URI: 
       # taz.de -- Erneute Proteste in Berlin: Coronaleugner in der Opferrolle
       
       > Querdenken demonstriert gegen Polizeigewalt. Am Sonntag war es bei ihren
       > Protesten zu Rangeleien und insgesamt 50 Festnahmen gekommen.
       
   IMG Bild: Gesundheit!
       
       Berlin taz | „Gefängnisstrafe für Menschen ohne Maske. Fußfesseln für
       Infizierte. Diese Regeln dürfen niemals hinterfragt werden.“ Eine monotone
       Computerstimme in Dauerschleife begleitet die Performance einer Handvoll
       Coronaleugner, die in Maleranzügen und mit umgehängten Schildern mit
       Aufschriften wie „Gehorche!“ roboterhaft ihre Runden drehen. Ein paar Meter
       weiter singt ein Mann zu Klängen eines Keyboards und einer Geige
       Kirchenlieder.
       
       Vor dem ehemaligen Kino Kosmos in der Karl-Marx-Allee sind am
       Montagnachmittag erneut Verschwörungsgläubige und Maskenverweigerer
       zusammengekommen. Bereits am Sonntag hatten zwischen Alexanderplatz und
       Kosmos mehr als 1.500 von ihnen gegen die Coronapolitik und
       Infektionsschutzauflagen demonstriert.
       
       Dass sie einen Tag später erneut an dem Ort zusammenkommen, an dem
       ursprünglich der Weltgesundheitsgipfel internationaler Mediziner tagen
       sollte – der aufgrund der Pandemie jedoch nur digital stattfindet –, hat
       mit ihrer Wahrnehmung der Ereignisse vom Sonntag zu tun.
       
       Polizeigewalt habe es da gegeben, heißt es vonseiten der Veranstalter von
       „Querdenken“. Nach der Auftaktkundgebung am Alex hatten sich die Teilnehmer
       über Absperrversuche der Polizei hinweggesetzt und waren vor das Kosmos
       gezogen. Wiederholt kam es dabei zu Rangeleien.
       
       Die Polizei nahm 50 Personen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz,
       Landfriedensbruchs, tätlichen Angriffs, Widerstands und versuchter
       Gefangenenbefreiung fest und leitete 71 Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen
       Verstoßes gegen die Infektionsschutzverordnung ein. 18 Beamte seien
       verletzt worden, etwa durch einen Biss in die Hand.
       
       ## Verstoß gegen Coronaauflagen
       
       150 Menschen versammelten sich am Montag ohne Masken unter zeitweiser
       Beobachtung eines einzigen Streifenwagens. Damit verstießen sie erneut
       gegen die Coronabestimmungen Berlins, die das Tragen von Masken ab 100
       Personen verbindlich vorsehen. Erst mit zwei Stunden Verspätung rückte
       vermehrt Polizei an und führte einige Maskenverweigerer ab. Zuvor hatte
       eine „Querdenken“-Organisatorin aus Stuttgart ihre Wahrnehmung vom Vortag
       geschildert: „Wir haben versucht, nicht zu kuschen“, gewalttätig sei man
       aber nicht gewesen. Nun müsse man „darüber reden, dass es nicht zum
       Bürgerkrieg kommt“.
       
       Auch ein Redner der „Christen im Widerstand“ redete sich in Rage. Zum 80.
       Geburtstag seiner Mutter hätten sich die Familienmitglieder noch nicht
       einmal die Hand geben können. Es sei „verrückt, die Menschen dazu zu
       bringen, Angst voreinander zu haben“. Das Publikum, überwiegend zwischen 40
       und 60 und der Anzahl der Umarmungen nach untereinander gut bekannt,
       reagierte so bedrückt wie zustimmend.
       
       Am Freitag will „Querdenken“ wieder auflaufen, am Heimathafen Neukölln –
       gegen die Verleihung des Negativpreises „Goldener Aluhut“ für ihre
       Führungsriege. Am 9. November sollen vor Schulen falsche Mund-Nasen-Masken
       verteilt werden. Eine Großdemonstration ist für Silvester angekündigt. Das
       Spektrum hat sich zuletzt radikalisiert: Bei Flashmobs werden Passanten
       drangsaliert. Ein Brandanschlag auf das Gebäude des Robert-Koch-Instituts
       und Beschädigungen an Kunstwerken auf der Museumsinsel könnten auf ihr
       Konto gehen.
       
       26 Oct 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
       ## TAGS
       
   DIR Coronaleugner
   DIR "Querdenken"-Bewegung
   DIR Verschwörungsmythen und Corona
   DIR Verschwörungsmythen und Corona
   DIR Verschwörungsmythen und Corona
   DIR "Querdenken"-Bewegung
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Museumsinsel
   DIR Schwerpunkt AfD in Berlin
   DIR Antisemitismus
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Wegen Gewaltandrohungen im Internet: Durchsuchung bei Attila Hildmann
       
       Der Staatschutz hat die Wohnung des Kochs Attila Hildmann durchsucht und
       mehrere Laptops beschlagnahmt. In Berlin gibt es weitere Coronaproteste.
       
   DIR „Querdenken“-Demo in Leipzig: Und die Polizei guckt zu
       
       Bei Protesten von Coronaleugner:innen in Leipzig wurden Journalist:innen
       angegriffen. Für die Polizei eine „weitestgehend“ friedliche Veranstaltung.
       
   DIR „Querdenken“-Demonstrationen: Keine Maske, dafür Hitlergruß
       
       Mehrere Tausend Menschen demonstrierten am Samstag in Dresden gegen die
       Coronamaßnahmen. Größere Proteste gab es auch in Karlsruhe und
       Braunschweig.
       
   DIR Corona-Auflagen in Berlin: Letzte Warnungen vorm Lockdown
       
       Der Senat diskutiert am Dienstag über schärfere Corona-Auflagen. Eine
       erweiterte Sperrstunde könnte kommen. Schulen kritisieren Krisenmanagement.
       
   DIR Attacken auf die Berliner Museumsinsel: Geht es auch eine Nummer kleiner?
       
       Nach den Anschlägen auf der Museumsinsel spricht der Präsident der Stiftung
       Preußischer Kulturbesitz von einem Angriff auf die Kultur.
       
   DIR AfD Berlin sagt Parteitag ab: Diesmal war’s nicht die Antifa
       
       Erneut musste die AfD ihren Parteitag kurzfristig absagen. Diesmal waren
       Brandschutzauflagen schuld. Bündnisse mobilisieren nun zur Querdenken-Demo.
       
   DIR Antisemitismusbeauftragter über Corona-Leugner: „Kuschelpädagogik bringt nichts“
       
       Tausende wollen am Bodensee gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren. Der
       Südwest-Antisemitismusbeauftragte erklärt, wie sie denken.
       
   DIR Demos gegen Corona-Maßnahmen: Maskenfeinde auf der Theresienwiese
       
       In mehreren deutschen Städten wurde gegen die staatlichen Corona-Regeln
       protestiert. In München musste die Hauptkundgebung unterbrochen werden.