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       # taz.de -- Coronainfektion des US-Präsidenten: In Trumps Dunstkreis
       
       > Mehrere Personen aus Trumps Umfeld haben sich mit dem Virus angesteckt.
       > Zu seiner Erkrankung gibt es von Ärzten widersprüchliche Aussagen.
       
   IMG Bild: Der US-Präsident arbeitet nach seinem positiven Textergebnis von Krankenhaus aus
       
       New York taz | Das Coronavirus zieht in Donald Trumps Umfeld weite Kreise:
       Während [1][der Präsident seit Freitag im Militärkrankenhaus] Walter Reed
       in Bethesda bei Washington behandelt wird, ist das Virus bei zahlreichen
       Personen aus seinem unmittelbaren Umfeld gefunden worden.
       
       Über den Gesundheitszustand des Präsidenten gab es am Samstag, am 3.
       Oktober, in Washington zunächst widersprüchliche Meldungen. Während sein
       Stabschef Mark Meadows sagte, dass Trump durch eine „sehr
       besorgniserregende Periode“ gegangen sei, und warnte, die beiden kommenden
       Tage „werden entscheidend“, versuchte Trumps Arzt Sean Conley Optimismus zu
       verbreiten. Er sei „extrem zufrieden“ mit den Fortschritten seines
       Patienten, sagte Conley bei einer Pressekonferenz vor einer Kulisse von
       neun Kolleg:innen.
       
       Auf die Frage, ob Trump Sauerstoff bekommen habe, antwortete er mehrfach
       ausweichend: „Hier hat er keinen zusätzlichen Sauerstoff erhalten.“ Wenig
       später berichtete die Agentur AP, dass Trump am Freitag im Weißen Haus
       Sauerstoff bekommen habe.
       
       Kurz nach der Pressekonferenz musste Arzt Conley auch einen Teil seiner
       Zeitangaben über den Krankheitsverlauf von Trump korrigieren. Der Arzt
       hatte am Samstagvormittag gesagt, „nur 72 Stunden nach der Diagnose“ sei
       der Patient fieberfrei. Ein anderer behandelnder Arzt, der Lungenspezialist
       Brian Garribaldi, erklärte bei derselben Pressekonferenz, dass Trump „vor
       ungefähr 48 Stunden“ eine experimentelle Antikörperbehandlung bekommen
       habe.
       
       ## Hat Trump mutwillig das Virus verbreitet?
       
       Zuvor hatte die offizielle Darstellung des Weißen Hauses gelautet, Trump
       habe sein positives Testergebnis erst in der Nacht zu Freitag, 2. Oktober,
       erhalten. Die Aussagen der beiden Ärzte deuten jedoch an, dass Trump schon
       am Donnerstag wusste, dass er coronapositiv war. An diesem Tag traf er
       Spender:innen in New Jersey – und hätte damit die Ansteckung seiner
       mitreisenden Personen und seiner meist älteren Spender:innen mutwillig in
       Kauf genommen.
       
       Wenige Stunden nach der Pressekonferenz legte Trumps Arzt Conley den
       Rückwärtsgang ein. „Heute Vormittag habe ich unkorrekt von 72 Stunden
       gesprochen“, schrieb er in einem Kommuniqué, „aber ich hätte Tag zwei der
       polyklonalen Antikörpertherapie sagen müssen“. Gegenüber CNN korrigierte
       der Hersteller des experimentellen Präparates später, dass es sich
       tatsächlich um eine „monoklonale“ Antikörpertherapie handelt. Außerdem soll
       der Patient bis Samstag zwei Dosen des Arzeimittels Remdesivir erhalten
       haben.
       
       Trump hatte am Freitag Fieber, die exakte Höhe wollten die Ärzte jedoch
       nicht nennen. Am Samstag war er nach Angaben der Ärzte seit über 24 Stunden
       fieberfrei. Die Sauerstoffsättigung in seinem Blut lag bei „ungefähr 96
       Prozent“, so Conley. Die meisten konkreten Fragen ließ der Arzt aber offen:
       Wie lange Trump im Krankenhaus bleiben wird, ob es Anzeichen für bleibende
       Schäden gibt und wann Trumps letzter negativer Covidtest war.
       
       ## Versöhnlicher Ton
       
       Trump selbst meldete sich am Samstagnachmittag mit einem kurzen Video zu
       Wort. Darin saß er mit zerzauster Frisur und müdem Gesichtsausdruck vor
       einer Schrankwand und den US- und Präsident-Fahnen. In ungewohnt
       versöhnlichen Worten lobte der US-Präsident die Ärzte und Pfleger:innen und
       ihre „Wunder-Therapeutik“ und beschrieb sich selbst als einen von Millionen
       Covidpatient:innen.
       
