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       # taz.de -- Brandanschlag in Ganderkesee: Nazi-Symbole am Brandort
       
       > Ein Feuer hat die Räume eines italienischen Restaurants in Ganderkesee
       > zerstört. Die Polizei hat rechte Symbole und Brandbeschleuniger gefunden.
       
   IMG Bild: Einsatz der Feuerwehr beim Brand des „Don Gatero“ im alten Bahnhofsgebäude in Ganderkesee
       
       Hamburg taz | Flammen haben die Räumlichkeiten des „Don Gantero“ in
       Ganderkesee zerstört. In der Nacht zum Mittwoch war die Feuerwehr schnell
       beim italienischen Restaurant mit Cocktailbar im Zentrum der
       niedersächsischen Gemeinde im Landkreis Oldenburg. Das Feuer fraß sich
       dennoch bis zum Dachstuhl des ehemaligen Bahnhofsgebäudes durch. Der
       Sachschaden wird auf 500.000 Euro geschätzt. Die ersten Ermittlungen weisen
       auf einen Brandanschlag hin, einen politischen Hintergrund schließen die
       Staatsanwaltschaft Oldenburg und die Polizei Delmenhorst nicht aus.
       
       Denn wie schon bei anderen Bränden in der Gegend haben die Ermittler*innen
       eindeutige Symbole entdeckt. Sollte sich herausstellen, dass tatsächlich
       Rechtsextreme hinter dem Anschlag stecken, wäre es also womöglich nicht der
       erste rechts motivierte Anschlag in der Region, sagt Jan Krieger vom
       Mobilen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus (MTB).
       
       Zunächst teilte die Polizei mit, dass der Brand um 3.15 Uhr entdeckt worden
       und die Brandursache noch unklar sei, an dem Gebäude aber „mögliche
       Einbruchsspuren“ entdeckt worden seien. Wenige Stunden später sagt die
       Pressesprecherin der Polizeiinspektion
       Delmenhorst/Oldenburg-Land/Wesermarsch dann, dass im „Rahmen der
       Brandortbegehung augenscheinlich rechtsmotivierte Symbole festgestellt“
       worden seien.
       
       Welche Symbole, ob etwa Hakenkreuze oder SS-Runen, wollte sie der taz nicht
       sagen. Die Entdeckung der Symbole habe aber umgehend dazu geführt, so die
       Polizeisprecherin, dass unter Mitwirkung von Fachleuten der Brandermittlung
       und dem Staatsschutz bei der Polizei Delmenhorst eine die Ermittlungsgruppe
       „Gantero“ eingerichtet worden sei.
       
       Da das Gebäude der Gemeinde gehört, hatte die Polizei auch die
       Bürgermeisterin Alice Gerken (parteilos) sofort informiert. Eine solche Tat
       wende sich gegen alles, wofür die Gemeinde Ganderkesee stehe, sagte sie.
       
       Das Vorgehen der Täter*innen erinnert an die Brandanschläge auf Gaststätten
       in Syke und in Gnarrenburg. Bei den Anschlägen auf das [1][„Martino“ in
       Syke] im Februar dieses Jahres und den [2][„Hexenkessel“ in Gnarrenburg] im
       Juli brachen die Täter*innen auch zuerst ein, um Feuer in den
       Räumlichkeiten zu legen. In beiden Fällen sprühten sie ein Hakenkreuz an
       die jeweiligen Gebäude, in Syke schrieben sie zudem: „Ausländer raus“.
       
       Die betroffenen Gaststättenbetreiber*innen haben einen
       Migrationshintergrund – wie die jetzt Geschädigten in Ganderkesee auch.
       „Diese Parallelen sind auffällig“, sagt Krieger. Und der Berater des
       Regionalbüros Nord/West des MBT weist auch auf die räumliche Nähe der
       Anschlagsorte hin: Syke liege rund 25 Kilometer von Ganderkesee entfernt,
       Gnarrenburg rund 50 Kilometer.
       
       In der Region besteht seit Jahrzehnten eine aktive rechte Szene, die sich
       zwischen freien Kameradschaften, NPD-Jugendorganisationen, rechten
       Hooligans und der Rechtsrock-Szene bewegt. Ein Mitglied der Bremer
       Rechtsrockband „Endstufe“ etwa lebt im Syker Ortsteil Barrien und einer der
       führenden Aktivisten der Identitären Bewegung war zuvor bei der
       „Aktionsgruppe Delmenhorst“ aktiv. Dieser wurde wegen Körperverletzung
       verurteilt, nachdem er einen Antifaschisten mit einem Totschläger schwer
       verletzt hatte.
       
       Ebenfalls im Ortsteil Barrien attackierte 2019 ein sogenannter Reichsbürger
       einen CDU-Politiker öffentlich, beleidigte und bedrohte ihn. Beim
       Schützenfest in dem Ortsteil gab es auch Übergriffe auf Geflüchtete. Auch
       wenn sie – im Unterschied zu vergangenen Jahren – keine eigene
       Organisationsform gewählt haben, mit der sie in der Öffentlichkeit
       aufträten, wie Krieger sagt: In der Region tummeln sich die Rechten.
       
       Ob ein Zusammenhang zwischen den Anschlägen in Ganderkesee und in Syke
       bestehe, dazu gebe es aktuell keine Erkenntnisse, sagt die
       Polizeisprecherin. Bis heute gebe es auch keine neuen Erkenntnisse zum
       Syker Brand, sagt ein Sprecher der Polizeiinspektion Diepholz. Seitdem die
       Polizei zwei Videos der Überwachungskameras im Juni veröffentlicht habe,
       seien zwar mehrere Hinweise eingegangen, eine heiße Spur habe sich aber
       bisher nicht ergeben.
       
       16 Oct 2020
       
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