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       # taz.de -- Gedenken an Opfer des NSU: Kein Gedenken ohne Aufarbeitung
       
       > Ein FDP-Politiker fordert einen nationalen Gedenktag für die Opfer des
       > NSU. Die Betroffenen alleine sollten über einen solchen Tag entscheiden.
       
   IMG Bild: Die Mordopfer des NSU: (oben, v.l.) Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç und Polizistin Michèle Kiesewetter, sowie (unten, v.l) Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodorus Boulgarides, Mehmet Kubaşik und Halit Yozgat
       
       Die Opfer des rechtsextremen NSU niemals vergessen. Dass sie das niemals
       tun würden, hatten die Angehörigen der Opfer und auch [1][eine
       Zivilgesellschaft nach dem Urteilsspruch im NSU-Prozess 2018] versprochen.
       
       Jetzt [2][fordert der FDP-Bundestagsabgeordnete Grigorios Aggelidis] einen
       nationalen Gedenktag für die Opfer der Rechtsterroristen. In einem
       Antragsentwurf, der der taz vorliegt und den die FDP-Fraktion bald
       beschließen soll, heißt es als Begründung: „Dies sind wir den Menschen in
       Deutschland, dem Vertrauen in unseren Rechtsstaat und vor allem den Opfern
       und Opferfamilien schuldig.“
       
       Nun, niemand sollte sich anmaßen, diese Idee als sinnvoll oder sinnlos zu
       bewerten, ohne die Angehörigen der Opfer dazu gehört zu haben. Sie alleine
       sollten darüber entschieden, ob es einen offiziellen Gedenktag geben soll.
       Und nicht allein das Datum des Gedenktages in Übereinstimmung mit ihnen
       festgelegt werden, wie es bisher in dem Entwurf steht. Auf Nachfrage hierzu
       sagte eine Sprecherin von Aggelidis der taz, der Antragsteller habe deshalb
       bereits zwei Opferanwälte kontaktiert. Man bemühe sich darum, die Haltung
       der Angehörigen in Erfahrung zu bringen.
       
       „Kein Schlussstrich“, lautete das Motto bundesweiter Proteste nach dem
       Prozessende. Denn [3][der Prozess ließ viele Fragen offen]: über einen
       NSU-Unterstützer:innenkreis, die Verstrickungen von Sicherheitsbehörden,
       den [4][Verbleib und die Vernichtung von Beweismitteln].
       
       ## Gedenken kennt kein Ende
       
       Insofern erscheint ein [5][Vorschlag von Grünen-Politiker Cem Özdemir]
       zumindest naheliegender: In einem Änderungsantrag zum grünen
       Grundsatzprogramm, über das im November beim Bundesdelegiertenkongress
       abgestimmt werden soll, fordert er ein zentrales, unabhängiges Archiv, in
       dem Beweismittel, Akten und weitere Unterlagen zum NSU-Terror und anderen
       rassistischen Taten gesichert und wissenschaftlich aufgearbeitet werden
       sollen.
       
       Gedenken ist etwas, das kein Ende hat. Bei der Aufarbeitung des
       NSU-Rechtsterrors scheint ein Ende bisher zumindest nicht in Sichtweite.
       Sicher ist, dass Gedenken ohne Aufarbeitung fragwürdig ist – zumindest wenn
       man es in der Sache ernst meint und nicht allein ritualisiertes Gedenken
       für das eigene Gewissen begehrt. Das es eine deutsche Neigung zum Letzteren
       gibt, das sollte in der Erwägung eines Gedenktags zumindest bedacht werden.
       
       13 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bericht-nach-dem-NSU-Urteil/!5522762
   DIR [2] https://twitter.com/aggelidis_fdp/status/1315942475987668993
   DIR [3] /Kommentar-NSU-Prozess-und-Aufklaerung/!5521708
   DIR [4] /Zerstoerte-Beweismittel-zum-NSU-Umfeld/!5353647
   DIR [5] https://antraege.gruene.de/45bdk/Kapitel_5_Demokratie_staerken-20515/8696
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Volkan Ağar
       
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