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       # taz.de -- Expertin über Aktionsplan saubere Ostsee: „Von guten Zuständen weit entfernt“
       
       > Vom „Ostseeaschenbecher“ über Fangquoten bis zu einem Folge-Aktionsplan:
       > Wie die Ostsee wieder zu einem gesunden Meer werden soll.
       
   IMG Bild: Die Ostsee bei Warnemünde während eines Sturms am 14. Oktober
       
       taz: Frau Busse, weit über die Hälfte des Mülls an den Ostseestränden
       stammt von Freizeit- und Tourismusaktivitäten an Land. Was möchten Sie in
       den nächsten zwei Jahren gegen Zigarettenkippen und Gummibärentüten machen? 
       
       Lilian Busse: Bezüglich der Kippen hilft erstens Bewusstseinsbildung, denn
       viele Raucher wissen nicht, dass ein Zigarettenstummel aus Kunststoff
       besteht, unter anderem mit Nikotin, Teer und Schwermetallen belastet ist
       und zudem bis zu sechs Jahre braucht, bis er abgebaut ist. Außerdem setzen
       wir auf schon erfolgreiche Projekte wie den „Ostsee-Aschenbecher“,
       verschließbare Dosen für die Hosentasche. Es ist wichtig, alle Akteure
       einzubinden, die örtliche Bevölkerung, Touristen, die Kommunen. Sie bringen
       wir zum Beispiel am Runden Tisch Meeresmüll zusammen. [1][Meeresmüll zu
       bekämpfen] ist auch einer der Schwerpunkte unter dem deutschen Vorsitz der
       Helsinki-Kommission zum Schutz der Ostsee.
       
       Ist Müll das größte Problem der Ostsee? 
       
       Er ist ein wesentliches Problem. Besonders schädlich sind die filigranen
       Fangnetze der Fischer. Wenn sie verloren gehen, stellen sie sich immer
       wieder in der Wassersäule auf und sind für marines Leben tödlich, da sie
       über viele Jahre herrenlos weiterfischen. In einem Geisternetz haben wir
       zusammen mit anderen Tauchern einmal 24 Kormorane gefunden. Diese Netze
       tragen mit dazu bei, [2][dass in der zentralen Ostsee Schweinswale kurz vor
       dem Aussterben stehen], da sie regelmäßig als Beifang mitgefangen werden.
       Eine weitere große Belastung der Ostsee sind die zu hohen
       Stickstoffeinträge und zu hohe Fangquoten.
       
       Deutschland bekommt seine hohen Nährstoffeinträge doch selbst nicht in den
       Griff … 
       
       … die Überdüngung ist ein Schwerpunkt in unserer Amtszeit bei der Helcom.
       Wir wollen zum Beispiel bestimmte Modellregionen ausweisen, in denen wir
       sehen können, wie wir die Nährstoffeinträge vor allem aus der
       Landwirtschaft senken können. Die Landwirtschaft ernährt uns, aber sie ist
       auch Hauptursache für dieses Problem, hier müssen wir im Dialog gemeinsam
       weiterkommen.
       
       Haben Sie Einfluss auf die Fangquoten? 
       
       Nein, haben wir nicht. Das mit den Fangquoten läuft so: Der internationale
       Rat für Meeresforschung, der Ices, macht einen Vorschlag für Fangquoten.
       Die EU-Kommission macht daraus eine Empfehlung für die Fischereiminister,
       und die entscheiden dann. Ihre Quoten sind immer wesentlich höher als die
       vorsorglich auf Basis vorhandener wissenschaftlicher Daten getroffenen
       Vorschläge des Ices. Momentan sind 88 Prozent der quotierten Fischbestände
       der Ostsee überfischt. Laut der [3][EU Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie]
       sollten 2020 alle Bestände in gutem Zustand sein, doch davon sind wir weit
       entfernt. Die Dorsche der östlichen Ostsee etwa sind viel zu klein und zu
       mager, das ist ein Indiz für Überfischung.
       
       15 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Mode-aus-Recycling-Plastik/!5640421&s=meeresm%C3%BCll/
   DIR [2] /Archiv-Suche/!5717557&s=schweinswale&SuchRahmen=Print/
   DIR [3] https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ%3AL%3A2008%3A164%3A0019%3A0040%3ADE%3APDF
       
       ## AUTOREN
       
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