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       # taz.de -- Sicherheitsunternehmen vs. Corona: Public-private Ordnungsamt
       
       > Der Städte- und Gemeindebund will, dass Security-Firmen kontrollieren, ob
       > die Coronaregeln eingehalten werden. Das stößt auf Kritik.
       
   IMG Bild: Bald auch polizeiliche Aufgaben? Ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes in Oberhausen
       
       Berlin taz | Private Sicherheitsdienste, die bald in Uniformen der
       Ordnungsämter patrouillieren? Das fordert in dieser Woche der
       Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), Gerd
       Landsberger. Er bemängelt, dass die Ordnungsämter personell zu schlecht
       aufgestellt seien, um die Einhaltung der [1][Coronaregeln] umfassend zu
       überprüfen.
       
       Kritik an dem Vorstoß äußern jetzt Verdi und Linke gegenüber der taz. „Die
       Vorstellung, dass private Firmen Aufgaben des öffentlichen Diensts
       übernehmen, ist äußerst fragwürdig“, sagt Martina Sönnichsen von Verdi.
       „Private Sicherheitsdienste können nicht einfach die Aufgaben von Kommunen
       übernehmen. Die sind hoheitlich.“ Sönnichsen weist darauf hin, dass
       Sicherheitskräfte nicht für die Tätigkeit im öffentlichen Dienst
       qualifiziert seien. Stattdessen müssten die Ordnungsämter gestärkt werden.
       
       Auch Ulla Jelpke, innnenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag,
       kritisiert Landsbergers Vorstoß. „Das geht gar nicht“, sagt sie. Neben der
       Übernahme hoheitlicher Aufgaben durch Privatunternehmen bestünden Zweifel
       an der [2][Zuverlässigkeit vieler Sicherheitsleute]. Stattdessen schlägt
       sie vor, die Polizei verstärkt einzubinden und sie dafür bei der
       Drogenkleinkriminaltität oder Verstößen gegen das Aufenthaltsrecht zu
       entlasten.
       
       In einigen Städten kamen private Sicherheitsfirmen schon während der ersten
       Coronawelle im Frühjahr zum Einsatz. Zweieinhalb Monate lang liefen
       Mitarbeiter:innen eines Sicherheitsdienstes über Straßen und Spielplätze im
       nordrhein-westfälischen Everswinkel, um zu kontrollieren, ob die
       Bevölkerung die Abstands- und Hygieneregeln einhält. „Die Gemeinde hatte
       einfach zu wenig Kapazitäten dafür“, sagt Martin Welzel, Leiter des
       Ordnungsamts.
       
       ## Bloß „Präsenz zeigen“?
       
       Wenn sie einen Verstoß gegen die Coronavorschriften beobachten, dürfen die
       Sicherheitsdienste nur in begrenztem Umfang eingreifen. Die rechtliche Lage
       verhindert, dass sie Sanktionen auferlegen können. Sie verfügen lediglich
       über die sogenannten Jedermannsrechte, die es nur unter bestimmten
       Umständen erlauben, Menschen festzunehmen. „In Everswinkel ging es vor
       allem darum, Präsenz zu zeigen“, sagt Ordnungsamtsleiter Welzel. „Denn wenn
       Verstöße festgestellt wurden, wurden entweder das Ordnungsamt oder die
       Polizei alarmiert.“
       
       „Private Sicherheitskräfte können etwa auf die Maskenpflicht oder die
       Einhaltung der Hygiene-Vorschriften hinweisen“, sagt Harald Olschok vom
       Bundesverband für Sicherheitswirtschaft (BDSW). Er fordert deshalb eine
       Rechtsgrundlage mit erweiterten Befugnissen, etwa um selbst Bußgelder
       verhängen zu können.
       
       Die Ausbildung für Mitarbeiter:innen in Sicherheitsdiensten ist rudimentär
       – 40 Stunden Schulung reichen aus, um die Grundlagen der Tätigkeit zu
       vermitteln. Damit die Mitarbeiter:innen fit für die Unterstützung der
       Ordnungsämter sind, fordert Olschok, dass die Kommunen Fortbildungen
       anbieten: „Es ist wichtig, mehr deeskalative und emotionale Strategien zu
       vermitteln“.
       
       14 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bund-Laender-Gipfel-zur-Coronalage/!5719765
   DIR [2] /Wachschuetzer-in-Berlin/!5280311
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christina Gutsmiedl
       
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