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       # taz.de -- Verhandlungen zum Brexit: Gesetz in der Warteschleife
       
       > Das britische Unterhaus billigt das Binnenmarktgesetz, das die EU zuvor
       > scharf kritisiert hatte. Doch damit tritt es noch lange nicht in Kraft.
       
   IMG Bild: Theresa May ist Wortführerin der Kritiker des Binnenmarktgesetzes
       
       Berlin taz | Nach wochenlangen Debatten hat das britische Unterhaus das
       [1][umstrittene Binnenmarktgesetz] verabschiedet, das selbst nach
       Einschätzung der Regierung einen Bruch des Brexit-Abkommens zwischen
       Großbritannien und der EU darstellt. 340 Abgeordnete stimmten bei der
       entscheidenden dritten Lesung am späten Dienstagabend für das Gesetz, 256
       dagegen.
       
       29 Konservative enthielten sich, darunter Expremierministerin [2][Theresa
       May, Wortführerin der Kritiker des Gesetzes], das aus ihrer Sicht das
       internationale Vertrauen in die Vertragstreue Großbritanniens untergräbt.
       
       Das [3][Gesetz ist auch von der EU scharf kritisiert] worden. Nach seiner
       Veröffentlichung vor drei Wochen hatte die EU-Kommission Großbritannien ein
       Ultimatum bis Ende September gesetzt, die umstrittenen Klauseln
       zurückzuziehen, die der Regierung das Recht geben, gewisse Entscheidungen
       zu Nordirland zukünftig im Alleingang zu treffen. Ein Abbruch der laufenden
       Gespräche über ein Handelsabkommen für die Zeit ab 2021 stand im Raum.
       
       Die [4][Regierung von Premierminister Boris Johnson aber blieb hart]. Sie
       nahm lediglich den Vorschlag aus den eigenen Reihen an, die Anwendung der
       umstrittenen Klauseln unter Parlamentsvorbehalt zu stellen.
       
       ## Einigung bis Ende Oktober möglich
       
       Inzwischen allerdings ist aus dem Streit der Dampf entwichen. Das hat
       verschiedene Gründe. Die Gespräche über ein Handelsabkommen zwischen London
       und Brüssel sind in den letzten Wochen offenbar schneller vorangekommen als
       bislang möglich schien.
       
       Die Angst der EU-Seite vor unilateralen Handlungen der britischen Seite
       sowie die Angst der britischen Seite vor EU-Strafmaßnahmen scheint beide
       Seiten zu Kompromissen angespornt zu haben. Eine Einigung bis Ende Oktober
       wird für möglich gehalten. In einem solchen Fall dürfte das
       Binnenmarktgesetz seinen Schrecken verlieren, da die meisten
       Voraussetzungen für die Anwendung der umstrittenen Bestimmungen dann
       entfallen würden.
       
       In Erwartung einer solchen Entwicklung hat die Regierung Johnson die
       weitere Behandlung des Gesetzes im Oberhaus auf die lange Bank geschoben.
       Es dürfte dort frühestens Mitte Oktober auf die Tagesordnung kommen.
       Sollten die Lords es verändern, müsste sich erneut das Unterhaus damit
       befassen, womit nicht vor Dezember zu rechnen wäre.
       
       Bis dahin gibt es entweder schon ein Handelsabkommen mit der EU und das
       Gesetz wird weitgehend überflüssig – oder die Gespräche sind vollends
       zusammengebrochen und dann macht jede Seite ohnehin, was sie will.
       
       30 Sep 2020
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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