# taz.de -- Nach Terroranschlag in Wien: Razzien in Deutschland
> Nach der Tat werden Kontakte des Täters nach Deutschland bekannt.
> Österreichs Innenminister lässt Moschee schließen.
IMG Bild: Razzia in Folge des Terroranschlags in Wien am Freitagmorgen in Osnabrück
Berlin taz | Nach dem [1][islamistischen Anschlag von Wien] überprüfen die
Ermittler das Netzwerk um den Attentäter Kujtim F. Am Freitag ließ die
Bundesanwaltschaft auch in Deutschland die Wohnungen von vier Islamisten
durchsuchen, im Kreis Pinneberg, in Kassel und zwei in Osnabrück. Die 19
bis 25 Jahre alten Betroffenen gelten vorerst nur als Zeugen, nicht als
Beschuldigte.
Der Osnabrücker und der Kasseler sollen Mitte Juli für einige Tage in Wien
gewesen sein und Kujtim F. getroffen haben. Danach standen sie in
Chatkontakt. Das Treffen blieb nicht unbemerkt: Nach taz-Informationen war
das Duo zuletzt im Visier deutscher Sicherheitsbehörden. Auch den
österreichischen Behörden sei dieser Kontakt bekannt gewesen, wie
Polizeipräsident Gerhard Pürstl am Freitag einräumte. Daraus hätten sich
andere Konsequenzen ergeben müssen.
Der zweite Osnabrücker soll zu Kujtim F. nur indirekt über Bekannte Kontakt
gehabt haben. Der Pinneberger, ein laut Spiegel 22-jähriger Gefährder, soll
dagegen noch bis vor Kurzem in Wien gelebt und mit Kujtim F. ebenfalls
Nachrichten ausgetauscht haben. Er sei vor zwei Jahren vom Landgericht zu
einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, weil er mit fünf Mitstreitern
erfolglos versucht hatte, zum sogenannten Islamischen Staat (IS)
auszureisen.
Heikel ist, dass der Pinneberger vor Jahren auch Veranstaltungen des
[2][Predigers Abu Walaa] in Niedersachsen besucht haben soll. Der
inzwischen inhaftierte Prediger galt als Vertreter des IS in Deutschland,
motivierte mehrere junge Islamisten zur Ausreise. Auch der [3][Attentäter
vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri], besuchte seine Seminare.
## Nehammer unter Druck
Das Bundesinnenministerium hatte zuletzt erklärt, dass es keine
Unterstützung [4][des Wiener Attentats durch deutsche Islamisten] gab. Auch
die vier Männer werden vorerst nur wegen ihrer Kontakte zu Kujtim F.
überprüft. Festnahmen erfolgten nicht. Die Ermittler erhoffen sich
Erkenntnisse aus den bei ihnen beschlagnahmten Datenträgern.
Kujtim F. hatte am Montagabend in Wien vier Menschen erschossen und
mindestens 23 verletzt. Er starb bei einem Schusswechsel mit der Polizei.
Der 20-Jährige hatte vor der Tat einen Treueeid auf den IS abgelegt, die
Terrorgruppe bekannte sich später zu der Tat. Die österreichischen Behörden
hatten bereits einen Tag danach [5][14 Personen aus seinem Umfeld
festnehmen lassen]. Auch die Schweizer Polizei hat in der für seine
dschihadistische Szene bekannten Stadt Winterthur einen 18-jährigen und
einen 24-jährigen Schweizer festgenommen.
Geprüft wird weiterhin, warum die österreichischen Behörden nicht
reagierten, als Kujtim F. im Sommer versucht hatte, in der Slowakei
Munition zu kaufen, obwohl die slowakischen Behörden diese Informationen
nach Österreich weitergegeben hatten. Mit den Informationen aus Deutschland
hätte die Bewertung der Gefahr, die vom späteren Attentäter ausging, anders
ausfallen müssen, sagte Polizeidirektor Pürstl. Innenminister Karl Nehammer
(ÖVP) steht daher unter Druck, erste Rücktrittsforderungen der grünen
Koalitionspartner wurden laut.
Personelle Konsequenzen ziehen andere: Der Leiter des Wiener Landesamts für
Verfassungsschutz wurde abberufen. Nehammer kündigte die Schließung einer
Wiener Moschee und eines Vereins an, die zur Radikalisierung des Täters
beigetragen hätten. Die Ermittlungen wegen möglicher internationaler
Netzwerke wolle man vorantreiben.
6 Nov 2020
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