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       # taz.de -- Reform der Straßenverkehrsordnung: Bundesrat ringt um Raser-Strafen
       
       > Das Saarland will höhere Strafen für Raser, aber nicht so hohe wie einst
       > vorgesehen. SPD, Grüne und Linkspartei stimmen zu, Union und FDP nicht.
       
   IMG Bild: Blitzsäule an einer Ampelkreuzung in Nürnberg
       
       Berlin taz | In den Streit um die [1][Reform der Straßenverkehrsordnung]
       (StVO) kommt Bewegung. Der Verkehrsausschuss des Bundesrats hat am Mittwoch
       mit der denkbar knappsten Mehrheit von neun zu sieben Stimmen ein
       Kompromisspapier der saarländischen Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD)
       verabschiedet. Allerdings: In dem Ausschuss haben alle Landesminister eine
       Stimme, im Bundesrat hängen die Stimmen der einzelnen Länder von deren
       Größe ab. Die Verkehrsminister von Union und FDP lehnten den Vorschlag ab.
       
       „Alle eint das Ziel, Raser härter zu bestrafen und Radfahrerinnen und
       Radfahrer besser zu schützen“, sagte Rehlinger, die zurzeit Vorsitzende der
       Verkehrsministerkonferenz der Länder ist. Alle Seiten müssten aufeinander
       zugehen. Ihr Vorschlag sieht vor, dass RaserInnen nicht so schnell den
       Führerschein abgeben müssen wie ursprünglich in der Novelle der StVO
       vorgesehen. Die hatte der Bundesrat im Februar verabschiedet und
       Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im April in Kraft gesetzt.
       Damit sollten Radfahrende und FußgängerInnen unter anderem durch höhere
       Strafen für Verkehrsverstöße von AutofahrerInnen besser geschützt werden.
       Wegen eines Formfehlers des Bundesverkehrsministeriums ist die Novelle aber
       [2][von den Ländern außer Kraft gesetzt worden].
       
       Jetzt muss die Verordnung vom Bundesrat erneut verabschiedet werden. Die
       Union will das nutzen, um die härteren Regeln für RaserInnen in der Fassung
       vom Februar aufzuweichen. Ursprünglich sollten Autofahrende den
       Führerschein abgeben müssen, wenn sie innerorts 21 Stundenkilometer oder
       außerorts 26 Kilometer mehr als erlaubt fahren. Bislang gibt es ein
       Fahrverbot für TemposünderInnen, die in Orten 31 Stundenkilometer und
       außerhalb 41 Stundenkilometer zu schnell fahren.
       
       Rehlinger schlägt vor, dass die Grenzen für den Führerscheinentzug auf eine
       Überschreitung auf 26 Stundenkilometer innerorts und 36 Stundenkilometer
       außerorts festgelegt werden. Gleichzeitig sollen die Bußgelder für
       Tempoüberschreitungen „im Interesse der Verkehrssicherheit an das Niveau
       vieler europäischer Nachbarstaaten angenähert und nahezu verdoppelt“
       werden, heißt es in dem Beschluss.
       
       ## Scheuer muss zustimmen
       
       Der Vorschlag sieht außerdem eine [3][Klarstellung zu den sogenannten
       Pop-up-Radwegen] vor, temporären Radstreifen, die in der Coronakrise in
       etlichen Städten geschaffen wurden. Hier soll die Hürde wegfallen, dass die
       Kommunen eine besondere Gefährdung von Radfahrenden nachweisen müssen, wenn
       sie solche Streifen einrichten.
       
       Offen ist, wie die Abstimmung am 6. November im Bundesrat ausgeht.
       Möglicherweise werden aus dem Lager der von der Union mitregierten Länder
       mindestens Baden-Württemberg und Hessen für den Vorschlag stimmen, hieß es
       aus dem Umfeld der Verkehrsministerkonferenz. Auch wenn der Bundesrat für
       den Kompromissvorschlag stimmt, kann die Novelle nur in Kraft treten, wenn
       Bundesverkehrsminister Scheuer das veranlasst.
       
       21 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
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