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       # taz.de -- Stopp für Goldmine in Anden: Urteil mit abschreckender Wirkung
       
       > Zwischen Chile und Argentinien soll eines der größten Goldvorkommen
       > lagern. Doch eine Mine darf dort nicht gebaut werden, entschied ein
       > Gericht.
       
   IMG Bild: Vorarbeiten in der Pascua-Lama-Mine im Jahr 2012
       
       Buenos Aires taz | Die Goldmine Pascua Lama in den chilenischen Anden darf
       nicht gebaut werden. Das chilenische Umweltgericht in Antofagasta
       bestätigte die Einstellung des umstrittenen Vorhabens der [1][kanadischen
       Minengesellschaft Barrick Gold] und verurteilt das Unternehmen vergangene
       Woche zu einer Geldstrafe vom umgerechnet 7,6 Millionen Euro. Zwar erklärte
       das Unternehmen, es werde das Urteil annehmen, bekräftigte aber, das
       Minenprojekt nicht aufzugeben.
       
       Das Minenprojekt Pascua Lama liegt im Grenzgebiet von Chile und Argentinien
       in einer Höhe zwischen 4.000 bis 5.000 Metern. Es erstreckt sich zu 20
       Prozent über die argentinische Westprovinz San Juan und zu 80 Prozent über
       die chilenische Atacama-Region. Nach Angaben von Barrick Gold sollen hier
       17,8 Millionen Unzen Gold lagern und wäre damit eines der größten noch
       nicht ausgebeuteten Goldvorkommen der Welt. Nach langjährigem Gezerre,
       hatte das Unternehmen 2009 die Genehmigung für die Einrichtung der Mine
       begonnen.
       
       „Das Ausmaß der Gefahr einer Gesundheitsschädigung der Menschen macht es
       erforderlich, das Bergbauprojekt Pascua Lama einzustellen, da auch andere
       Alternativen für einen sicheren Betrieb für die Umwelt und die Gesundheit
       der Bevölkerung nicht realisierbar erscheinen“, heißt es in der Begründung
       des Umweltgerichts. Es bestätigte damit die von Chiles Umweltbehörde
       bereits 2018 verfügte Einstellung.
       
       Die Behörde hatte der Minengesellschaft damals über 30 Verstöße gegen
       Umweltvorschriften, schwere Schäden an Gletschern sowie die Einleitung von
       säurehaltigem Abwässer in einen nahe gelegenen Fluss nachgewiesen. Dagegen
       hatte Barrick erfolgreich Einspruch erhoben.
       
       ## „Vor dem sicheren Tod gerettet“
       
       Mit großer Freude und noch mehr Erleichterung wurde die jetzige
       Entscheidung in den örtlichen Gemeinden aufgenommen. „20 Jahre mussten
       vergehen, drei Generationen waren betroffen, irreparabler Schaden ist
       entstanden“, heißt es in einer Erklärung in der ‚Versammlung für das Wasser
       des Guasco Alto‘ zusammengeschlossenen Gemeinden. „Unsere enorme Freude
       kommt daher, dass es uns im Moment gelungen ist, unser Territorium vor dem
       sicheren Tod zu retten, den das Projekt Pascua Lama bedeutet.“
       
       „Das Urteil ist historisch und die bisher wichtigste Entscheidung der neuen
       Umweltrechtsprechung“, kommentierte Lucio Cuenca vom lateinamerikanischen
       Observatorium für Umweltkonflikte. Zweifellos sei es aber dem unermüdlichen
       Kampf der lokalen Gemeinden zu verdanken und werde mit Sicherheit andere
       Firmen mit ähnlichen Vorhaben abschrecken, so der chilenische Experte in
       Sachen Barrick Gold.
       
       Dennoch hält sich seine Euphorie in Grenzen. „Die Schäden an Gletschern,
       Feuchtgebieten und dem gesamten Ökosystem sind irreparabel“, so Cuenca.
       Daran ändere auch die Geldstrafe von 7,6 Millionen Euro nichts, mit der
       auch Reparationsleistungen finanziert werden sollen.
       
       ## Chiles wichtigster Devisenbringer
       
       Die Bergbauindustrie ist Chiles wichtigster Devisenbringer. Das schmale
       Land entlang der Anden ist der weltweit größte Kupferproduzent, Kupfer ist
       mit Abstand das wichtigste Exportprodukt. Doch selbst Chiles
       Bergbauminister Baldo Prokurica zeigte sich einsichtig, dass sich der
       Bergbau an Umweltstandards anpassen muss. „Die Unternehmen, die dies nicht
       einhalten, werden ihre Projekte nicht mehr durchführen können“, sagte
       Prokurica am Tag nach der Urteilsverkündung.
       
       Ganz anders die Reaktion seines argentinischer Amtskollegen Alberto Hensel.
       Für den Bergbaustaatssekretär auf der argentinischen Andenseite stehen dem
       kanadischen Unternehmen auch nach dem Urteil zwei Wege offen. Zum einen
       könne Barrick eine „Neuformulierung des Pascua-Lama-Projekts mit einer
       neuen Umweltverträglichkeitserklärung“ erarbeiten, zumal das chilenische
       Gericht die Konzession der Mine in keiner Weise in Frage gestellt habe. Zum
       anderen könne sich Barrick ganz auf den argentinischen Teil der Mine
       konzentrieren, auch wenn dessen Ausbeutung als weitaus weniger lukrativ
       eingeschätzt werde, so Hensel.
       
       Barrick hat den Rückhalt aus Argentinien denn auch umgehend aufgegriffen.
       „Pascua Lama bleibt ein wichtiges Projekt“, erklärte Barricks zuständiger
       Leiter für Pasca Lama Marcelo Álvarez. Es werde jetzt an „einer gründliche
       Überprüfung den technischen, wirtschaftlichen, sozialen und Umweltaspekten
       sowie an einer anderer Herangehensweise an den Genehmigungs- und
       Entwicklungsprozess“ gearbeitet. Das Ziel sei, „jede neue
       Projektentwicklung soll den geltenden Gesetzen in Chile und Argentinien
       entsprechen“, so Álvarez.
       
       26 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.barrick.com/English/home/default.aspx
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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       fraglich.