig eine [3][klimagerechte Sprache]
       verwenden will. Damit folgt die taz dem [4][Beispiel des britischen
       Guardian].
       
       Der Guardian geht aber noch einen entscheidenden Schritt weiter: Seit
       Januar lässt er von fossilen Unternehmen keine Anzeigen mehr zu. Obwohl
       viele Medienhäuser gerade in einer schwierigen Zeit stecken und Anzeigen
       einen Großteil der Einnahmen ausmachen. Die Guardian-Chefredaktion folgt
       damit den jahrelangen Rufen der Klimabewegung, Greenwashing keine Plattform
       mehr zu bieten.
       
       Unser Appell geht an alle Medienhäuser und Werbeträger, sich damit
       auseinanderzusetzen, wem sie Raum geben wollen und wem nicht. Und für uns
       ist klar: Wenn die taz Klimabewusstsein sagt, darf sie vom Finanziert-Sein
       nicht schweigen.
       
       25 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /RWE-baut-das-Portfolio-um/!5626604/
   DIR [2] https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/rwe-konzernumbau-peinliche-oeko-propaganda-16410968.html
   DIR [3] /Neue-Empfehlungen-fuer-die-taz/!5708300/
   DIR [4] https://www.theguardian.com/environment/2019/may/17/why-the-guardian-is-changing-the-language-it-uses-about-the-environment
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julia Dittmann
   DIR Julian Hirschmann
   DIR André Rösner
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimagerechtigkeit
   DIR Greenwashing
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   DIR Extinction Rebellion
       
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