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       # taz.de -- Berlin bereit sich auf Impfung vor: Kühle Kalkulation im Senat
       
       > Der Corona-Impfstoff kann kommen: In Berlin sind zunächst sechs
       > Impfzentren geplant. Wer zuerst geimpft wird, ist noch unklar.
       
   IMG Bild: Berlin lagert den Corona-Impfstoff und alle machen mit
       
       Der Senat geht davon aus, mit einem möglichen Corona-Impfstoff in Berlin
       anfangs 20.000 Menschen täglich impfen zu können. Das soll in einer ersten
       Phase in sechs Impfzentren mit je 15 Plätzen geschehen, später in
       Arztpraxen. Die rot-rot-grüne Landesregierung beschloss zudem, das
       Corona-Notkrankenhaus auf dem Messegelände bis Ende Mai offen zu halten.
       Das war am Dienstag nach der Senatssitzung von Gesundheitsstaatssekretär
       Martin Matz (SPD) zu hören – seine Senatorin und Parteifreundin Dilek
       Kalayci hatte sich Samstag in Quarantäne begeben. Matz kündigte außerdem
       bis Jahresende 6 Millionen Schnelltests an.
       
       Den Impfstoff bestellt das Land – anders etwa als die Schnelltests – nicht
       selbst bei den Herstellern. Die Verteilung verläuft stattdessen über die
       Bundesregierung. „Wir bereiten uns jetzt erst mal darauf vor, dass wir in
       der ersten Phase 400.000 Menschen impfen können“, kündigte Matz vor
       Journalisten an. Im weiteren Verlauf des Jahres 2021 sollen es noch
       deutlich mehr sein. Für einen Schutz sind nach seinen Worten zwei Impfungen
       im Abstand von drei Wochen nötig.
       
       Offen ließ der Staatssekretär, für wann der Senat erste Lieferungen
       erwartet. Eine „grobe unverbindliche Zeitstrecke“ habe man der
       Landesregierung genannt, die Matz selbst nicht genauer einordnete. Nach
       Schätzungen der Bundesregierung könnte ein Impfstoff im ersten Quartal 2021
       zur Verfügung stehen, wenn im Zulassungsverfahren nicht noch unerwartete
       Hindernisse auftauchen.
       
       Wie Brandenburg, das die für das Bundesland vorgesehene Impfstoffmenge laut
       Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) zunächst beim
       Zentraldienst der Polizei aufbewahren will, denkt auch der Senat an eine
       zentrale Lagerung. Dafür soll über den landeseigenen Klinik-Konzern
       Vivantes bereits eine Bestellung für Ultra-Tiefkühlschränke unterwegs sein,
       die den Impfstoff auf 80 Grad unter null halten können. Von dort sollen die
       benötigten Dosen an die sechs geplanten Impfzentren gehen, um deren Auswahl
       sich derzeit der Erbauer des Not-Krankenhauses, Albrecht Broemme, kümmert,
       der Exchef des Technischen Hilfswerks.
       
       ## Senat wünscht sich genaue Vorgaben
       
       Laut Matz vermisst der Senat noch genauere Festlegungen, wer zunächst zu
       impfen sei – die fänden sich auch nicht in einem jüngst veröffentlichten
       Papier der Leopoldina, der unabhängigen Nationalen Akademie der
       Wissenschaften. Die hatte demnach empfohlen, dass der Bundestag die Gruppe
       derjenigen festlegen möge, denen man die Impfung zuerst anbietet – eine
       Impfpflicht ist weiter nicht vorgesehen.
       
       Wenn es dazu eine Klärung gibt und man sich etwa auf die Über-75-Jährigen
       festlegt, könnte man laut Matz wie bei einer Wahlbenachrichtung alle
       Betroffenen per Post informieren. Geht es nach einer Vorerkrankung, soll
       die Information über die Krankenkassen erfolgen, die über die nötigen
       Krankendaten verfügen. Matz hoffte darauf, dass sich die Bundesländer auf
       ein einheitliches Vorgehen verständigen.
       
       Im Corona-Notkrankenhaus in den Messehallen 24, 25 und 26 an der
       Jafféstraße sind laut Matz derzeit 84 Betten betriebsbereit. Nach
       ursprünglichen Planungen von Frühjahr soll die Notklinik bis zu 1.000
       Patienten aufnehmen können, wenn die regulären Krankenhäuser keinen Platz
       mehr haben. Die Auslastung der Berliner Intensivbetten änderte sich am
       Dienstag kaum gegenüber dem Vortag und stieg von rund 21,2 auf 21,5
       Prozent. Die Corona-Ampel als Warnsystem des Senats springt auf „Rot“, wenn
       der Wert an drei Tagen hintereinander über 25 liegt.
       
       Was dann geschähe, ließ Matz offen – „ich kann und will künftigen
       Senatssitzungen nicht vorgreifen.“ Er verwies darauf, dass man den
       Krankenhäusern bereits vorgegeben habe, Intensivbetten frei zu halten und
       Operationen zu verschieben.
       
       ## Sechs Millionen Schnelltests
       
       Die von Gesundheitssenatorin Kalayci angekündigten Schnelltests können laut
       Matz auch im Abgeordnetenhaus eingesetzt werden. Nach seinen Worten hat das
       Parlament zwar eine Bevorzugung abgelehnt. Inzwischen stünden aber so viele
       Tests zur Verfügung – aktuell 600.000, bis Jahresende die zehnfache Menge
       –, dass man auch regelmäßig die Abgeordneten testen könne. Erste Empfänger
       der Tests waren laut Matz Pflege- und Obdachloseneinrichtungen sowie die
       Kältehilfe.
       
       10 Nov 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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