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       # taz.de -- Urteil im Komplex Bergisch Gladbach: Zwölf Jahre Haft
       
       > Ein zentraler Beschuldigter wegen sexualisierter Gewalt gegen Kinder in
       > Bergisch Gladbach wurde verurteilt. Er führte Ermittler:innen zu vielen
       > anderen Verdächtigen.
       
   IMG Bild: Muss in Sicherungsverwahrung: Der Beschuldigte im Komplex Bergisch Gladbach
       
       Köln afp/dpa | Das Kölner Landgericht hat den zentralen Beschuldigten im
       [1][Missbrauchskomplex* Bergisch Gladbach] zu zwölf Jahren Haft verurteilt.
       Das Gericht ordnete für den Angeklagten Jörg L. am Dienstag zudem die
       anschließende Sicherungsverwahrung an.
       
       Der Verurteilte musste sich in dutzenden Fällen wegen sexualisierter Gewalt
       gegen Kinder, Vergewaltigung und Verbreitung der Darstellung der Gewalt
       gegen Kinder verantworten. Die meisten Taten betrafen seine eigene 2017
       geborene Tochter, der er regelmäßig in Abwesenheit der Mutter sexualisierte
       Gewalt angetan haben soll.
       
       Die Anklage gegen Jörg L. fußte maßgeblich auf Bildern und Videos, die er
       von den Taten gemacht hatte. Gezielt habe er dafür Zeiten ausgenutzt, in
       denen seine Ehefrau nicht zu Hause gewesen sei, erklärte die
       Staatsanwaltschaft. Der 43-Jährige hatte sich im Prozess zu den Vorwürfen
       geäußert, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Den Antrag hatte
       die Nebenklage-Anwältin gestellt, die die Tochter vertritt. Sie wollte das
       kleine Mädchen schützen.
       
       L.s Taten führten die Ermittler:innen zu einem weit verzweigten Netzwerk
       von Pädokriminellen, die Kinder sexualisierte Gewalt antaten,
       beziehungsweise untereinander diese Darstellungen tauschten. Die Anklage
       forderte im Prozess eine Haftstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten und
       beantragte die Sicherungsverwahrung. Die Verteidigung stellte keinen
       konkreten Antrag zum Strafmaß, sprach sich aber gegen die
       Sicherungsverwahrung aus. Der aus Bergisch Gladbach stammende L. sitzt seit
       Oktober 2019 in Untersuchungshaft.
       
       Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Köln gab es allein in
       Nordrhein-Westfalen zuletzt 201 Tatverdächtige im Komplex Bergisch
       Gladbach. Zwei Täter verbüßen Haftstrafen, sieben Verdächtige befinden sich
       in Untersuchungshaft. Seit ihrer Gründung im November gab die zuständige
       Ermittlungsgruppe „Berg“ 105 Hinweise an Behörden in allen 16 Bundesländern
       weiter. Der Missbrauchskomplex* ist dabei eine von drei großen
       Missbrauchsserien*, denen Ermittler in Nordrhein-Westfalen in den
       vergangenen eineinhalb Jahren auf die Spur kamen.
       
       Ein über Jahre unentdeckt gebliebener Komplex sexualisierter Gewalt gegen
       Kinder auf einem Campingplatz in Lügde erschüttert seit Januar 2019 die
       Öffentlichkeit. Der Fall mit rund 40 betroffenen Kindern gilt als einer der
       größten Skandale der vergangenen Jahrzehnte. Im Juni dieses Jahres deckten
       Ermittler:innen außerdem ein [2][Netzwerk von Pädokriminellen in Münster]
       auf.
       
       *Anmerkung der Redaktion: In einem Reformpaket zur Bekämpfung
       sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom Bundesjustizministerium vom 01. Juli
       2020 heißt es völlig richtig: „Die Wortwahl ‚Missbrauch‘ ist unangebracht,
       da sie suggeriert, es gebe auch einen legalen ‚Gebrauch‘ von Kindern. Wir
       wollen künftig klare Begriffe verwenden: Es geht um sexualisierte Gewalt,
       die sich gegen Kinder richtet.“ Aktuell wird diese Formulierung noch häufig
       verwendet.
       
       6 Oct 2020
       
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