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       # taz.de -- Museumsleitende über Kunstattacke in Berlin: „Objekte nicht hinter Glas sperren“
       
       > Auf der Museumsinsel konnten am 3. Oktober über 60 Kunstwerke beschädigt
       > werden. Was ist los mit der Museumssicherheit?
       
   IMG Bild: Spuren der Sachbeschädigungen an einem Sarkophag des Propheten Ahmose im Neuen Museum
       
       taz: Das Medieninteresse war sehr groß, nachdem die [1][Attacke auf die
       Kunst] bekannt wurde. Gibt es einen besonderen Grund?
       
       Christina Haak:Wir sind eben hier in Berlin der größte deutsche
       Museumskomplex. Dazu kommt die große Zahl der Objekte. Die große Frage
       bleibt aber das Warum, dass zurzeit noch gänzlich unklar ist.
       
       Hans-Jürgen Harras:Es wurde öffentliches Gut beschädigt und da entsteht
       eine allgemeine Betroffenheit. Auch werden solange man keinen Täter hat,
       Schuldige gebraucht. Dadurch wird auf uns gezeigt.
       
       Hätte denn der [2][entstandene Schaden] durch ein anderes
       Sicherheitskonzept verhindert werden können? 
       
       Hans-Jürgen Harras:Ja. Wenn wir alle Objekte hinter Glas in die Vitrine
       stellen oder wenn wir den Besucher nur noch in virtuellen Video-Kabinen
       sitzen lassen. Wir müssten unser kuratorisch-ethisches Museumskonzept
       aufgegeben und den Besucher vom Exponat völlig abgrenzen. Aber das ist auch
       international nicht üblich.
       
       Sind die Schäden womöglich nicht mehr reversibel? 
       
       Christina Haak: Viele Objekte sind aus Stein, Granit oder Alabaster, aber
       auch Rahmen von Gemälden. Die Erste-Hilfe-Leistungen unseres
       Restauratoren-Teams haben sehr schnell feststellen können, dass es sich an
       allen Stellen um ein und die selbe Flüssigkeit handelt, mit der die Objekte
       bespritzt wurden. Wir verzeichnen bereits Fortschritte dabei, die
       Flüssigkeit aus verschiedenen Objekten mit porösen Oberflächen heraus zu
       ziehen. Wir werden tatsächlich jetzt auf 63 Patienten auch 63
       unterschiedliche Therapien aufsetzen müssen. Abschließend lässt sich das
       aber nur durch Tests und Analysen bei einer Langzeitwirkung beurteilen, ob
       am Ende Rückstände bleiben. Sichtbare Retuschen sind hier erstmal kein
       Thema.
       
       Im Juli hat ein Unbekannter bereits etwa 50 Objekte im Kreismuseum
       Wewelsburg mit einer ölhaltigen Flüssigkeit beschädigt. Hätte man daraus
       lernen können? 
       
       Hans-Jürgen Harras: Wir haben erst nach dem Schadensereignis davon
       erfahren. Aber auch das hätte uns wahrscheinlich nicht dazu veranlasst,
       alle Objekte hinter Glas zu sperren. Millionen von Besuchern können so die
       Aura des Objekts spüren und nur weil es ein paar sogenannte Spinner gibt,
       können wir nicht den Anderen den Zugang verwehren.
       
       Gibt es Plattformen, auf der Sie sich auf Führungsebene mit anderen Museen
       für ein besseres Know-how austauschen? 
       
       Hans-Jürgen Harras:Wir informieren uns informel und im geschlossenen Kreis
       über Plattformen des Museums-Bundes oder auf internationaler Ebene des
       Internationalen Commiteés für Museumssicherheit (ICMS) immer wieder zu
       neuen Gefährdungslagen. Letztlich bleibt ein Sicherheitskonzept aber
       Risikomanagement und ist kein Null-Toleranz-Konzept. Ein Restrisiko
       verbleibt also immer.
       
       Hätte man mit mehr Geld in der Vergangenheit bereits Wege beschreiten
       können, um das Restrisiko für solche Anschläge noch weiter zu minimieren? 
       
       Christina Haak: Durch mehr Personal? Im Bereich der Aufsichten befinden wir
       uns ja bereits im unteren Lohnsektor.
       
       Hans-Jürgen Harras: Bei der technischen Ausstattung lässt sich aufgrund von
       Innovation immer nachrüsten.
       
       Gab es in der Vergangenheit nicht bereits Anlaß zu höheren Ausgaben für das
       Sicherheitskonzept [3][der Museen]? 
       
       Christina Haak: Nach dem [4][Raub der Goldmünze im Bode-Museum] im März
       2017 wurden alle Sicherheitskonzepte der Museen auf den Prüfstand gestellt.
       Die Konzepte, den Optimierungsbedarf und die Kosten haben wir anschließend
       im Stiftungsrat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz unter Vorsitz von
       Frau Grütters vorgestellt und intensiv diskutiert.
       
       Gut unterrichteten Kreise zufolge, wollte Frau Grütters nicht so viel Geld
       ausgeben, oder? 
       
       Christina Haak: Für die Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen haben wir in
       diesem Frühsommer im Rahmen des Paketes „Infrastrukturmaßnahmen“ 1,3 Mio.
       Euro beantragt. Eine Entscheidung steht noch aus. Wie fühlen Sie sich
       dabei?
       
       Christina Haak: Wir können nur mit Vorlagen und Anträgen unterstützen und
       dann kommt der nächste Schritt der möglichen Bewilligung.
       
       Hans-Jürgen Harras: Und unser Erfolg misst sich doch auch daran, dass wenig
       passiert. Vereitelte Diebstähle, Einbrüche und Sachbeschädigungen oder das
       Feuer im Bode-Museum zuletzt, dringen eben meist gar nicht bis an die
       Öffentlichkeit vor.
       
       24 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
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