URI: 
       # taz.de -- Rechte Chatgruppe bei der Polizei Berlin: Hakenkreuze und Tierpornos
       
       > Erneut ist eine rechtsextreme Chat-Gruppe bei der Polizei aufgeflogen.
       > Darin sollen 26 Polizeistudierende sein. Es gab bereits Durchsuchungen.
       
   IMG Bild: Wieviele Einzelfälle gibt es? Ein Polizeischüler in Berlin beim Schießtraining
       
       Berlin taz | Schon wieder ist eine rechtsextreme Chat-Gruppe in der Polizei
       Berlin aufgeflogen: Wegen Volksverhetzung und des Verwendens von
       Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen führt die Staatsanwaltschaft
       Berlin Ermittlungen gegen sieben Angehörige der Polizei Berlin. Das gab die
       [1][Staatsanwaltschaft] per Pressemitteilung am Mittwochnachmittag bekannt.
       Die Beschuldigten seien Studierende des gehobenen Dienstes. Zuvor habe es
       einen polizeiinternen Hinweis gegeben.
       
       Die Polizei-Studierenden sollen in einer 26-köpfigen Chatgruppe jeweils
       eine oder mehrere Nachrichten beziehungsweise Memes mit
       menschenverachtendem Inhalt verschickt haben. Es soll sich laut
       Staatsanwaltschaft dabei etwa um Nachrichten handeln, die sich, teils auch
       unter der Verwendung von Hakenkreuzen, in rassistischer und verächtlich
       machender Weise unter anderem gegen Asylsuchende gerichtet haben. „Andere
       sollen in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu
       stören, den Völkermord an den Juden verharmlost haben“, heißt es von der
       Staatsanwaltschaft.
       
       Gegen eine weitere beschuldigte Person bestehe zudem der Verdacht der
       Verbreitung tierpornographischer Schriften. Die Polizist:innen des
       gehobenen Dienstes studieren laut Polizei-Pressestelle an der Hochschule
       für Wirtschaft und Recht in Friedrichsfelde.
       
       Laut einer gegen Mittwochmittag veröffentlichten Polizeimeldung gab es am
       Vormittag Hausdurchsuchungen bei einigen Mitgliedern der Chat-Gruppe. Es
       seien Smartphones beschlagnahmt worden, die nun ausgewertet würden.
       Zeitgleich zum Strafermittlungsverfahren durch Staatsanwaltschaft und
       polizeilichen Staatsschutz seien Disziplinarverfahren eingeleitet worden.
       Bereits jetzt würden dienstrechtliche Maßnahmen geprüft.
       
       ## Beschlagnahmte Smartphones
       
       Bezeichnenderweise sind diesmal offenbar angehende Polizist:innen aus dem
       gehobenen Dienst betroffen – vor kurzem hat etwa der nordrheinwestfälische
       [2][Innenminister Herbert Reul] (CDU) im taz-Interview noch behauptet, dass
       das Rassismus-Problem in der Polizei häufig eher später entstehe, sich
       Polizist:innen also während ihrer Dienstzeit radikalisierten. Zuvor waren
       dort wie unter anderem auch in Hessen rechtsextreme Polizei-Chatgruppen
       bekannt geworden.
       
       Auch in Berlin wurde vor rund anderthalb Wochen ein entsprechender Fall
       bekannt: Whistleblower:innen deckten im [3][ZDF-Magazin Frontal] eine
       Chat-Gruppe innerhalb der Berliner Polizei auf. ([4][taz berichtete])
       Anhand der Chats könne man drei Jahre rassistischen Alltag auf einer
       Polizeiwache rekonstruieren, auch Vorgesetzte seien nicht eingeschritten.
       Laut Aussage von Polizist:innen, die sich an die Medien wendeten, sei es
       neben den volksverhetzenden Chat-Inhalten auch zu Racial Profiling
       gekommen. Noch immer ist unbekannt, um welche Polizeiwache es sich dabei
       handelt.
       
       Immerhin hat laut Polizei bei der am Mittwoch aufgeflogenen Chatgruppe eine
       Dienstkraft der Polizei Berlin für eine entsprechende Anzeige gesorgt.
       Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte: „Ich bin sehr dankbar für diesen
       Hinweis aus den eigenen Reihen.“ Die Meldung zeige, dass der Amtseid der
       Polizei nicht nur ein Lippenbekenntnis sei. Wohl auch mit Blick auf
       mindestens den einen nicht aufgedeckten Fall sagte Slowik: „Dank dem
       offenen Umgang mit dem Sachverhalt ist es uns nun möglich, konkret
       diejenigen ausfindig zu machen, deren Einstellungen nicht mit dem
       Selbstverständnis der Polizei Berlin vereinbar ist.“
       
