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       # taz.de -- Opposition in Belarus: Im Ausstand
       
       > Tausende beteiligen sich an Streikaktionen gegen Staatschef Lukaschenko.
       > Doch die Sicherheitskräfte machen auch nicht vor protestierenden Ärzten
       > halt.
       
   IMG Bild: Protest in Belarus: Auch am Dienstag gingen wieder Tausende auf die Straßen
       
       Kiew taz | In Belarus sind am Dienstag landesweit erneut Tausende dem
       Aufruf von Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja zu [1][Streiks und
       Demonstrationen] gefolgt. Am Morgen hatten Ärzte des Minsker Herzzentrums
       RNPZ vor ihrem Arbeitsantritt auf dem Dzerschinski-Prospekt mit einer
       Menschenkette ihre Solidarität mit inhaftierten Demonstranten bekundet.
       Kurz nach Beginn ihrer Aktionen wurden elf Protestierer von der
       Sonderpolizei OMON für mehrere Stunden festgesetzt.
       
       Ein Schwerpunkt der Aktionen war am Dienstag neben Minsk die an der Grenze
       zu Polen gelegene Stadt Hrodna. Nachdem sich alle Regisseure des
       dramaturgischen Theaters der Stadt mit den Streiks solidarisiert hatten,
       stellte das Theater sämtliche Aktivitäten bis auf weiteres ein. Gestreikt
       wurde in Hrodno auch bei „Hrodno Azot“. Das Werk gehört mit 7500
       Beschäftigten zu den Großbetrieben in der belarussischen Chemieindustrie.
       
       Doch kaum hatten sich am frühen Dienstag Morgen über hundert streikende
       Arbeiter auf dem Betriebsgelände versammelt, tauchten Minibusse der
       Sonderpolizei OMON auf und nahmen einige streikende Arbeiter vorübergehend
       in Gewahrsam. Auch bei den Minsker Automobilwerken, dem Minsker
       Traktorenwerk, dem Minsker Werk für Elektrotechnik und Belarusneft
       streikten am Montag und Dienstag nach Angaben von tut.by einige Schichten.
       
       Schüler, Studierende und Lehrer gingen ebenfalls auf die Straße. So
       demonstrierten Lehrer der Staatlichen Linguistischen Fakultät und Schüler
       des renommierten mathematischen Gymnasiums Nr. 50 und Studierende der
       medizinischen Universität, der technischen Universität und der Universität
       für Informatik.
       
       ## Keine Auftritte mehr
       
       In Gomel blieben am Montag und Dienstag zahlreiche Cafés und Restaurants
       geschlossen. Auch die Musiker der Bands Brutto, Drezden, „Ljapis-98“,
       „Kultura“ und The Superbullz erklärten, dass sie bis auf weiteres nicht
       mehr auftreten würden. Inzwischen, so zitiert das russische Portal lenta.ru
       [2][Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja], seien sieben Millionen
       Dollar in Solidaritätsfonds für Personen einbezahlt worden, die wegen der
       Proteste finanzielle Einbußen erleiden müssen.
       
       Der gestrige Dienstag war der 80. Protesttag der belarussischen Opposition
       und der zweite Tag nach dem Ablauf des von Oppositionsführerin
       Tichanowskaja ausgerufenen Ultimatums. Darin hatte sie sie Alexander
       Lukaschenko zum Rücktritt, zur Freilassung der politischen Gefangenen und
       zu Neuwahlen aufgefordert. Bei Nichterfüllung hatte Tichanowskaja mit
       vielfältigen Protestaktionen gedroht: Streiks, Demonstrationen und dem
       gezielten Abheben von Geld.
       
       Schon am Montag waren Tausende dem Tichanowskajas Aufruf gefolgt. 335
       Personen waren am Montag wegen ihrer Teilnahme an Protestaktionen nach
       Angaben des Menschenrechtszentrum „Wjasna“ am Montag bei landesweiten
       Protestaktionen und Streiks festgenommen worden.
       
       Unterdessen wird die Rhetorik der Machthaber zunehmend unversöhnlicher. Man
       werde alle Versuche einer Destabilisierung des Landes so behandeln wie
       Terrorakte, ließ ein belarussischer KGB-Sprecher im staatlichen Fernsehen
       „Belarus 1“ verlauten.
       
       ## Kritik am Westen
       
       Bei einem Treffen von Vertretern des russischen und des belarussischen
       Verteidigungsministeriums sprach der russische Verteidigungsminister Sergej
       Schojgu von Versuchen des Westens, einen Machtwechsel in Belarus politisch
       und finanziell zu unterstützen.
       
       Begleitet würden diese Versuche, so Schojgu, von einer Aufrüstung der NATO
       an den Grenzen des Unionsstaates von Russland und Belarus. In den
       vergangenen Jahren hätte die NATO ihr Kontingent in den Nachbarstaaten um
       das 17-fache erhöht, ergänzte sein belarussischer Kollege Wiktor Chrenin.
       
       27 Oct 2020
       
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   DIR Bernhard Clasen
       
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