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       # taz.de -- Nach Stilllegung wegen Coronainfektionen: Kritik an Öffnung von Schlachthof
       
       > Auf Druck der Agrarlobby darf ein coronaverseuchtes Fleischwerk wieder
       > schlachten. Gewerkschafter fordern, nicht nur Schweinehalter zu schützen.
       
   IMG Bild: Es kann weiter geschlachtet werden: Schweinetransporter auf dem Tönnies-Schlachthof in Sögel
       
       Berlin taz | Gewerkschafter kritisieren, dass der Schlachthof im
       niedersächsischen Sögel trotz coronainfizierter Arbeiter am Montag wieder
       den Betrieb aufgenommen hat. „Wir lehnen die Vorgehensweise des Landkreises
       ab“, der nach massiver Kritik der Agrarlobby Schlachtungen erlaubt hat,
       sagte Matthias Brümmer, Geschäftsführer der Gewerkschaft
       Nahrung-Genuss-Gaststätten in der Region Oldenburg/Ostfriesland.
       
       „Die Beschäftigten werden durch eine Verordnung in der Unterkunft gebunden
       und müssen trotzdem zur Arbeit auf den Schlachthof“, so Brümmer. „Wir
       erwarten ein umfassendes Arbeitsschutzkonzept, das erst den Beschäftigten
       dient und nicht nur der Landwirtschaft.“ Die Gewerkschaft wolle wissen,
       welche Maßnahmen gegen Corona-Infektionen der Betreiber, das
       Tochterunternehmen Weidemark des Fleischkonzerns Tönnies, bereits umgesetzt
       hat.
       
       Der Landkreis Emsland hatte die Schließung des Schlachthofs zum vergangenen
       Wochenende verfügt. Denn bis vergangenen Donnerstag waren 112 Mitarbeiter
       Corona-positiv getestet worden. Schlachthöfe gehören zu den größten
       Corona-Infektionsherden. Der Lockdown der Anlage, der bis 3. November
       angesetzt war, sollte verhindern, dass sich das Virus weiter ausbreitet.
       Doch Landwirte protestierten mit Traktoren gegen die Schließung, weil sie
       ihre Schweine nicht mehr verkaufen konnten.
       
       ## Arbeitsquarantäne für Mitarbeiter
       
       Auch andere Schlachthöfe mussten ihre Produktion wegen des
       Infektionsschutzes reduzieren und trugen so zum „Schweinestau“ in den
       Ställen bei. Im Niedersächsischen Landtag sagte Agrarministerin Barbara
       Otte-Kinast (CDU) den Tränen nahe, dass die [1][Bauern verzweifelt] seien.
       Tönnies ging gerichtlich gegen die Schließung vor.
       
       Daraufhin gab der Landkreis am Sonntag nach und erlaubte wieder
       Schlachtungen. „Infektionsquellen sind identifiziert, gleichzeitig werden
       Ansteckungsrisiken durch umfassende Schutzmaßnahmen deutlich minimiert“,
       teilte Emslands Landrat Marc-André Burgdorf (CDU) nach einem Austausch mit
       der Tönnies-Tochter mit. „Insofern haben wir keine Begründung – und auch
       kein Interesse daran –, den Betrieb länger als unbedingt notwendig zu
       unterbrechen.“
       
       Eine Maßnahme sei die Arbeitsquarantäne der Mitarbeiter, die sich vorerst
       bis zum 31. Oktober nur zwischen Arbeits- und Wohnort bewegen dürfen. In
       der Zerlegung, wo sich laut Gesundheitsamt die meisten Arbeiter
       infizierten, dürften bis auf Weiteres maximal rund 200 statt vormals circa
       600 Personen arbeiten.
       
       Das Landratsamt wies die Kritik der Gewerkschaft am Montag zurück.
       „Unabhängig von der Situation in der Schweinehaltung stehen für den
       Landkreis Emsland der Infektionsschutz und die Belange der Mitarbeiterinnen
       und Mitarbeiter der Firma Weidemark im Vordergrund“, schrieb Sprecher Udo
       Mäsker der taz. Die Beschäftigten würden kontinuierlich auf Corona
       getestet. Mit dem Unternehmen sei auch vereinbart worden, dass Mitarbeiter
       in Arbeitsquarantäne versorgt werden.
       
       12 Oct 2020
       
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   DIR [1] /Kritik-am-Verhalten-in-Coronapandemie/!5715740/
       
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