URI: 
       # taz.de -- Boykott in Belarus: Rechnungen bleiben liegen
       
       > Immer mehr Minsker weigern sich, für kommunale Dienstleistungen zu
       > zahlen. Janka Belarus erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 21.
       
   IMG Bild: Jetzt geht's ans Geld: Viele aus der Opposition in Belarus bezahlen keine Stromrechnung mehr
       
       Eine Reihe der größten oppositionellen Kanäle von Telegram hat dazu
       aufgerufen, [1][die Finanzierung der Diktatur von Alexander Lukaschenko] zu
       stoppen. Zumindest in Minsk ist die Anzahl derer, die für kommunale
       Dienstleistungen nicht bezahlt haben, gestiegen. Das ist etwas
       Einzigartiges, denn die Ankündigung dieses Boykotts erfolgte aus
       politischen Gründen.
       
       Das System für Stromabrechnungen sieht in Belarus wie folgt aus: Das Geld
       für Reparaturen und der Inhalt der Wohnungsfonds geht nicht an die
       Genossenschaften, sondern fließt in den Staatshaushalt, von wo aus die
       Mittel umverteilt werden. Die Rechnungen müssen jeweils bis zum 25. des
       nächsten Monats bezahlt werden, der auf die Rückstellung folgt.
       
       Das heißt, jetzt müssen die Minsker für August bezahlen, doch das ist nicht
       in vollem Umfang geschehen. Entsprechende Rechnungen sind 798.366 Minsker
       Haushalten zugegangen. Mehr als 28.000 Familien sind für August säumig und
       boykottieren die Zahlungen aus politischen Gründen – aus Angst und auf
       eigenes Risiko.
       
       Die Inkassobehörde, das „Einheitliche Barabrechnungszentrum in Minsk“ hat
       jetzt frische Daten veröffentlicht. Im Vergleich zu Juli ist die Anzahl
       derer, die sich weigern, für kommunale Dienstleistungen zu zahlen, im
       August um 3,53 Prozent gestiegen – auf 10,39 Prozent der Haushalte.
       
       Die Kommunalen Dienstleister haben bei den Schuldnern zu Hause angerufen
       und verlangt, dass die Rechnungen bezahlt werden. Sie haben sogar damit
       gedroht, vor Gericht zu gehen. Für was? Weil sich die Zahlung um einen
       halben Monat verzögert hat?
       
       Das ist lächerlich. Im Leben gibt es immer Situationen, dass jemand eine
       bestimmte Zeit lang kein Geld hat. Dann zahlt er eben im nächsten Monat.
       Die Wohnungsgesetze sehen eine Geldstrafe vor: eine kleine gesetzliche
       Strafsanktion für eine Zahlung, die nicht rechtzeitig erfolgt ist. Die
       stellt niemand infrage.
       
       Warum jedoch versucht man Menschen mit irgendwelchen mythischen
       Gerichtskosten einzuschüchtern? Und das umso mehr, als die Gerichte doch
       jetzt mit ganz vielen anderen „wichtigen Dingen“ beschäftigt sind: Sie
       müssen friedliche Bürger wegen sonntäglicher Spaziergänge an frischer Luft
       verurteilen. Doch ungeachtet dieser hysterischen Unzufriedenheit der
       Staatskasse: Das Geld, das gebraucht wird, um [2][die Aktionen der Miliz]
       zu bezahlen, kommt nicht aus den Taschen der Minsker.
       
       Aus dem Russischen Barbara Oertel
       
       12 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Versteckspiel-in-Belarus/!5716590
   DIR [2] /Protestorganisation-in-Belarus/!5714509
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Janka Belarus
       
       ## TAGS
       
   DIR Belarus
   DIR Protest
   DIR Kolumne Notizen aus Belarus
   DIR Schwerpunkt Krisenherd Belarus
   DIR Minsk
   DIR Alexander Lukaschenko
   DIR Schwerpunkt Krisenherd Belarus
   DIR Kolumne Notizen aus Belarus
   DIR Kolumne Notizen aus Belarus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Protestbewegung in Belarus: „Wir wollen unsere Mauer einreißen“
       
       Die belarussische Oppositionsführerin Tichanowskaja erwartet nicht, dass
       Machthaber Lukaschenko verhandeln wird. Sie hofft auf Europa als Mediator.
       
   DIR Humor in Belarus: Die Katze demonstriert
       
       Der Brutalität der Staatsmacht begegnen die Menschen mit Anekdoten. Janka
       Belarus erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 15.
       
   DIR Versteckspiel in Belarus: Heimlich ins Amt
       
       Ein Taxifahrer macht seinem Unmut über Lukaschenko Luft. Olga Deksnis
       erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 14.