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       # taz.de -- Digitalisierung der Schulen: Berlin lädt noch
       
       > Das Geld für die Digitalisierung ist da – doch bei den Schulen kommt es
       > viel zu langsam an, kritisiert das Bündnis „Corona-Bildungspakt“.
       
   IMG Bild: So muss wohl die Zukunft aussehen
       
       Berlin taz | Die Digitalisierung der Berliner Schulen geht nicht gerade mit
       Gigabyte-Geschwindigkeit voran, im Gegenteil. „Dass ist nach wie vor der
       Flaschenhals“, sagte Tom Erdmann, der Berliner Landesvorsitzende der
       Lehrergewerkschaft GEW am Donnerstag bei einer Pressekonferenz des
       Bündnisses „Corona-Bildungspakt“. Obwohl die Pandemie den Druck auf die
       Schulen verschärft habe, digitale Alternativen zum Präsenzunterricht
       realisieren zu können – die Praxis gestalte sich „doch eher schwierig“,
       sagte auch Landeselternvertreter Norman Heise.
       
       Konkrete Baustellen aus Sicht der GEW sind vor allem die Verunsicherung in
       den Schulen beim Thema Datenschutz und die fehlende Vorgabe seitens der
       Senatsbildungsverwaltung für eine Lernplattform für alle Schulen. Der
       Lernraum Berlin, den die Bildungsverwaltung bereitstelle, sei „nicht
       sonderlich intuitiv“, merkte Erdmann an. Auch wenn die Zugriffe, wie auch
       die Bildungsverwaltung anmerkt, seit dem Frühjahr massiv gestiegen seien,
       nutzten viele Schulen auch andere Plattformen wie it's learning.
       
       Doch die Verunsicherung bei den Schulleitungen sei oft groß: „Es gibt weder
       eine Blacklist seitens der Bildungsverwaltung noch eine Whitelist mit
       Empfehlungen“, sagt Gewerkschafter Erdmann. „Es kann aber nicht sein, dass
       die Schulen dafür verantwortlich sind, den Datenschutz einzuhalten.“
       
       Ein kritisches Thema sind auch Dienstmailadressen für Lehrkräfte. Nachdem
       es quasi seit Erfindung der E-Mail überhaupt keine Bewegung in der Frage
       gab, hat Corona dort immerhin offenbar doch einiges ins Rollen gebracht:
       Für 2022/23 seien Gelder im Landeshaushalt eingeplant, um schrittweise
       33.000 LehrerInnnen plus 7.000 ErzieherInnen in der Ganztagsbetreuung an
       Grundschulen an ein elektronisches Postfach anzuschließen. Der GEW geht das
       freilich nicht schnell genug, zudem sei für nochmal rund 7.000
       ErzieherInnen bei freien Trägern noch keine Lösung in Sicht.
       
       ## Die Schulen würden gerne Geld ausgeben
       
       Miriam Pech, Vorsitzende der Vereinigung der Berliner Schulleiterinnen und
       Schulleiter an Integrierten Sekundarschulen, hatte am Donnerstag noch ein
       anderes Problem: „Die Schulen haben inzwischen ihre Medienkonzepte
       eingereicht, um Mittel aus dem auf fünf Jahre angelegten Digitalpakt von
       Bund und Ländern zu bekommen – jetzt würden wir das Geld gerne ausgeben,
       zum Beispiel für Tablets oder für IT-Betreuer auf Vollzeitstellen“, sagt
       die Schulleiterin der Weißenseer Heinz-Brandt-Schule. Leider herrsche
       „Stillstand“: Die Bezirke müssen die Mittel als Schulträger bei der
       Senatsbildungsverwaltung beantragen, doch da hake es offenbar.
       
       Oftmals blockieren sich Land und Bezirke gegenseitig, weil mit Mitteln aus
       einem Förderprogramm erst die Voraussetzung dafür geschaffen werden muss,
       damit man das nächste überhaupt beantragen kann. Mittel für Tablets und Co.
       vom Bund gibt es eigentlich erst, wenn die digitale Infrastruktur steht.
       „Aber wir können nicht darauf warten, bis alle Berliner Schulen
       Glasfaseranschluss haben“, sagte Elternvertreter Heise. Es brauche
       „Pop-up-Lösungen“ mittels Wlan-Hotspots und mobilen Endgeräten, um gerade
       während der Pandemie auch Kinder, die als Risikogruppe zu Hause bleiben
       müssen, per Videokonferenz zuschalten zu können.
       
       Das „Ping pong“ zwischen den Mittelgebern sei ermüdend, sagt auch Erdmann.
       Für viele Altbauschulen sei es zum Beispiel nicht möglich, eine größere
       Mengen an neuen Rechnern anzuschaffen, weil die Stromkabel zu alt seien. Da
       nützten die Bundesgelder aus dem Digitalpakt nichts, wenn die Schulen erst
       darauf warten müssen, dass zum Beispiel [1][Sanierungsmittel aus dem
       Landestopf für die Schulbauoffensive] fließen.
       
       ## Hauptsache schnell und unkompliziert
       
       Zwar hatte die Bundesregierung auch – unter Beteiligung der Länder – jüngst
       einen [2][550 Millionen Euro Soforthilfefonds] für die Digitalisierung der
       Schulen aufgelegt. Der soll, ähnlich wie Elternvertreter Heise das fordert,
       auf Tablets first setzen – also die Schulen schnell und unkompliziert mit
       Endgeräten ausstatten.
       
       Insbesondere für Dienstlaptops ist das Geld vorgesehen, aber auch für
       40.000 weitere Tablets für „sozial benachteiligte Schülerinnen und
       Schüler“, wie die Bildungsverwaltung am Donnerstag sagt. Im Frühjahr hatte
       Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) bereits 9.000 Schüler-Tablets
       verteilt. Insgesamt 25 Millionen Euro bekommt Berlin von der Soforthilfe
       ab. Seitens der Senatsbildungsverwaltung heißt es, man bereite bereits eine
       Ausschreibung vor, „damit die Geräte zügig beschafft werden können.“
       
       Die Schulleitungen hoffen indes mit Blick auf die Dienstlaptops, dass das
       kein Schnellschuss wird: „Da wurden wir gerade abgefragt von der
       Schulverwaltung“, sagt auch Schulleiterin Pech. Allerdings wolle die
       Schulverwaltung eine Standardlösung für alle Schulen – doch hier wiederum
       sei eins-für-alle nicht zielführend, findet Pech. „Jede Schule hat ihre
       eigenen Betriebssysteme, da würden wir lieber Geld bekommen, um selbst
       etwas anzuschaffen.“
       
       1 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Berlin-bekommt-Schulbaukoordinator/!5659675&s=schulbauoffensive/
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Klöpper
       
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