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       # taz.de -- Humor in Belarus: Die Katze demonstriert
       
       > Der Brutalität der Staatsmacht begegnen die Menschen mit Anekdoten. Janka
       > Belarus erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 15.
       
   IMG Bild: Lachende Katze
       
       Bei den Belaruss*innen ist jetzt ein ganz anderes Gefühl für Humor
       aufgekommen. „Wurden Sie auf einer [1][Frauendemonstration] festgenommen?“
       „Oh ja. Männer in Uniformen haben uns auf Händen getragen. Angenehm. Schade
       war nur, dass es in einen Autobus ohne Nummernschild ging und nicht über
       die Schwelle einer Kirche.“
       
       „Hört mal zu, ich habe ein Konzept. Wir brauchen Gleichgesinnte. Ich möchte
       einen ‚Marsch der Dicken‘ durchführen. Die Idee ist so: Wir brauchen 100
       Leute, ungefähr so wie ich. (Ich wiege 100 Kilo.) Jeder bringt zwei
       Fahrradschlösser mit. Eins wird eng um den Körper unter den Achselhöhlen
       festgezogen, das andere mit dem Nachbarn verbunden. Das alles muss eine
       Kette mit einem Gewicht von ungefähr zehn Tonnen ergeben, die garantiert
       nicht in einen Mannschaftswagen hineinpasst.
       
       Und dann gehen wir los. Ist schon klar, dass sie uns gefangen nehmen, das
       Ministerium für Katastrophenschutz einschalten und die Fahrradschlösser
       durchschneiden. Doch das alles wird ziemlich lustig und blöd aussehen. Wer
       möchte bekannt werden und es auf alle Nachrichtenseiten schaffen?“
       
       „Die Sicherheitskräfte laufen jetzt entweder in schwarzen oder in
       sandfarbenen Uniformen herum. Wie nennen sie ‚Oliven‘. Ich weiß gar nicht,
       ob ich nach all dem überhaupt noch Obst und Gemüse essen kann. Allenfalls
       in einem Martini.“
       
       Dialog in einem Chat: „Leute, habt ihr heißes Wasser?“ „Ich nicht, schon
       den dritten Tag nicht. Lauwarmes gibt es.“ Habt ihr bei der
       Kommunalverwaltung angerufen? Und was sagen sie? Macht ihnen mal Feuer
       unter dem Hintern. Denn Zeit, [2][um Flaggen zu zerreißen], die haben sie
       ja. Aber mit dem Wasser gibt es schon das ganze Jahr Probleme.“ „Ihr müsst
       ihnen sagen, dass aus dem Hahn jetzt weiß-rot-weißes Wasser läuft.“
       
       „Um die Ecke des Untersuchungsgefängnisses in der Okrestina-Straße befindet
       sich die Klinik zur Behandlung von Geschlechtskrankheiten. Ich weiß
       überhaupt nicht, was für einen rechtschaffenen Menschen peinlicher ist
       zuzugeben: Ob er schon in dem einen oder dem anderen Gebäude gewesen ist …“
       
       „Ich habe eine weiße Katze zu Hause. Ich habe Rindfleisch geschnitten, sie
       hat ein Stück davon gestohlen, ist damit lange durch die Wohnung gelaufen.
       Ich holte sie mir und schrie sie an: ‚Hey, du Demonstrantin, ich werde dich
       wegen deiner oppositionellen politischen Meinung festnehmen.‘ Und die
       Katze? Sie lachte mich aus auf ihre Art. Auf ‚Katzisch‘.“
       
       Dem brutalen Vorgehen der Staatsmacht begegnet das Volk mit Humor. Solange
       die Menschen noch lachen können, sind sie unbesiegbar.
       
       Aus dem Russischen Barbara Oertel
       
       28 Sep 2020
       
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