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       # taz.de -- Kann Hessen die A49 noch stoppen?: Rechtliche Hoffnung für den Danni
       
       > Die hessischen Grünen könnten den Weiterbau der A49 aufschieben oder
       > sogar stoppen. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten im Auftrag von
       > Greenpeace.
       
   IMG Bild: Demonstrantinnen beim Protest in Homberg
       
       Berlin taz | Kann die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen die
       Zerstörung des Dannenröder Walds für den Ausbau der Autobahn 49 doch von
       sich aus verzögern oder gar aussetzen? Dafür spricht zumindest eine
       [1][rechtliche Analyse, die die Umweltorganisation Greenpeace] am Sonnabend
       in Hamburg veröffentlicht hat.
       
       Erstellt hat sie die Juristin Roda Verheyen, die seit vielen Jahren
       versucht, zentrale Fragen zu Klima und Verantwortung vor Gericht zu
       thematisieren. „Das Verkehrsministerium in Hessen kann den Bau und die
       Rodungen im Dannenröder Wald auf rechtlichem Wege noch stoppen“, schreibt
       sie. Denn noch seien wichtige umweltrechtliche Fragen offen, etwa wie sich
       der Bau der Autobahn samt der dafür nötigen Rodung auf die Qualität des
       Grundwassers auswirken.
       
       In Bundestag und Bundesregierung gibt es wie auch im Landtag eine Mehrheit
       für den Autobahnbau, Klagen dagegen wurden abgewiesen, zuletzt vom
       Bundesverwaltungsgericht. Im hessischen Koalitionsvertrag haben die Grünen
       mit der CDU vereinbart, den Bau zu vollenden – in der Annahme, er sei
       sowieso nicht mehr zu verhindern und auch weil der Punkt für die CDU nicht
       verhandelbar war. Die hatte ihren Wähler:innen in der Region seit
       Jahrzehnten den Weiterbau der A49 versprochen, um die Landstraßen und Orte
       vom Lkw-Verkehr zu entlasten.
       
       Innerhalb der Grünen hat das zu Streitigkeiten geführt. Während die Grünen
       im Bund den Weiterbau der A49 für „verkehrspolitisch, umweltpolitisch und
       klimapolitisch falsch“ halten, wie etwa die Vorsitzende Annalena Baerbock
       zuletzt sagte, betont der hessische Umweltminister Tarek Al-Wazir, dass an
       der Vollendung der Autobahn nichts zu ändern sei. Nachdem inzwischen Recht
       geschaffen wurde, könne er sich als Minister nicht aussuchen, was er
       umsetze oder nicht.
       
       ## Aktuell Menschenketten im Wald
       
       Diese Haltung der hessischen Grünen hat die Aktivist:innen schwer
       verärgert, die gegen die mit dem Autobahnbau verbundenen Rodungen
       protestieren. Im Herrenwald und im nahe gelegenen Dannenröder Wald sollen
       auf 85 Hektar Bäume gefällt werden, [2][seit dem 1. Oktober haben die
       Arbeiten gegen heftigen Widerstand von Umweltschützer:innen im Herrenwald
       begonnen], einem europäischen Schutzgebiet mit alten Bäumen und bedrohten
       Arten. Die geplante Trasse durch den Dannenröder Wald verläuft durch ein
       Grundwasserreservoir, das etwa 500.000 Menschen versorgt. Auch am Sonntag
       gab es wieder Aktionen. Nach Angaben der Veranstalter:innen demonstrierten
       mehr als 1.000 Menschen „gegen die Asphaltpolitik von
       Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer“; am Rand des bedrohten Gebietes
       stellte sich eine Menschenkette auf, eine weitere protestierte vor dem
       Verkehrsministerium in Berlin. Wegen der Coronapandemie beschränken sich
       die [3][Aktivisti:innen] derzeit auf Aktionen mit Abstand. Auch bei der
       Polizei sind besorgte Stimmen laut geworden, die darauf drängen, der
       Pandemie stärker Rechnung zu tragen.
       
       Mehr als tausend Menschen haben sich heute schützend vor den Dannenröder
       Wald gestellt. Sie demonstrierten gegen die Asphaltpolitik von
       Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und die Rodung des Dannenröder
       Walds in Hessen für den Weiterbau der A49. Mehrere dezentrale Aktionen
       brachten den Protest vom Waldrand bis in die Hauptstadt: Eine Menschenkette
       lokaler Aktiver stellte sich symbolisch am Waldrand des bedrohten Gebiets
       in Dannenrod auf, um so den Rodungsmaschinen entgegenzutreten. Eine weitere
       Menschenkette vor dem Verkehrsministerium in Berlin machte deutlich, dass
       klimagerechte Verkehrspolitik tatkräftiges Handeln auf Bundesebene braucht.
       
       Die nun im Auftrag von Greenpeace erstellte Analyse könnte ihnen aber
       wieder Rückenwind verschaffen. Denn dort heißt es, die bereits vorliegende
       Baugenehmigung aus dem Jahr 2012, der sogenannte
       Planfeststellungsbeschluss, müsse nicht zwangsläufig umgesetzt, sondern
       könne geändert werden. Ein gutes Argument dafür sei, schreibt Anwältin
       Verheyen, dass in Hessen sowohl 2018 als auch 2020 an mehreren Stellen der
       Trinkwassernotstand ausgerufen worden und „die Grundwasserneubildung
       deutlich zurückgegangen“ sei. Die Auswirkungen des Baus auf Grund- und
       Trinkwasser müssten aufgrund von Trockenheit und Klimawandel also anders
       bewertet werden als damals.
       
       25 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/20201024_gp_rechtliche_optionen_fuer_den_dannenroeder_wald.pdf
   DIR [2] /Widerstand-gegen-Autobahnbau/!5720081&s=danni/
   DIR [3] /Polizeieinsatz-im-Danni/!5720300/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Beate Willms
       
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