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       # taz.de -- Kim Kardashians Party auf Privatinsel: Lasst sie doch feiern
       
       > Influencerin Kim Kardashian feiert mit ihren Lieben Geburtstag auf einer
       > Privatinsel. Vor uns muss sie sich deswegen nicht schämen.
       
   IMG Bild: Kim Kardasian hat ein glänzendes, geradezu provozierendes Selbstbewusstsein
       
       Wer in der Münchner Alten Pinakothek [1][auf das Bild „Das Frühstück“
       stößt], sieht zunächst eine Genreszene: Einer wunderschönen jungen Dame mit
       Dekolleté und sorgsam gelegtem Haar wird die Morgenschokolade serviert. In
       dem Mitte des 18. Jahrhunderts entstandenen Pastell nimmt sie zwei Drittel
       des Raumes ein; und wenn wir ihre Haltung beschreiben wollten, so müssten
       wir ihr ein glänzendes, ja provozierendes Selbstbewusstsein bescheinigen.
       
       Wem gegenüber aber äußert sie es? Nicht uns. Ganz am linken Rand steht ein
       noch mal jüngeres Mädchen, die Dienerin, die der Dame aufwartet. Ihr Haar
       steckt unter einer Haube, ihre Brust ist bedeckt, der Blick ist fest nach
       unten gerichtet. Sie ist es, der die Machtdemonstration der Befrühstückten
       gilt. Sie, deren Mund zusammengepresst ist und deren kleine Hände das
       Tablett umklammern.
       
       Als der Maler der Szene, der Schweizer Jean Étienne Liotard, 1789 starb,
       waren es solche Dienerinnen, die den Damen der Aristokratie die Schokolade
       ins Gesicht kippten und die begeistert aufschrien, wenn die Henker an der
       Guillotine die abgeschlagenen Aristokratinnenköpfe in die Höhe hielten.
       
       Betrachten wir heute [2][auf Twitter die arkadischen Bilder] der feiernden
       Kardashians anlässlich des 40. Geburtstags von Kim Kardashian West auf
       einer Privatinsel, dann haben wir solche Gefühle nicht. „Get rich or die
       trying“ ist uns als lebenspraktische Maxime schon so weit in Fleisch und
       Blut übergegangen, dass nicht mal härteste Fakten uns mehr in die Untiefen
       des Klassenhasses stürzen können.
       
       „Die Milliardäre der Welt haben sich während der Coronavirus-Pandemie
       extrem gut geschlagen und ihr ohnehin schon riesiges Vermögen um ein
       Viertel auf ein Rekordhoch von 10,2 Billionen US-Dollar gesteigert“,
       [3][fasst der Guardian eine Erhebung der Schweizer UBS-Bank zusammen]. Und
       die Vermögensungleichheit in den USA, liest man, [4][sei größer als die
       zu Zeiten der Revolution in Frankreich 1789.]
       
       Lasst sie doch feiern, die Kim Kardashian – sie hat eh nicht so richtig
       viel, [5][nur 750 Millionen Dollar –,] wir müssen uns im Hamsterkauf
       [6][die letzte Hefe für den Butterzopf bei Lidl sichern]. Was ansteht zur
       Krisenbewältigung ist doch, [7][mit dem Journalisten Paul Mason
       gesprochen], eher die „klassische Allianz der Elite mit dem Mob“. Was genau
       davon die Kardashians bereits topaktuell verkörpern, müssen andere
       beurteilen – vielleicht ja diejenigen, die ihnen, natürlich mit Maske, das
       Frühstück servieren.
       
       28 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.sammlung.pinakothek.de/en/artwork/ZMLJkpqGJv/jean-etienne-liotard/das-fruehstueck
   DIR [2] https://twitter.com/KimKardashian/status/1321151192165134344?s=20
   DIR [3] https://www.theguardian.com/business/2020/oct/07/covid-19-crisis-boosts-the-fortunes-of-worlds-billionaires
   DIR [4] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1140594.reichtum-die-zwoelf-reichsten-us-amerikaner-besitzen-nun-eine-billion-dollar.html
   DIR [5] https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2020/oct/21/kim-kardashian-west-at-40-how-the-queen-of-social-media-changed-the-world
   DIR [6] /Armutsforscher-zu-Folgen-von-Corona/!5722689
   DIR [7] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/nietzsche-regiert-im-silicon-valley-interview-mit-paul-mason-16283615.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ambros Waibel
       
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