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       # taz.de -- Wahlbeteiligung in USA auf Rekordkurs: 36 Millionen haben schon gewählt
       
       > Viele Menschen wählen in den USA per Brief. Am Wahlabend dürfte deshalb
       > noch nicht klar sein, ob Trump oder Biden gewonnen hat.
       
   IMG Bild: Ashley Nealy aus Atlanta ist eine von 36 Millionen, die ihre Stimme bereits abgegeben haben
       
       Washington taz | Das Duell zwischen Präsident Donald Trump und seinem
       demokratischen Herausforderer Joe Biden könnte noch vor dem offiziellen
       Wahltag in knapp zwei Wochen für einen neuen Rekord sorgen. Wie eine erste
       Analyse zur Wahlbeteiligung in den verschiedenen Bundesstaaten gezeigt hat,
       haben bereits mindestens 35,9 Millionen US-Bürger die Möglichkeit zur
       vorzeitigen Stimmabgabe wahrgenommen.
       
       Vor vier Jahren stimmten rund 47 Millionen Amerikaner bereits vor dem
       offiziellen Wahltermin ab. Die knapp 36 Millionen Stimmen entsprechen jetzt
       schon mehr als einem Viertel (25,9 Prozent) aller Stimmen aus dem Jahr
       2016. Dies bestätigte Professor Michael McDonald von der University of
       Florida, der die [1][Daten zur aktuellen Wahlbeteiligung] sammelt und
       aufbereitet.
       
       Der Anstieg dürfte jedoch weniger mit den beiden Kandidaten zu haben und
       viel mehr mit der Ausweitung des Briefwahlverfahrens sowie der Verlängerung
       des “Early Voting“-Zeitraums aufgrund der anhaltenden Coronapandemie.
       
       Wichtige “Battleground States“ wie Wisconsin, Arizona und Iowa haben ihr
       jeweiliges Briefwahlsystem in diesem Jahr deutlich erweitert, indem sie die
       Teilnahme vereinfacht haben. Den Menschen im kleinen Ostküstenstaat New
       Hampshire ist erstmals überhaupt eine Briefwahl erlaubt.
       
       ## Auch mehr „Early Voting“
       
       Auch das Angebot der vorzeitigen Stimmabgabe, “Early Voting“ genannt,
       nutzen in diesem Jahr mehr Amerikaner. Als die ersten Wahllokale bereits
       letzte Woche im Bundesstaat Georgia öffneten, gab es lange Schlangen.
       
       Die Buchautorin und Professorin der Roy University Alexis Henshaw
       [2][berichtete] auf ihrem Twitter-Kanal von einer Wartezeit von sogar neun
       Stunden, vier Minuten und 45 Sekunden.
       
       Ähnliche Szenen gab es in Texas und Virginia. Trotz der gestiegenen
       Wahlbeteiligung ist momentan davon auszugehen, dass am Wahlabend am 3.
       November noch kein Gewinner ermittelt werden kann. Der Grund ist die
       Ausweitung des Briefwahlverfahrens in vielen Teilen des Landes.
       
       In einigen Bundesstaaten kam es deshalb schon während der Vorwahlen
       (Primaries) zu Verzögerungen von einer Woche und mehr bei der Auszählung.
       Nur bei einem Erdrutsch-Sieg könnte der Wahlsieger schon in der Wahlnacht
       feststehen. Da dies jedoch als äußerst unwahrscheinlich gilt, könnte diese
       Wahl zur Geduldsprobe werden.
       
       ## „Eine Wahl, die wir so noch nie erlebt haben“
       
       “Wir müssen uns mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit darauf vorbereiten, dass
       die korrekte und seriöse Auswertung einer Wahl, die wir so noch nie zuvor
       erlebt haben, etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen wird“, sagte David Becker,
       der Direktor und Gründer des Center for Election Innovation & Research, dem
       Wall Street Journal.
       
       Mit einer Wiederholung des Wahldramas im Jahr 2000, als der Oberste
       Gerichtshof den Republikaner George W. Bush zum Wahlsieger erklärte, ist
       aber nicht zu rechnen. Derzeit geht die größte Gefahr für die Integrität
       der diesjährigen Wahl von Trump selbst aus. Der übt seit Monaten heftige
       Kritik am Briefwahlsystem, indem er behauptet, es wäre ein Nährboden für
       großangelegte Manipulation.
       
       Beweis für diese Behauptung hat Trump nicht. “Was Trump hier treibt, ist
       unglaublich gefährlich“, sagte der Wahlrechtsexperte und Professor der
       Hamline University David Schultz bei „ABC News“. Der Präsident versuche die
       Rechtmäßigkeit der Wahlen anzuzweifeln, erklärte Schultz. “Sollte er im
       November verlieren, kann er sagen: ‚Ich habe nicht wirklich verloren [...],
       sondern aufgrund von Wahlbetrug‘.“
       
       ## Trump-Berater schieben sich schon Schuld für Niederlage zu
       
       Dass Trump und sein Team am erneuten Wahlsieg zu zweifeln beginnen,
       bestätigen jüngste Medienberichte. Laut Axios schieben sich Trumps Berater
       die Schuld für eine potenzielle Niederlage bereits gegenseitig zu. “Vieles
       liegt am Präsidenten selbst“, erklärte ein Berater. “Du kannst einem
       Patienten, der die Diagnose nicht wahrhaben will, nicht helfen.“
       
       Trump selbst versucht mit Auftritten in wichtigen Battleground States das
       Blatt doch noch zu wenden. In einer 54-minütigen Wahlkampfrede auf einem
       Flughafengelände in Erie, Pennsylvania, kritisierte der 74-Jährige am
       Dienstagabend die Pläne seines drei Jahre älteren Kontrahenten. “Es ist
       eine Wahl zwischen unserem Plan, das Virus zu vernichten, oder Bidens Plan,
       den amerikanischen Traum zu vernichten“, sagte Trump vor Tausenden von
       Anhängern.
       
       Mit bekannten Themen wie Grenzsicherheit, Krankenversicherung, Wirtschaft
       und Coronakrise versuchte Trump erneut zu punkten. In den jüngsten Umfragen
       liegt er weiter mehr als 10 Punkte hinter seinem Rivalen. Bidens Vorsprung
       auf nationaler Ebene beträgt dem Umfrageportal FiveThirtyEight zufolge
       aktuell 10,3 Prozentpunkte (52,2 zu 41,9 Prozent).
       
       Am Donnerstagabend treffen Trump und Biden in der letzten TV-Debatte noch
       einmal aufeinander.
       
       21 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://electproject.github.io/Early-Vote-2020G/index.html
   DIR [2] https://www.wbur.org/hereandnow/2020/10/16/georgia-early-voters
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hansjürgen Mai
       
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