URI: 
       # taz.de -- Sexuelle Gewalt in der Schule: Schutzkonzepte müssen her
       
       > Begrapschen, Sexbilder, Übergriffe sind für viele Kinder und Jugendliche
       > Alltag. Eine digitale Konferenz sucht nach Möglichkeiten, das zu ändern.
       
   IMG Bild: Jedes Jahr werden etwa 100.000 Kinder und Jugendliche Opfer von sexueller Gewalt
       
       Berlin taz | Die bekanntesten Fälle von sexueller Gewalt in der Schule sind
       wohl die [1][in der Odenwaldschule.] Jahrzehntelang missbrauchten
       Lehrkräfte, allen voran Schulleiter Gerold Becker, systematisch Kinder und
       Jugendliche in dem als reformpädagogisches Vorzeigeprojekt bekannten
       Internat. Doch Begrapschen, das Verschicken von Sexbildern und Übergriffe
       bis hin zu Vergewaltigungen gibt auch anderswo. Sie gehören zum Alltag
       vieler Jugendlicher und Kinder.
       
       [2][Studien] sprechen davon, dass [3][in jeder Schulklasse ein bis zwei
       Mädchen und Jungen] davon betroffen sind. Zwar fordert der
       Missbrauchsbeauftragte Johannes-Wilhelm Rörig schon länger, dass jede
       Schule, jede Kita, jeder Sportverein und jede Organisation, die mit Kindern
       und Jugendlichen zu tun hat, ein Schutzkonzept gegen sexuelle Gewalt haben
       muss. Aber die Realität sieht anders aus: Gerade mal ein Fünftel der Kitas
       und 16 Prozent der über 30.000 Schulen in Deutschland können laut Rörig ein
       solches Schutzkonzept vorweisen.
       
       Jedes Jahr werden etwa 100.000 Kinder und Jugendliche Opfer von sexueller
       Gewalt – in der Familie, in der Schule, in kirchlichen und
       jugendkulturellen Einrichtungen, in Sportvereinen. [4][Fälle wie jene von
       Lügde], Staufen, Münster, [5][Bergisch Gladbach] sind keine Einzelfälle.
       „Die Zahlen werden leider nicht weniger“, beklagt Rörig am Donnerstag zu
       Beginn einer vom Bildungsministerium angesetzten digitalen Fachtagung, die
       sich der sexuellen Gewalt in der Schule widmet. Zwei Tage lang tauschen
       sich Expert*innen, Ministeriumsmitarbeiter*innen und eben der
       Missbrauchsbeauftragte dazu aus.
       
       Bereits am Mittwoch hat Bildungsministerin Anja Karliczek, CDU, auf der
       Homepage ihres Hauses bekannt gegeben, dass durch ein neues Programm der
       „bessere Transfer in die Praxis“ ermöglicht werden soll. Der Text auf der
       Seite des Bildungsministeriums (BMBF) liest sich sperrig und unkonkret.
       
       ## Schutzkonzepte müssen her
       
       Glaubt man den Worten von Christian Luft, Staatssekretär im BMBF, sollen
       damit „Forscherinnen und Forscher ermutigt werden, sich Praxispartner zu
       suchen“, um Schutzkonzepte in schulischen Einrichtungen umzusetzen. Oder
       anders ausgedrückt: Wissenschaftler*innen können ihre Konzepte jetzt in der
       Praxis erproben. Luft spricht von 5 Millionen Euro, die in dieses Vorhaben
       fließen.
       
       Die Fachtagung, die am Donnerstag und Freitag läuft, wird sich zudem mit
       Fortbildungen für Lehrkräfte befassen. Nach wie vor wissen viele Lehrkräfte
       nicht, wie sie [6][mit dem Verdacht umgehen sollen], dass ein Kind in ihrer
       Nähe sexueller Gewalt ausgesetzt sein könnte. „Die Gesellschaft ist
       sensibler geworden gegenüber sexueller Gewalt, vor allem in den vergangenen
       von Corona geprägten Monaten“, sagt Britta Ernst, Bildungsministerin in
       Brandenburg und Vizepräsidentin der Kulturministerkonferenz. Die digitale
       Fachkonferenz komme daher „im richtigen Moment“.
       
       Hört man indes genauer auf die Worte des Missbrauchsbeauftragten, ahnt man,
       dass all das nicht reicht. „Freiwilligkeit führt nicht zum Schutz von
       Kindern und Jugendlichen“, wird er nicht müde zu betonen. Und wiederholt am
       Donnerstag seine Forderung, dass alle 16 Bundesländer Schutzkonzepte gegen
       sexuelle Gewalt in ihren Schulgesetzen verpflichtend vorschreiben müssen.
       Aber damit beißt er bei vielen Ländern auf Granit.
       
       1 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Sexueller-Missbrauch-an-Odenwaldschule/!5572426
   DIR [2] /Missbrauch-von-Kindern-in-Deutschland/!5598495
   DIR [3] /Neue-Studie-zu-sexueller-Gewalt/!5620774
   DIR [4] /Missbrauchsfaelle-in-Luegde/!5614996
   DIR [5] /Sexuelle-Gewalt-an-Kindern/!5700133
   DIR [6] /Kommentar-sexuelle-Gewalt-an-Kindern/!5583417
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
       ## TAGS
       
   DIR Anja Karliczek
   DIR sexueller Missbrauch
   DIR Vergewaltigung
   DIR Schule
   DIR Kindesmissbrauch
   DIR Pädophilie
   DIR Kindesmissbrauch
   DIR Missbrauch
   DIR Kindesmissbrauch
   DIR Kindesmissbrauch
   DIR Gewalt gegen Kinder
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Urteil im Komplex Bergisch Gladbach: Zwölf Jahre Haft
       
       Ein zentraler Beschuldigter wegen sexualisierter Gewalt gegen Kinder in
       Bergisch Gladbach wurde verurteilt. Er führte Ermittler:innen zu vielen
       anderen Verdächtigen.
       
   DIR Bundesbeauftragter appelliert an Politik: Mehr Schutz für Kinder
       
       Sexualisierte Gewalt gegen Kinder ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.
       Johannes-Wilhelm Rörig fordert konkretes Handeln.
       
   DIR Bischofskonferenz beschließt Zahlungen: 50.000 Euro für Missbrauchs-Opfer
       
       Die katholische Kirche in Deutschland will Menschen entschädigen, die von
       Priestern missbraucht wurden. Expert:innen befürchten eine
       Retraumatisierung.
       
   DIR Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach: Polizei durchsucht Wohnungen
       
       Im Pädophilie-Komplex Bergisch Gladbach finden Ermittler:innen immer neue
       Verdächtige. In ganz Deutschland gab es nun Razzien.
       
   DIR Sexuelle Gewalt an Kindern: Ein deutschlandweiter Komplex
       
       Unter „Bergisch Gladbach“ wurden Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder
       bekannt. Ermittler*innen sprechen jetzt von unvorstellbaren Ausmaßen.