       Er vermied das Wort „China-Virus“, mit dem er sonst das Virus bezeichnet,
       und hetzte kein einziges Mal – weder gegen die Medien noch gegen die
       Opposition. Stattdessen freute er sich über einen „wunderbaren“ und
       „beinahe parteiübergreifenden Konsens“ und dankte ausdrücklich
       internationalen Politiker:innen für ihre Anteilnahme. In vorsichtigem Ton
       sagte er auch: „Ich beginne – mich gut zu fühlen.“ Der 74-Jährige fügte
       aber hinzu, dass sich erst in den nächsten Tagen herausstellen werde,
       [2][wie es tatsächlich für ihn läuft].
       
       Die Fäden zu der Serieninfektion in republikanischen Kreisen laufen im
       Weißen Haus zusammen. Am Samstag kristallisierte sich heraus, dass ein
       Ereignis im Rosengarten, das der Präsident eine Woche zuvor organisiert
       hatte, möglicherweise der Moment war, in dem sich das Virus ausbreitete. An
       dem Tag hatte Trump seinen engen politischen Kreis im Rosengarten
       zusammengerufen, um seine Kandidatin für das Oberste Gericht vorzustellen,
       die erzkonservative Richterin Amy Coney Barrett.
       
       Wie bei Trump-Veranstaltungen üblich wurden dabei die Sicherheitsregeln in
       der Pandemie ignoriert. Die Teilnehmer:innen saßen dicht zusammen,
       berührten und umarmten sich und fast niemand trug eine Maske. Eine Woche
       später wurden zahlreiche Anwesende positiv getestet.
       
       Unter ihnen waren bis Samstag neben Trump und seiner Frau, sein
       Kampagnenmanager Bill Stepien, die Chefin der Republikanischen Partei Ronna
       McDaniel, seine ehemalige Mitarbeiterin Kellyanne Conway, seine Beraterin
       Hope Hicks, sein persönlicher Sekretär Nick Luna, die beiden
       republikanischen Senatoren Mike Lee und Thom Tillis, und der Präsident der
       katholischen Universität Notre Dame John Jenkins.
       
       ## Republikaner:innen mit Virus angesteckt
       
       Manche Teilnehmer:innen, die ungeschützt bei der Nominierungsveranstaltung
       waren, haben sich jetzt in Quarantäne begeben. Andere, darunter
       Justizminister William Barr, der bei einer Umarmung mit der Covidpositiven
       Conway gefilmt wurde, will seinen Alltag unverändert fortsetzen.
       
       Am Samstag wurde auch der ehemalige Gouverneur von New Jersey, Chris
       Christie, positiv getestet und ging in ein Krankenhaus. Er ist – wie der
       Präsident – übergewichtig, hat zusätzlich Asthma und gehört damit zur
       Risikogruppe. Christie ist einer der Männer, mit denen Trump [3][für die
       TV-Debatte mit dem demokratischen Gegenkandidaten Joe Biden vor fünf Tagen]
       geübt hatte, bei der er eineinhalb Stunden lang schrie, feixte und sein
       Gegenüber unterbrach.
       
       Sein zweiter Debattentrainer, der ehemalige New Yorker Bürgermeister und
       Trumps „privater“ Anwalt, Rudy Giuliani, ließ sich am Freitag ebenfalls
       testen – mit negativem Ergebnis. Ebenfalls negativ ist das Testergebnis von
       Biden. Unbekannt war bei Redaktionsschluss, wie es Trumps Kandidatin für
       das Oberste Gericht geht, die während der Zeremonie ein paar Schritt von
       dem Präsidenten entfernt stand und nach ihm in dasselbe Mikrofon sprach.
       
       Der Beginn ihrer Bestätigungsanhörungen im Senat ist wegen der
       Seriencovidinfektion – von der auch ein dritter republikanischer Senator
       betroffen ist – um mehrere Tage verschoben worden. Weil ihm ohne die drei
       Senatoren die nötige Mehrheit fehlt, verschob der republikanische
       Senatschef Mitch McConnell den Beginn auf den 19. Oktober. In einem Brief
       an seine Kolleg:innen schrieb er: „Wir brauchen dann alle republikanischen
       Senatoren gesund zurück“.
       
       4 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /US-Praesident-in-Quarantaene/!5718212
   DIR [2] /Trump-mit-Coronavirus-infiziert/!5718211
   DIR [3] /TV-Debatte-Trump-gegen-Biden/!5717885
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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