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       # taz.de -- Gegen Coronamaßnahmen in Südeuropa: Randale in ganz Italien
       
       > Im gesamten Land protestieren Menschen gegen die Corona-Einschränkungen.
       > Viele von ihnen friedlich, doch einige sind auf Krawall aus.
       
   IMG Bild: Turin am Montag: Nicht überall verliefen die Proteste gegen die Coronamaßnahmen friedlich
       
       Rom taz | Neapel, Rom, Mailand, Turin, Triest, Lecce, Catania: Eine Welle
       des teils friedlichen, teils gewalttätigen Protests gegen die neuen
       Covid-Restriktionen der Regierung schwappt durch ganz Italien.
       
       Angesichts der rasant steigenden Infektionszahlen unterzeichnete
       Ministerpräsident Giuseppe Conte am Sonntag ein Dekret, das den
       Bürger*innen und Geschäftsleuten weitere Einschränkungen auferlegt. Bars,
       Restaurants und Kneipen müssen schon um 18 Uhr schließen, nur der
       Außer-Haus-Verkauf von Speisen, nicht aber Alkohol, ist gestattet.
       Schließen müssen zudem alle Fitnesscenter, Sport- und Schwimmhallen,
       Vereinstraining ist nur noch im Freien erlaubt. Auch Kinos, Theater und
       Konzertsäle müssen den Betrieb einstellen.
       
       Außerdem hatten die Regionen Kampanien, Lombardei und Latium mit ihren
       Metropolen Neapel, Mailand und Rom [1][schon letzte Woche nächtliche
       Ausgangssperren] von 23 Uhr bis 5 Uhr verhängt. Bereits am Freitag begannen
       deshalb die Proteste in Neapel.
       
       Hunderte Personen strömten spätabends auf die Straße, statt sich brav nach
       Hause zu begeben. Die Mobilisierung lief über Social Media, und sie brachte
       verzweifelte Restaurantinhaber*innen samt ihren Beschäftigten ebenso auf
       die Straße wie Schwärme von Hooligans, Faschisten und Kriminellen aus dem
       Umfeld der Familienclans Camorra, die randalierten, Müllcontainer
       abfackelten und auch Polizeifahrzeuge angriffen.
       
       ## Schlägertrupps verwüsten Läden
       
       Für die breite Masse der Protestierenden sind die Gewaltbereiten allerdings
       kaum repräsentativ. Dies zeigte sich in den folgenden Tagen, in denen in
       Neapel immer wieder Hunderte, ja Tausende Menschen friedlich auf die Straße
       gingen, von der Lehrerin der Ballettschule zum Taxifahrer, von der
       Barbesitzerin zum Pizzabäcker.
       
       Ähnlich war das Bild auch in anderen italienischen Städten. In Rom hatte
       für Samstagnacht pünktlich zur Ausgangssperre die neofaschistische
       Gruppierung Forza Nuova zur unangemeldeten Demonstration aufgerufen. Etwa
       250 Schläger, vorneweg Ultras von Lazio Rom, fanden sich ein und lieferten
       sich stundenlange Scharmützel mit der Polizei. Doch sie blieben unter sich:
       Die wirklich von den Restriktionen Betroffenen schlossen sich dem
       gewalttätigen Protest nicht an.
       
       In Turin wiederum trafen sich auf einer friedlichen Kundgebung diejenigen,
       die sich als Opfer der Coronamaßnahmen sehen, während sich unweit von ihnen
       kleine Grüppchen einfanden, die ganz offen auf Krawall setzten. Sie zogen
       schließlich durch eine der wichtigsten Einkaufsstraßen des Zentrums,
       schlugen Schaufensterscheiben ein und plünderten diverse Läden.
       
       Wie wenig ihnen am Schicksal etwa der Inhaber*innen der Restaurants gelegen
       war, zeigte sich daran, dass sie auch deren Außenbereiche mit Stühlen,
       Tischen und Schirmen verwüsteten. Die Polizei nahm zehn Randalierer fest.
       
       Auch für die nächsten Tage sind quer durch Italien zahlreiche
       Protestkundgebungen angekündigt. Die Regierung will mit einem [2][neuen
       Hilfspaket] reagieren, das Steuerzahlungen aussetzt, Kurzarbeitsregelungen
       verlängert, vor allem aber Einnahmeausfälle bis zu 150.000 Euro ausgleichen
       soll.
       
       27 Oct 2020
       
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