# taz.de -- Rechtsextreme Terrorserie in Neukölln: Die Opfer klagen an
> Die Betroffenen der Anschlagsserie in Berlin-Neukölln haben kein
> Vertrauen mehr in die Polizei. Der Grund dafür sind Polizei-Verbindungen
> zu Tätern.
IMG Bild: Hört nicht auf: Rechter Terror in Neukölln. Hier der Anschlag auf das Auto von Ferat Kocak
Berlin taz | Ein „Armutszeugnis“ nennen Betroffene der Neuköllner
rechtsextremen Anschlagsserie in einer am Mittwoch veröffentlichten
Erklärung den Abschlussbericht der ermittelnden Sonderkommission BAO Fokus.
Dieser wurde am vergangegen Montag im Innenausschuss des Senats
vorgestellt. Dass im Bericht auch von einer schlechten Besetzung und
ineffektiver Arbeit die Rede sei, zeige, dass Aufklärung für Innensenator
Andreas Geisel (SPD) keine Priorität habe.
Zahlreiche Versäumnisse der Behörden sorgten dafür, das sich die
Betroffenen nicht sicher fühlten“Der Schutz der Gefährdeten hat weiterhin
keine Priorität“, heißt es in der Erklärung, die unter anderem
unterschrieben wurde von dem linken Kommunalpolitiker Ferat Kocak. Sein
Auto wurde während der Terrorserie angezündet und er nicht gewarnt – obwohl
die Behörden wussten, dass ein Anschlag auf ihn unmittelbar bevor stand.
Der [1][rechten Terrorserie] werden seit 2016 über 70 Taten zugerechnet,
darunter Brandanschläge, Sachbeschädigungen und Mordrohungen.
Der [2][Abschlussbericht der BAO Fokus] habe mitnichten dazu geführt, das
Vertrauen der Opfer in die Sicherheitsbehörden wiederherzustellen. Zumal
die Anschlagsserie immer noch andauere, anders als dies von der BAO Fokus
dargestellt werde, wie es in der Mitteilung der Betroffenen heißt.
So habe es im April 2020 einen Anschlag auf zwei Autos am Tempelhofer Weg
gegeben, im Juni 2020 sei das linke Café-Kollektiv K-Fetisch angegriffen
worden und ebenfalls im Juni habe es einen Anschlag auf die Bäckerei
Damaskus in der Sonnenallee gegeben. Die Polizei zählt die besagten Taten
bisher nicht zur rechten Terrorserie.
## Verbindungen zwischen Täter und Polizisten
Die Betroffenen kritisierten weiterhin die Verbindungen von
Polizeibeamt:innen zu Täter:innen. „Wie sollen wir uns an
Sicherheitsbehörden wenden, in denen Polizisten weiter im Dienst sind, von
denen einer wegen einer rassistischen Gewalttat vor Gericht steht, ein
anderer an das tatverdächtige Milieu Polizeiinterna im Chat weitergab, und
ein weiterer sich in einem rechten Szenetreff in Rudow mit einem
Tatverdächtigen bzw. einem Bekannten traf?“, fragen Sie.
Tatsächlich steht ein Polizeibeamter, der sich vor 2016 mit rechtsextremen
Anschlägen in Neukölln befasst hat, derzeit vor Gericht, weil er einen
Geflüchteten aus rassistischen Motiven zusammengeschlagen haben soll. Der
Beamte war in der Ermittlungsgruppe Rex tätig, die sich von 2007 bis 2016
sich mit rechtem Terror in Neukölln beschäftigte.
Viele der jetzt erneut Betroffenen kennen ihn noch. Denn [3][Stefan K.] war
insbesondere für den Kontakt zu Betroffenen von Neonazi-Anschlägen
zuständig. Allerdings sei dieser lange nicht mehr mit Anschlägen in
Neukölln befasst, hieß es am Montag von Behördenseite im Innenausschuss.
## Untersuchungsausschuss gefordert
Kein Wunder, dass die Betroffenen alles andere als hoffnungsvoll auf die
nächste Sonderkommission blicken. Senator Geisel will sie nun einrichten.
Nicht nur ihr Vertrauen in die Sicherheitsbehörden, sondern auch in die
Glaubwürdigkeit der politischen Verantwortlichen sei erschüttert.
„Wir brauchen keine neuen Task-Force-Einrichtungen! Wir fordern eine
parlamentarische Untersuchung des Versagens der Sicherheits- und
Ermittlungsbehörden und der politisch Verantwortlichen!“, fordern sie.
Ebenso müssten alle rechten Vorfälle in den Sicherheitsbehörden aufgeklärt
werden und alle Verdächtigen sofort suspendiert werden.
30 Sep 2020
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## AUTOREN
DIR Gareth Joswig
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