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       # taz.de -- Zentralregierung greift durch: Madrid im Ausnahmezustand
       
       > Spaniens Regierung hat den Coronanotstand über die Hauptstadtregion
       > verhängt. Damit kann sie die Bewegungsfreiheit wieder einschränken.
       
   IMG Bild: Viel Verkehr trotz Teil-Lockdown in Madrid
       
       Madrid afp/dpa/taz | Nach dem Chaos um das Corona-Krisenmanagement in
       Madrid hat die spanische Zentralregierung über die Hauptstadtregion den
       Ausnahmezustand verhängt. Die linksgerichtete Regierung von
       Ministerpräsident Pedro Sánchez beschloss am Freitag in einer Krisensitzung
       für zwei Wochen diese drastische Maßnahme, weil sich die konservative
       Madrider Regionalregierung gegen den zuvor verhängten Teil-Lockdown
       gesperrt und ihn [1][vor Gericht zu Fall gebracht hatte].
       
       Damit kann sie Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und andere
       Restriktionen in Kraft setzen, die von dem Gericht am Donnerstag ohne
       Notstandsdeklaration verworfen worden waren.
       
       Die Region Madrid hat derzeit auf den Zeitraum von 14 Tagen gerechnet eine
       Infektionsrate von 563 Coronavirus-Fällen auf 100.000 Einwohner. Das ist
       mehr als doppelt so viel wie der spanische Durchschnitt. Die landesweite
       Rate von rund 250 Ansteckungen pro 100.000 Einwohner ist wiederum die
       höchste in der EU. In Deutschland gelten 50 Fälle pro 100.000 Einwohner in
       sieben Tagen als Grenzwert, ab dem eine Region als Risikogebiet eingestuft
       wird.
       
       Um eine weitere Ausbreitung des Virus im ganzen Land zu verhindern, hatte
       die linksgerichtete Zentralregierung gegen den Willen von
       Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso vergangene Woche einen Teil-Lockdown
       für den Großraum Madrid durchgesetzt. Seit Samstag dürfen die 4,5 Millionen
       Bewohner der spanischen Hauptstadt und mehrerer nahegelegener Gemeinden
       ihre Wohnorte nur noch zum Arbeiten, für die Schule oder aus medizinischen
       Gründen verlassen, zudem gilt ab 23 Uhr eine Sperrstunde für Bars und
       Restaurants.
       
       ## Zickzackkurs in Madrid
       
       Die Corona-Beschränkungen sind nicht wie im Frühjahr mit einer strikten
       Ausgangssperre verbunden, die Madrilenen können also ihre Wohnungen
       jederzeit verlassen. Ein Regionalgericht hatte am Donnerstag jedoch die
       Abriegelung der Hauptstadtregion vom Rest des Landes außer Kraft gesetzt,
       weil ein derartiger Schritt in die Zuständigkeit der Regionalbehörden
       falle.
       
       Regionalpräsidentin Díaz Ayuso erklärte daraufhin, das Urteil bestätige
       ihren Kurs. In einem verwirrenden Zickzackkurs rief sie die Menschen
       gleichzeitig auf, „Madrid nicht zu verlassen und sich an die
       Gesundheitsrichtlinien zu halten“. Dies gelte insbesondere für das
       verlängerte Wochenende zum Nationalfeiertag am 12. Oktober. Am Freitag
       beriet die Vertreterin der konservativen Volkspartei mit ihrer Verwaltung
       über das weitere Vorgehen.
       
       Sánchez hatte die wegen ihres Krisenmanagements in der Kritik stehende
       Regionalpräsidentin am Vorabend vor ein Ultimatum gestellt: Entweder setze
       sie den Teil-Lockdown selbst in Kraft oder bitte die Zentralregierung um
       Ausrufung des Ausnahmezustands – oder die Maßnahme werde gegen ihren Willen
       über Madrid verhängt. In jedem Fall würden die Restriktionen in Kraft
       bleiben, machte Sánchez deutlich.
       
       Angesichts des Chaos rief eine Gruppe von Wissenschafts- und
       Gesundheitsorganisationen die Zentral- und Regionalregierung auf, ihre
       politischen Machtkämpfe zu beenden. Alle müssten akzeptieren, dass zur
       Bewältigung der Pandemie wichtige Entscheidungen nötig seien, die auf der
       Grundlage der „besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse und
       völlig unabhängig von politischen Konfrontationen“ getroffen werden
       müssten, hieß es in der auf der Online-Plattform change.org
       veröffentlichten Petition. Am Vormittag hatte sie bereits rund 100.000
       Unterschriften gesammelt.
       
       Petition mahnt zur Vernunft 
       
       Spanien gehört zu den am schwersten von der Pandemie betroffenen Ländern
       der Welt. Auch die Wirtschaft des Landes ist bereits schwer angeschlagen.
       Die Regionalregierung hatte daher neue Restriktionen abwenden wollen, die
       Zentralregierung fürchtet indes die rasante Ausbreitung in ganz Spanien mit
       entsprechenden weiteren wirtschaftlichen Schäden.
       
       9 Oct 2020
       
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