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       # taz.de -- UN-Sicherheitsrat tagt zum Südkaukasus: Sofortiger Kampfstopp gefordert
       
       > Auch Putin fordert in Telefonat mit Regierungschef Armeniens Waffenruhe.
       > Ein türkischer Jet soll armenisches Flugzeug abgeschossen haben.
       
   IMG Bild: Sieht nicht nach Kampfstopp aus: offizielles Foto des armenischen Verteidigungsministeriums
       
       Jerewanafp | Der UN-Sicherheitsrat hat die „unverzügliche“ Einstellung der
       Kämpfe in der Südkaukasus-Region Berg-Karabach gefordert. In einer am
       Dienstagabend in New York veröffentlichten Erklärung appellierten die 15
       Mitgliedstaaten des mächtigsten UN-Gremiums an die Konfliktparteien, „ohne
       Verzögerung“ an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
       
       Sie sollten dafür mit der sogenannten Minsk-Gruppe der Organisation für
       Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) zusammenarbeiten.
       
       Sowohl der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew als auch der
       armenische Regierungschef Nikol Paschinjan hatten allerdings kurz zuvor die
       Fortsetzung der Kämpfe angekündigt. Beide Seiten nehmen für sich in
       Anspruch, den feindlichen Truppen bereits schwere Verluste zugefügt zu
       haben.
       
       Es gibt zudem starke Befürchtungen in der internationalen Gemeinschaft,
       dass sich der neu entbrannte Konflikt um die zwischen Aserbaidschan und
       Armenien umstrittene Region durch Interventionen ausländischer Mächte
       ausweiten könnte.
       
       ## Vorwurf und Dementi von Abschuss
       
       Am Dienstag erhob das armenische Verteidigungsministerium den Vorwurf, ein
       [1][türkischer Kampfjet] habe ein armenisches Militärflugzeug abgeschossen.
       Dies wurde von Ankara umgehend dementiert.
       
       Auch der Sondergipfel der EU-Staats- und -Regierungschefs am Donnerstag und
       Freitag wird sich mit dem Konflikt um Berg-Karabach befassen, wie
       Ratspräsident Charles Michel ankündigte.
       
       Die [2][Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats] zu dem Konflikt wurde
       nach Angaben von Diplomaten auf Initiative von Deutschland und Frankreich
       einberufen. Bei den Beratungen hinter verschlossenen Türen verabschiedete
       das Gremium eine knappe Erklärung, mit der es sich hinter die Bemühungen
       von UN-Generalsekretärs António Guterres um Entschärfung des Konflikts
       stellte.
       
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor am Dienstag in Telefonaten
       mit Paschinjan und Alijew eine Rückkehr an den Verhandlungstisch im Rahmen
       der Minsk-Gruppe gefordert. Russlands Präsident Wladimir Putin wiederum
       unterstrich bei einem Telefonat mit Paschinjan die „dringliche
       Notwendigkeit“ einer Waffenruhe.
       
       ## Pilot „als Held gestorben“
       
       Das armenische Verteidigungsministerium teilte mit, eine armenische
       Maschine vom Typ SU-25 sei von einem türkischen F16-Kampfjet abgeschossen
       worden, der „von aserbaidschanischem Gebiet“ gekommen sei. Der Pilot der
       armenischen Maschine sei „als Held gestorben“.
       
       Ein Sprecher des türkischen Präsidenten [3][Recep Tayyip Erdogan]
       bezeichnete den Vorwurf jedoch als „absolut unwahr“ und sprach von
       „billigen Propagandatricks“.
       
       Sollten türkische Kampfflugzeuge wirklich direkt eingegriffen haben, wäre
       dies eine deutliche Eskalation. Bei den derzeitigen Kämpfen handelt es sich
       um die tödlichsten seit 2016.
       
       Die offizielle Mindestzahl der Todesopfer der jüngsten Gefechte stieg bis
       Dienstag auf 97. Dabei handelt es sich um 17 Zivilisten und 80 armenische
       Rebellenkämpfer. Die tatsächliche Totenzahl könnte aber weitaus höher
       liegen. Beide Seiten führen ins Feld, jeweils hunderte Kämpfer der anderen
       Seite getötet zu haben, ohne dies zu präzisieren.
       
       ## Unbestätigte Erfolgs- und Verlustmeldungen
       
       Das Verteidigungsministerium in Eriwan erklärte, aserbaidschanische
       Angriffe an der Frontlinie seien zurückgeschlagen worden, bei „schweren
       Verlusten“ in den Reihen der feindlichen Soldaten.
       
       Auch hätten die aserbaidschanischen Streitkräfte 72 Drohnen, sieben
       Hubschrauber, 137 Panzer, ein Flugzeug und 82 Militärfahrzeuge verloren.
       
       Die Führung in Baku wiederum erklärte, ihre Truppen hätten einen
       armenischen Gegenangriff zurückgeschlagen. Dabei seien eine armenische
       Fahrzeugkolonne und eine Artillerie-Einheit vernichtet worden. Zudem sei
       ein motorisiertes armenisches Infanterieregiment zerschlagen worden.
       
       Berg-Karabach liegt in Aserbaidschan, wird aber mehrheitlich von Armeniern
       bewohnt, welche die Region auch unter ihrer Kontrolle haben. Der Konflikt
       um die Region dauert bereits seit Jahrzehnten an.
       
       Nach einem blutigen Krieg mit 30.000 Toten hatte das ehemals autonome
       sowjetische Gebiet Anfang der 90er Jahre seine Unabhängigkeit von
       Aserbaidschan erklärt. Die Region wird jedoch von keinem Land als eigener
       Staat anerkannt und gilt international nach wie vor als Teil
       Aserbaidschans.
       
       Am Sonntag war der Konflikt nach Jahren relativer Ruhe neu aufgeflammt.
       Verkompliziert wird die Lage durch die Konkurrenz zwischen der Türkei und
       Russland um größeren Einfluss im Südkaukasus.
       
       30 Sep 2020
       
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