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       # taz.de -- Start der Volleyball-Bundesliga: Einfach nur schmettern
       
       > Die Klubs kämpfen ums finanzielle Überleben. Bleiben die Hallen leer,
       > wird es schwer, die Verbindung mit den Fans aufrechtzuerhalten.
       
   IMG Bild: Gefahrenabwehr am Netz: Cody Kessel und Eder Carbonera im Einsatz für die Berlin Volleys
       
       Man stelle sich einmal vor, der FC Bayern München und Borussia Dortmund
       würden sich gemeinsam auf die Saison vorbereiten. Was im Profifußball
       undenkbar erscheint, ist im Volleyball durchaus möglich – zumindest
       theoretisch: So planten die beiden Branchenführer aus Berlin und
       Friedrichshafen, sich im Sommer bei einem Turnier auf Gran Canaria fit zu
       machen.
       
       Die Kooperation des Bundesliga-Rekordmeisters vom Bodensee und des
       Hauptstadtklubs, der in der Hierarchie längst die Führung übernommen hat,
       das hätte durchaus Charme gehabt. Doch dazu ist es nicht gekommen, weil
       dieses fiese Virus die hehren Plänen auch in diesem Fall vereitelte: Weil
       das [1][Auswärtige Amt] die kanarischen Inseln zum Coronarisikogebiet
       erklärte, mussten die BR Volleys und der VfB Friedrichshafen schweren
       Herzens zu Hause bleiben.
       
       Es sind auch für den Volleyball schwierige Zeiten, in denen es vor allem
       darum geht, irgendwie zu überleben und auf die Rückkehr zur Normalität zu
       hoffen. Wie in allen anderen Ballsportarten, die nicht Fußball heißen, geht
       es um die nackte Existenz, wenn dauerhaft Zuschauereinnahmen ausbleiben.
       Während die Multimillionenbranche auch ohne Fans planen kann, solange
       üppige Fernsehgelder fließen, benötigt der Rest zahlungswillige Kunden in
       den Hallen, um das Budget decken zu können.
       
       Für die Volleyballer bedeutet es auf ihrem eingeschlagenen Weg,
       professionelle Strukturen zu schaffen, einen herben Rückschlag, dass die
       Ränge aufgrund der Pandemie bis auf Weiteres weitgehend leer bleiben. „Die
       Auswirkungen der Krise werden uns noch einige Jahre begleiten“, sagt
       [2][Kaweh Niroomand]. Der Geschäftsmann ist nicht nur Manager des
       Serienmeisters BR Volleys, sondern gilt bei den Vereinen auch als
       Vordenker. Berlins Macher erlebt gerade, „wie die Verbindung zu Fans und
       Sponsoren, die man über Jahre geschaffen hat, langsam verloren geht. Das
       alles muss wieder neu aufgebaut werden.“
       
       Die Folgen sind bereits zu spüren, mit den Alpenvolleys, Rottenburg und
       Eltmann sind der Liga gleich drei Protagonisten abhandengekommen. Ein
       Aderlass, der schwer zu verkraften ist. Auch Niroomand kokettierte vor
       Monaten mit einem Rückzug des Branchenführers, um auf die aus seiner Sicht
       wenig zufriedenstellende Entwicklung aufmerksam zu machen. Die Drohgebärde,
       in die polnische Liga überzulaufen, ist jedoch derzeit kein Thema mehr.
       
       Dennoch liegen Probleme auf dem Tisch, Anfang September trafen sich
       Vertreter der Vereine in Frankfurt, um ihre Situation zu analysieren. Im
       Gegensatz zur Konkurrenz haben es die Volleyballer nämlich auch mit
       interner Konkurrenz zu tun. Während das weibliche Geschlecht im Fußball,
       Handball, Basketball und Eishockey nur eine Nebenrolle spielt, agieren die
       Frauen im Volleyball auf Augenhöhe. Die Männerliga müsse „darüber
       nachdenken, warum sie sich nicht besser entwickelt“, sagt Niroomand: „Wir
       liegen in allen statistischen Parametern hinter den Frauen zurück.“
       
       ## Videoanalysen in den Wohnungen der Spieler
       
       Ganz andere Sorgen treiben die Verantwortlichen am anderen Ende der
       Republik um: In Friedrichshafen haben sie nicht nur mit dem Coronavirus zu
       kämpfen, sondern auch damit, dass die Heimspielstätte nicht mehr zur
       Verfügung steht. Kurz vor Saisonbeginn wurde die altehrwürdige ZF Arena, in
       der der VfB zahllose Erfolge feierte, von den Behörden geschlossen. Die
       mehr als 50 Jahre alte umgebaute Messehalle sei akut einsturzgefährdet.
       „Das war ein echter Schock für uns“, sagt Friedrichshafens Trainer Michael
       Warm: „Wir haben nicht nur unsere Halle, wir haben unsere Heimat verloren.“
       
       Beim Herausforderer müssen sie bis auf Weiteres improvisieren, das Training
       findet in täglich wechselnden Hallen statt, die Videoanalysen werden in
       Wohnungen von Spielern abgehalten. Die Suche nach einer neuen Heimat kann
       sich bis Mitte oder Ende November hinziehen, „bis dahin“, so Warm, „bleiben
       wir eine Reisetruppe. Wir sind jetzt Nomaden.“ Das erste Auswärtsspiel der
       Saison fiel aus, weil die Nachwuchstruppe vom VC Olympia Berlin, die in der
       1. Liga außer Konkurrenz an den Start geht, von der U20-EM in der
       tschechischen Republik mit acht Coronafällen zurückkehrte.
       
       Auch dieses Beispiel zeigt, auf welch dünnem Eis sich die Branche bewegt.
       Michael Warm will sich davon jedoch nicht entmutigen lassen. Sein Credo
       lautet: „Wir verschwenden keine Zeit mit Jammern.“ Für die Volleyballer ist
       das im Überlebenskampf eine durchaus kluge Einstellung.
       
       17 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/spanien-node/spaniensicherheit/210534
   DIR [2] /Archiv-Suche/!5576975&s
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Meininghaus
       
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