       ## Der zweite Einzelfall in Berlin
       
       Der Innenpolitiker Benedikt Lux von den Grünen sagte: „Es ist gut, dass der
       Chat zur Anzeige gekommen ist. Anders als bei Lebenszeit-Beamten haben
       Polizei-Studierende härtere Konsequenzen zu befürchten.“ Polizeistudierende
       und Auszubildende der Polizei sind Beamt:innen auf Widerruf, bei
       begründeten Zweifel an etwa der Verfassungstreue ist es leichter, sie
       rauszuschmeißen. Lux sagt: „Nun muss man ermitteln, wie lange andere
       Studierende zugeschaut haben oder das sogar eventuell unterstützten.“
       
       Auch sei zu überprüfen, inwiefern schon vor der Einstellung Anzeichen für
       menschenverachtendes Verhalten hätten bekannt sein können, sagt Lux: „Man
       sollte den Fall nicht zu den Akten legen, sondern kritisch prüfen, warum
       Menschen, die sich so äußern, zur Polizei kommen.“ Mit Blick auf die andere
       Chatgruppe sehe man zudem, dass Rassismus in der Polizei ein Dauerthema
       bleibe.
       
       Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei äußerte sich positiv dazu,
       dass die Anzeige diesmal aus der Polizei selbst kam. Er sagte: „Der
       aktuelle Vorfall zeigt, wie transparent die Berliner Polizei mit derartigen
       Fällen umgeht und wie schnell entsprechende Maßnahmen vollzogen werden.“
       Man werde nie komplett verhindern können, dass es rechtsextremistisches
       Gedankengut in der Polizei gibt. Entscheidend sei, dass sich alle
       demokratisch denkenden Kolleg:innen dagegen auflehnen und nicht wegschauen.
       Nur so könne man diejenigen herausfiltern, die nicht in die Polizei
       gehörten, so Jendro.
       
       Zur weiteren bekannt gewordenen und noch unaufgeklärten rechten Chat-Gruppe
       sowie Verbindungen von einzelnen Polizisten zu Hauptverdächtigen der
       rechtsextremen Neuköllner Terrorserie sagte er allerdings nichts.
       
       14 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.berlin.de/generalstaatsanwaltschaft/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.1004054.php
   DIR [2] /Ein-Streitgespraech-ueber-Rechtsextremismus/!5716986
   DIR [3] https://www.tagesschau.de/investigativ/monitor/polizei-chat-rassismus-101.html
   DIR [4] /Rassistische-Chat-Gruppe-bei-Berliner-Polizei/!5715614
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
   DIR Polizei Berlin
   DIR Rechtsextremismus
   DIR Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
   DIR Polizei Berlin
   DIR Kriminalität
   DIR Polizei Berlin
   DIR Polizei Berlin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Anti-Corona-Proteste in Berlin: Ex-Militärs bei den Querdenkern
       
       Sicherheitsbehörden prüfen Ermittlungen gegen Veteranen-Gruppen unter den
       Querdenkern. Dort sei die Rede vom „gewaltsamen Erstürmung des Reichstags“.
       
   DIR Innenminister Horst Seehofer lenkt ein: Studie zu Polizei-Rassismus kommt
       
       Zwei Studien sollen klären, wie weit Rassismus in Polizei und Gesellschaft
       verbreitet ist. Seehofer will auch erkunden lassen, worunter Polizist:innen
       zu leiden haben.
       
   DIR Rechte Chatgruppe bei Berlins Polizei: Hetze mit Konsequenzen
       
       Sechs Polizei-Studenten dürfen ihre Ausbildung für den höheren
       Polizeidienst nicht fortsetzen. Sie hatten in einem Chat rechtsextreme
       Inhalte verbreitet.
       
   DIR Ein Streitgespräch über Rechtsextremismus: Wie rechts ist die Polizei?
       
       NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU), der Kriminologe Thomas Feltes und
       Kriminalhauptkommissar Sebastian Fiedler diskutieren über
       Rechtsextremismus.
       
   DIR Rassistische Chats bei Berliner Polizei: „Rote Linie überschritten“
       
       Innenausschuss befasst sich in Sondersitzung mit rassistischen Chats bei
       der Berliner Polizei. Keine neuen Erkenntnisse. Attacke gegen „Monitor“.
       
   DIR Rassistische Chat-Gruppe bei Berliner Polizei: WDR um Amtshilfe gebeten
       
       Auch Berliner Polizisten sollen sich in einem Chat rassistisch geäußert
       haben, berichtet das ARD-Magazin „Monitor“. Linke und Grüne nicht
       überrascht.