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       # taz.de -- Chinas Wirtschaft erholt: Zurück auf Vor-Corona-Niveau
       
       > China war von der Corona-Krise zunächst hart getroffen. Nun meldet Peking
       > fast fünf Prozent Wachstum. Grund sind effektive Gegenmaßnahmen.
       
   IMG Bild: Im Berufsverkehr in Peking am Montag: Die Masken sitzen locker
       
       Peking taz | In Pekings Innenstadt zeigt sich dieser Tage auf geradezu
       beeindruckende Weise die neue chinesische Normalität: Dutzende Bagger und
       Kräne werkeln auf dem Gelände des alten Arbeiterstadions, um eine
       hochmoderne Fußballstätte für die Asienmeisterschaften 2023 aus dem Boden
       zu stampfen. Nur einen Steinwurf entfernt strömen Kunden in den weltweit
       größten Adidas-Flagship-Store. Und mittendrin lärmt der Wochentagsverkehr
       in der 12-Millionen-Metropole wie eh und je.
       
       Der Eindruck einer brummenden Wirtschaft wird auch von den am Montag von
       der Regierung publizierten Quartalszahlen untermauert: Gut ein halbes Jahr
       nach den massiven Lockdowns in der Volksrepublik ist die Wirtschaft im
       dritten Quartal um satte 4,9 Prozent gewachsen – und befindet sich damit
       wieder auf Vorkrisenniveau. Rechnet man den nahezu vollständigen Stillstand
       vom Frühjahr mit ein, so ist das Bruttoinlandsprodukt in den letzten neun
       Monaten dennoch bereits um 0,7 Prozent gestiegen. Chinas Erholung habe sich
       ausgeweitet und sei mittlerweile weniger auf Investitionsstimuli
       angewiesen, heißt es in einer ersten Analyse der
       Wirtschaftsforschungsberatung Capital Economics mit Sitz in London.
       
       Jegliche Parameter zeigen eine V-förmige Erholung: Die Exporte haben im
       September im Jahresvergleich um 9,9 Prozent angezogen, die Importe gar um
       13,2 Prozent. Verkäufe im Einzelhandel stiegen um 3,3 Prozent, die
       Industrieproduktion um knapp 6 Prozent. Laut aktuellen Schätzungen des
       Internationalen Währungsfond (IWF) wird China damit als einzige
       Volkswirtschaft weltweit im laufenden Kalenderjahr mit 1,9 Prozent ein Plus
       verbuchen können. Zum Vergleich: Die Eurozone wird laut IWF um 4,3 Prozent
       schrumpfen, Deutschland gar um 6 Prozent.
       
       Dieser ökonomische Erfolg inmitten der Coronakrise lässt sich nur durch die
       zuvor getroffenen epidemiologischen Maßnahmen verstehen: Als eines der
       wenigsten Länder hat China das Infektionsgeschehen seit Monaten auf nahezu
       null gedrosselt. Doch im Vergleich zu Taiwan oder Neuseeland, die die
       Pandemie derzeit ebenfalls gut im Griff haben, verfügt die Volksrepublik
       über einen sich zunehmend selbst erhaltenden Markt von knapp 1,4 Milliarden
       Menschen. Damit ist China weitaus weniger anfällig für die Einbrüche des
       internationalen Handels.
       
       Zu Beginn des Jahres, als das Coronavirus noch unkontrolliert in der
       Provinz Hubei wütete, implementierten die Behörden die weltweit wohl
       [1][drakonischsten Lockdowns], welche die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung
       zutiefst beschnitten. Durch den nahezu vollständigen Stillstand des Lebens
       gelang es der Regierung, die exponentielle Pandemiekurve [2][de facto auf
       null zu bringen]. Gleichzeitig schloss das Land seine Grenzen für
       ausländische Staatsbürger und verhängte strenge Quarantänemaßnahmen für im
       Ausland gestrandete Menschen mit festem Wohnsitz in China.
       
       ## Sogar der Tourismus hat sich erholt
       
       Dementsprechend historisch fiel der Wirtschaftseinbruch im ersten Quartal
       aus: Um 6,8 Prozent schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt laut offiziellen
       Zahlen, so stark wie zuletzt gegen Ende der Kulturrevolution. Während die
       an die neue Situation angepasste Industrieproduktion bereits seit Monaten
       auf Normalniveau läuft, zog der Binnenkonsum erst im Spätsommer wieder an.
       Seither hat sich sogar der Tourismussektor erholt.
       
       Während vor allem in Peking nach wie vor viele Bürger freiwillig Masken
       tragen, schwindet vielerorts die Coronadisziplin. In Supermärkten wird die
       Maskenpflicht nicht mehr so ernst genommen, und immer weniger Menschen
       checken per QR-Code ein, wenn sie Bars besuchen.
       
       19 Oct 2020
       
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