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       # taz.de -- Endlagersuche für Atommüll: Am Deckgebirge gescheitert
       
       > Wurde Gorleben einst aus politischen Gründen als Endlager für Atommüll
       > ausgewählt, wird es nun durch geologische Kriterien gestoppt.
       
   IMG Bild: Ein Erkundungsbergwerk in Gorleben: Hier sollten radioaktive Abfälle endgelagert werden
       
       Es ist ein einziges Kriterium, an dem der Salzstock am Ende gescheitert
       ist: der „Schutz des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs durch günstigen
       Aufbau des Deckgebirges“. Dahinter verbirgt sich die Frage, ob das Salz, in
       dem der Atommüll vergraben werden sollte, durch die Gesteinsschichten
       darüber ausreichend geschützt ist, etwa gegen Grundwasser und Erosion.
       
       Dies wurde von der Bundesgesellschaft für Endlagerung nun verneint.
       Kritiker des Standorts sehen sich dadurch bestätigt, denn dass in Gorleben
       ein intaktes Deckgebirge fehlt, war stets ein zentrales Gegenargument. Doch
       lange Zeit hatte das nicht gestört. Denn ausgewählt worden war Gorleben im
       Jahr 1977 durch den damaligen niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten
       Ernst Albrecht vor allem aus politischen Gründen: Es lag direkt an der
       Grenze zur DDR, die ihr Endlager Morsleben ebenfalls direkt an die Grenze
       gebaut hatte. Zudem wurde in der Region aufgrund der eher konservativen und
       zahlenmäßig geringen Bevölkerung mit wenig Protest gerechnet.
       
       Das erwies sich allerdings als Irrtum – das Wendland, wie das Gebiet um
       Gorleben heißt, wurde für über 30 Jahre zu einem zentralen
       Kristallisationspunkt der Anti-Atom-Bewegung. Nach dem Gorleben-Treck nach
       Hannover im Jahr 1979 gab Albrecht den Plan auf, in Gorleben neben dem
       Endlager auch eine Wiederaufbereitungsanlage für Atommüll zu bauen. 1980,
       als mit dem Bau des Erkundungsbergwerks begonnen wurde, entstand ein
       Hüttendorf, in dem bis zu 5.000 Menschen lebten, bevor es geräumt wurde.
       Später prägen vor allem lokale Gruppen wie die Bäuerliche Notgemeinschaft
       und die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg die Proteste.
       
       ## Die Castortransporte wurden blockiert
       
       Wieder in den bundesweiten Fokus rückte Gorleben 1995, als die ersten
       Castorbehälter mit hochradioaktivem Atommüll ins dortige oberirdische
       Zwischenlager gebracht wurden. An den Protesten dagegen beteiligten sich in
       den folgenden Jahren Zehntausende Menschen. Mit Sitzblockaden und
       ausgefeilten technischen Konstruktionen wurden die Transporte oft lange
       verzögert; der letzte Castor im Jahr 2011 war [1][über fünf Tage
       unterwegs].
       
       Parallel zu den Protesten wuchs auch der politische Druck: Im Jahr 2000
       stoppte die rot-grüne Bundesregierung die Arbeiten im Erkundungsbergwerk,
       2010 wurde – unter anderem infolge eines [2][taz-Berichts] – ein
       Untersuchungsausschuss zu Gorleben eingesetzt. Dort [3][bestätigten
       wichtige Zeugen], dass Gorleben nicht aus wissenschaftlichen, sondern aus
       politischen Erwägungen ausgewählt wurde. Auch wenn sich Regierung und
       Opposition damals nicht auf einen gemeinsamen Bericht einigen konnten, trug
       der Ausschuss dazu bei, dass 2013 beschlossen wurde, die Endlagersuche neu
       zu starten.
       
       Dass bei deren Start im Jahr 2017 Gorleben nicht von vornherein
       ausgeschlossen wurde, sorgte in der Anti-Atom-Bewegung für viel Kritik.
       Drei weitere Jahre später hat sie das Ziel, für das sie seit über 40 Jahren
       kämpft, nun aber doch erreicht.
       
       28 Sep 2020
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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