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       # taz.de -- Nach der Wahl in den USA: Wie sich das System Trump zersetzt
       
       > Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt, da wenden sich schon viele
       > RepublikanerInnen vom Präsidenten ab. Wer jetzt wie reagiert, ist
       > zukunftsweisend.
       
   IMG Bild: Menschen weltweit verfolgen die Wahl. Hier auf der Black Lives Matter Plaza in Washington
       
       Washington taz | In Washington kann man spüren, wie die Tektonik der Macht
       dabei ist, sich zu verschieben; nicht nur, was das Oval Office betrifft,
       das nun wohl künftig von einem Demokraten bewohnt wird. Mindestens ebenso
       faszinierend zu beobachten ist die Dynamik rund um den mutmaßlichen
       Wahlverlierer Donald Trump. Während Trump, seine Familie und die engsten
       Getreuen für den „totalen Krieg“ mobilisieren, den Trumps Sohn Donald
       junior am Donnerstag in einem Tweet ausrief, sind in republikanischen
       Kreisen massive Absetzbewegungen zu beobachten.
       
       Wie kein anderer Ort dieser Welt ist Washington auf Effizienz getrimmt.
       Wichtig ist, wer mächtig ist. Der Weg nach oben ist lang und hart, der Weg
       nach unten kurz und härter. Noch ist nicht ausgemacht, was die drohende
       Wahlniederlage für Trumps Zukunft bedeuten wird, wie tief er fällt oder ob
       er die Kontrolle über seine Partei behalten kann. Die Absetzbewegungen aber
       sind schon da.
       
       Die Lager sortieren sich derzeit entlang der Frage, wer auf Fox News und
       Twitter seine Stimme pro Trump erhebt – und wer schweigt. Natürlich hat
       sich der Texaner Ted Cruz weithin sichtbar hinter Trump gestellt, Cruz will
       Trump beerben, Trumps Fans sind dabei seine wichtigste künftige
       Wählergruppe. Der Senator Lindsey Graham hat sogar eine Spende von einer
       halben Million Dollar für den Rechtshilfefonds des Präsidenten angekündigt.
       Und der erzkonservative Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, tritt auf Fox
       auf, als wäre er Mitarbeiter von Trumps Hauptquartier.
       
       ## Die Aura der Macht ist gebrochen
       
       Aber die Liste jener Konservativen, die auffällig unauffällig bleiben, ist
       länger. Sie beginnt bei Mitch McConnell, dem Mehrheitsführer der
       Republikaner im Senat und reicht bis zu diversen Kandidaten für die
       Präsidentschaftswahlen 2024, die nichts und nur Windelweiches von sich
       geben. Die lautesten Kritiker Trumps sind derzeit Republikaner, die nichts
       sagen.
       
       Trump und seinen Leuten ist das natürlich nicht entgangen. „Das völlige
       Fehlen von Aktionen praktisch aller 2024 GOP-Hoffnungsträger ist sehr
       erstaunlich. Sie haben eine perfekte Plattform, um zu zeigen, dass sie
       willig und fähig sind, zu kämpfen, aber sie ducken sich stattdessen vor dem
       Medienmob“, wütete Donald jr.
       
       Und Trumps im Sommer abgetretener Wahlkampfmanager Brad Parscale twitterte:
       „Wenn man 2024 als Republikaner gewinnen möchte, würde ich wahrscheinlich
       mal anfangen, etwas zu sagen.“ Hinzu kommt, dass Trumps Allianz mit dem
       Fernsehsender Fox News nicht mehr so zuverlässig ist wie einst.
       
       Am Donnerstagabend, als Trump zum ersten Mal seit fast 36 Stunden vor die
       Kameras trat, blendeten mehrere TV-Sender ihre Liveübertragung einfach aus.
       In Amerika gleicht das einer Majestätsbeleidigung; Ansprachen des
       Präsidenten, zumal zu zentralen politischen Fragen, werden normalerweise
       selbst von feindlich gesinnten Sendern live übertragen und erst
       anschließend genüsslich seziert. Die Aura der Macht ist gebrochen. Trump
       hat die Ausstrahlung eines Verlierers.
       
       Der größte Schlag kommt von einem ebenso treuen wie mächtigen Unterstützer.
       „Ein niedergeschlagener Donald Trump macht grundlose Wahlbetrugsvorwürfe in
       einer Rede aus dem Weißen Haus“, twittert es vom Account der konservativen
       New York Post, die kurz vor der Wahl noch eine Serie umstrittener
       Skandalgeschichten über Joe Bidens Sohn Hunter veröffentlichte. Andere
       Medien hatten sie abgelehnt. Es wirkt so, als habe Rupert Murdoch, der
       Besitzer der New York Post und von Fox News, beschlossen, Donald Trump
       fallen zu lassen. Und so wird es einsam um den Präsidenten, und das noch
       bevor das offizielle Wahlergebnis da ist.
       
       Es wäre allerdings viel zu früh, das Ende Trumps auszurufen. Bislang hat er
       immer einen Weg gefunden, irgendwie oben zu bleiben. Und vor allem weiß er
       seine treuen Fans hinter sich, die je nach Schätzung ein Drittel aller
       Wählerinnen und Wähler ausmachen.
       
       Die Absetzbewegungen finden in jener Washingtoner Elite statt, die Trump so
       gerne als „Sumpf“ attackiert, sie sind ein Beleg für den Stand seiner
       Ambitionen, aber noch kein Testat dafür, was in den nächsten Tagen
       passiert.
       
       In den vergangenen vier Jahren ist es dem Präsidenten gelungen, die
       republikanische Partei zu einer Partei des Trumpismus umzuformen, die
       Fraktionen im Repräsentantenhaus und im Senat seinem Willen zu unterwerfen.
       Im Weißen Haus, nicht im Kapitol, wurde die republikanische Linie bestimmt.
       Und wer auch immer aus der Linie ausscherte, wurde gnadenlos von Trump
       gebrandmarkt und von der Parteibasis in Stücke gerissen. Trumps Sohn Eric
       warnte am Donnerstag alle Abweichler düster: „Unsere Wähler werden niemals
       vergessen, wer sich jetzt wie ein Schaf verhält.“
       
       6 Nov 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Junge
       
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