URI: 
       # taz.de -- Derby zwischen dem HSV und St. Pauli: Schale Stadtmeisterschaft
       
       > In Zeiten der Corona-Einschränkungen ist das Hamburger Derby keines.
       > Dabei folgt das Spiel der perfekten Dramaturgie für ein Duell ewiger
       > Rivalen.
       
   IMG Bild: Fast wie m richtigen Derby: Moritz Heyer (unten) und Daniel-Kofi Kyereh (oben) im Kampf um den Ball
       
       Hamburg taz | Ein Derby, das ist wohlig-schauriges Kribbeln, das in den
       Wochen davor ganz allmählich die Stadt erfasst. Ja, mitunter auch Leute,
       die mit Fußball gar nichts am Hut haben, das ist ja das Besondere. Da
       werden Polizeieinsatzkonzepte und Formkurven diskutiert, Flaggen
       rausgehängt, Fankneipen überfallen, je nach Lage Giftpfeile über den
       Boulevard geschickt oder der Frieden in der Stadt beschworen.
       
       Der Tag beginnt mit einem Fanmarsch in die eine oder andere Richtung,
       Reiterstaffel, Böller, Alkoholverbot. [1][Im Stadion] gibt’s dann aus
       tausenden Kehlen die schönsten Beleidigungen für die jeweils andere Seite –
       und die blödsten, die auch. Das Spiel ist hitzig, es geht rauf und runter.
       Am Ende ist manchmal ein neuer Held geboren, oder es gibt Tränen.
       
       Gemessen an alldem ist es gar kein [2][richtiges Derby] am Freitagabend in
       Hamburg. Es ist ein ganz normales Zweitligaspiel zwischen dem HSV und dem
       FC St. Pauli, zwei Clubs, die zufällig beide in Hamburg ansässig sind, und
       das im Wesentlichen im Fernsehen stattfindet (wo eigentlich?).
       
       Zehn Minuten vor Anpfiff kann man gemütlich mit dem Auto anreisen. Drinnen
       verlieren sich 1.000 HSV-Fans. Im unbarmherzigen Beton hört man genau, wie
       sie sich, das muss man leider so sagen, zum Affen machen. Sie krakeelen,
       meckern, kreischen, es klingt mehr nach Hagenbeck als nach
       Volksparkstadion. Nichts von jenem herzerwärmend sonoren, kollektiven
       Gebrüll einer Nordkurve ohne Pandemie.
       
       ## Jubelsturm zum leeren Block
       
       Wenn sie pflichtschuldig „Scheiß St. Pauli“ piepsen, ist da niemand, den
       das aufregen könnte. Die bedauernswerten neuen Stadionsprecher*innen beim
       HSV, die versuchen, Stimmung zu machen wie immer, verhalten sich bei dieser
       Kulisse zu ihrem reibeisigen Vorgänger Lotto King Karl wie ein Kinderchor
       zu – Lotto King Karl.
       
       Fußball wird auch gespielt. Am Ende steht es 2:2 und alle sind ein bisschen
       mehr zufrieden als unzufrieden. Der HSV, obwohl er die ersten Punkte der
       Saison liegenlässt. Aber er bleibt in der Tabelle einsame Spitze. Und, noch
       wichtiger, er hat, nach zwei Niederlagen in der Vorsaison, ein regelrechtes
       Derby-Trauma abgewendet. Hätte man damals jeweils gewonnen, spielte der HSV
       nun in der Ersten Liga.
       
       Bei St. Pauli kann man sich weiterhin „Stadtmeister“ nennen, trauert aber
       ein wenig jenen zwei Minuten hinterher, in denen dieser Status sich zu
       zementieren schien: St. Paulis neuer Sturm-Hüne Simon Makienok, der schon
       das 1:1 vorgelegt hat, bringt seinen Club nach 82 Minuten in Führung und
       stürmt jubelnd auf den Block zu, in dem die St.-Pauli-Fans fehlen. Doch
       zwei Minuten später gleicht HSV-Topzugang [3][Simon Terodde] mit seinem
       zweiten Treffer aus.
       
       Mit ihren Offensiv-Transfers liegen beide Clubs trotz knapper Budgets nicht
       schlecht, auch wenn der HSV vielleicht schon ein bisschen zu abhängig von
       Terodde ist: Der hat mit acht Treffern mehr als die Hälfte aller HSV-Tore
       erzielt. Mit Makienok hat nun schon der vierte der fünf neuen
       St.-Pauli-Offensivspieler getroffen. Welches Modell auf die Dauer mehr
       Erfolg verspricht, wird man beim nächsten Derby wissen. Hoffentlich einem
       richtigen.
       
       1 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /HSV-zerlegt-den-FC-St-Pauli-mit-40/!5576312
   DIR [2] /Derbywochenende-in-Hamburg/!5663112
   DIR [3] /Kolumne-Helden-der-Bewegung/!5395086
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Kahlcke
       
       ## TAGS
       
   DIR FC St. Pauli
   DIR Fußball
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR 2. Bundesliga
   DIR HSV
   DIR Derby
   DIR HSV
   DIR 2. Bundesliga
   DIR Fußball-Bundesliga
   DIR Fußball
   DIR Fußball-Bundesliga
   DIR 2. Bundesliga
   DIR FC St. Pauli
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR FC St. Pauli schlägt HSV im Derby: Feuerwerk und Freudentanz
       
       Der FC St. Pauli gewinnt das Hamburger Derby mit 1:0 und darf sich weiter
       Stadtmeister nennen. Der HSV zeigt im Aufstiegskampf wieder einmal Nerven.
       
   DIR Vor dem Zweitliga-Duell in Hamburg: Derby ohne Derbystimmung
       
       Das 103. Spiel zwischen dem FC St. Pauli und dem HSV findet ohne
       Zuschauer*innen statt. Und der HSV gilt nicht als Favorit.
       
   DIR Traditions-Duell Braunschweig gegen HSV: Harte Landung für die Eintracht
       
       Zwei Traditionsclubs in der Zweiten Liga: Nur kurz konnte Aufsteiger
       Eintracht Braunschweig dem Herbstmeister HSV Paroli bieten.
       
   DIR Heimniederlage für den FC St. Pauli: Euphorische Talfahrt
       
       Neuanfang einstweilen gescheitert: Nach einer 0:3-Klatsche gegen Fortuna
       Düsseldorf findet sich der FC St. Pauli tief im Zweitliga-Keller wieder.
       
   DIR Bundesliga in Zeiten der Bayern-Dominanz: Der Trend geht zur Zweiten Liga
       
       HSV und Schalke machen vor: Es ist besser, Teil einer starken Liga zu sein,
       als immer gegen diesen einen übermächtigen Klub zu verlieren.
       
   DIR Neuer Trainer beim HSV: Zum Erfolg verdammt
       
       Auf dem neuen Trainer des HSV lasten hohe Erwartungen. Auch Rivale FC St.
       Pauli war scharf auf Daniel Thioune.
       
   DIR HSV zerlegt den FC St. Pauli mit 4:0: Derby unter Feuer
       
       In einem Stadtderby, das mehrfach vor dem Abbruch steht, demontiert der HSV
       den FC St. Pauli. Das bedeutet auch eine Vorentscheidung im Aufstiegskampf.