# taz.de -- Rechtsextremismus in der Slowakei: Haftstrafe für Kotleba
> Der Abgeordnete Marián Kotleba wird wegen Nazipropaganda zu vier Jahren
> und vier Monaten Gefängnis verurteilt. Er will in Berufung gehen.
IMG Bild: Muss wegen Nazipropaganda ins Gefängnis, der rechte Parlamentsabgeordnete Marián Kotleba
Prag taz | Noch vor einem Jahr galt Marián Kotleba als das Schreckgespenst
der slowakischen Politik. Der 43-Jährige bildet zusammen mit weiteren 16
Abgeordneten seiner ultranationalistischen, rechtsextremen Volkspartei
Unsere Slowakei (ĽSNS) – die Selbstbezeichnung lautet – „Kotlebianer“, den
rechten Rand im 150-köpfigen Nationalrat.
Seinen Platz auf der Hinterbank im Parlament an der Donau wird Kotleba nun
womöglich gegen eine Gefängnispritsche hinter den Bergen eintauschen
müssen: Am Montag dieser Woche verurteilte das Spezialgericht in Pezinok
den Abgeordneten Kotleba zu einer Gefängnisstrafe von vier Jahren und vier
Monaten.
Richterin Růžena Szabová, die Anfang September mit einem Freispruch im
Prozess um den Mord an dem Journalisten [1][Ján Kuciak] und dessen
Verlobter für Aufsehen gesorgt hatte, befand Kotleba der Nazipropaganda für
schuldig.
Zur Feier des Jahrestages der „Vereinigung“ der Slowakei mit
Nazideutschland, wie die „Kotlebianer die endgültige Zerschlagung der
Tschechoslowakei 1939 nennen, hatte Kotleba am 14. März 2017 öffentlich und
mit breitem Grinsen, jeweils Schecks in Höhe von 1.488 Euro an drei
bedürftige Familien verteilt.
## Verborgene Nachricht
Hinter dieser Zahl, so fand das Gericht, verberge sich die Nachricht: „Wir
müssen die Existenz unseres Volkes und eine Zukunft für die weißen Kinder
sichern. Heil Hitler.“ Die 88 ist klar, die 14 steht als Code für die
zitierten 14 Wörter des US-Neonazis David Lane, die als Glaubensbekenntnis
von Nazis und Rassisten weltweit gelten.
„Das ist ein politisches Urteil“, ereiferte sich Kotleba und kündigte
sofort nach Urteilsverkündung an, in Berufung zu gehen. Das Gericht habe
alle seine Argumente ignoriert.
In seiner fast achtstündigen Rede vor Gericht wusch Kotleba seine Hände in
Unschuld. Eine Summe von 1.488 Euro sei völlig geläufig, außerdem habe das
Gericht diese Summe in zwei verschiedene Zahlen aufgeteilt und überhaupt
sei das alles Zufall. Die ganze Klage sei konstruiert, schimpfte Kotleba.
Mit einer Gefängnisstrafe habe er nicht gerechnet, eher mit einem
Freispruch, gab Kotleba nach dem Prozess zu.
Ob das Urteil demnächst rechtskräftig wird, muss erst noch das höchste
Gericht entscheiden. Falls ja, dann könnten drei Mal 1.488 Euro Kotleba 52
Monate seines Lebens und sein Mandat im Nationalrat kosten.
Für die Slowakei sei das Urteil unbezahlbar, meint Staatsanwalt Tomáš Honz:
„Der Schuldspruch zeigt, dass [2][die slowakische Justiz] auf der Seite der
Opfer von Extremismus, Gewalt, Rassenhass, Faschismus und Neonazismus
steht.“
13 Oct 2020
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## AUTOREN
DIR Alexandra Mostyn
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