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       # taz.de -- Gedenkorte für O-Platz und „Trostfrauen“: Denkmäler, die fehlten
       
       > Auf dem Oranienplatz haben AktivistInnen ein Denkmal gegen Polizeigewalt
       > gebaut, in Moabit wird für die „Trostfrauen“ gekämpft. Ein
       > Wochenkommentar.
       
   IMG Bild: Protestaktion zur Erhalt des „Trostfrauen“-Denkmals in Moabit
       
       Gleich zwei neue Denkmale haben diese Woche in Berlin für Furore gesorgt.
       In Moabit mahnt die als Friedensstatue bezeichnete Bronzefigur einer
       koreanischen „Trostfrau“, die von der japanischen Armee im Pazifikkrieg
       versklavt wurden, gegen sexualisierte Kriegsgewalt. In Kreuzberg auf dem
       Oranienplatz erinnert eine Stele für die Opfer von Rassismus und
       Polizeigewalt an die Toten rassistischer, polizeilicher Zwangsmaßnahmen und
       symbolisiert den Protest gegen Praktiken wie Racial Profiling.
       
       Den Mahnmalen ist gemeinsam, dass sie von AktivistInnen aus der
       Zivilgesellschaft aufgestellt wurden – und dass unklar ist, ob sie stehen
       bleiben können. Die InitiatorInnen sind völlig unterschiedlich vorgegangen
       und es ist offen, wer von ihnen erfolgreich sein wird. In Moabit hat der
       eingetragene Berliner Verein Korea Verband schon vor Monaten eine
       Sondergenehmigung zum Aufstellen der Statue beantragt. Gutachten wurden
       beigebracht – und schließlich hat sich die bezirkliche Kommission für Kunst
       im Straßenraum für die Statue ausgesprochen. Daraufhin hat dann das
       Bezirksamt Mitte eine Sondergenehmigung für ein Jahr erteilt.
       
       In Friedrichshain-Kreuzberg haben anonyme AktivistInnen der Gruppe
       #woistunserdenkmal aus dem mutmaßlichen Umfeld der Organisation Kampagne
       für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) in einer Nacht- und Nebelaktion
       das Denkmal einfach auf den Oranienplatz gestellt. Nachträglich versuchen
       sie nun in der Bezirksverordnetenversammlung einen Beschluss zum Verbleib
       der Stele herbeizuführen. Dem Vernehmen nach soll es dafür Chancen geben.
       
       ## Tokio will nicht erinnert werden
       
       In Moabit hat das Bezirksamt auf Druck der rechtskonservativen Regierung
       Japans die Genehmigung schnell widerrufen. T[1][okio hat zwar seine
       Kriegsverbrechen] formal anerkannt, will aber nicht an sie erinnert werden,
       weshalb es weltweit solche Friedensstatuen bekämpft. Erst als der Korea
       Verband gegen die Anordnung von Mitte vor Gericht zog, entschied der grüne
       Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel, das Mahnmal könne bis zur
       Gerichtsentscheidung bleiben.
       
       Er erklärte, vielleicht mit verklärtem Blick auf vermeintliche asiatische
       Harmonie: „Wir wünschen uns einen Kompromissvorschlag, der den Interessen
       des Korea Verbands sowie den Interessen der japanischen Seite gerecht
       werden kann. Es wäre begrüßenswert, das Mahnmal so zu gestalten, dass alle
       Beteiligten damit leben können.“
       
       Seitdem fragen sich viele, was das heißen soll, wo Japankenner davon
       ausgehen, dass Tokio nie einem Mahnmal zustimmen wird, das an Schicksal und
       Mut der „Trostfrauen“ erinnert. So kann sich in Kreuzberg wohl auch kaum
       jemand ein Denkmal gegen rassistische Polizeigewalt vorstellen, das auch
       dem rechtspopulistischen [2][Polizeigewerkschafter Rainer Wendt] gefällt.
       Meist drücken Denkmale das Denken von oben aus oder den jeweiligen
       Zeitgeist des Mainstreams. Denkmale, die keine Steine des Anstoßes sind,
       sind vielleicht Kunst, aber regen nicht zum Nachdenken an.
       
       17 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Japanische-Kriegsverbrechen/!5425799&s=tokio+kriegsverbrechen/
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       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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