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       # taz.de -- Weltranglistenerster gewinnt US Masters: Augusta im November
       
       > Dustin Johnson hat mit unglaublichem Platzrekord das Masters gewonnen.
       > Dabei konnte er wegen eines positiven Coronatests nur wenig trainieren.
       
   IMG Bild: Was nicht passt, wird von Tiger Woods passend gemacht: Dustin Johnson im Siegerjacket
       
       Nein, keine blühenden Magnolienwälder, keine farbenprächtigen Azaleen wie
       sonst immer im April, natürlich nicht. Stattdessen braun-gelbe Blätter der
       Vergänglichkeit an den mächtigen Bäumen und zwischendurch Laubbläser im
       Einsatz. Statt 50.000 tobender ZuschauerInnen Stille, man hörte die
       beschwörenden Kommandos der Spieler an ihre Bälle: „Go“ für „Flieg weiter“
       oder „Sit“ für „Stopp“, nicht so weit, bleib liegen. Und wenn ein Dutzend
       Offizieller mal klatschte nach einem gelungenen Schlag, war das wie eine
       Eruption.
       
       Sicher, so eine pandemiebedingte Menschenleere rund um die Fairways kennen
       die Profis schon den ganzen Sommer. Aber in Augusta? Dieses stille 84.
       Masters im November, nachgeholt nach der Covid-Absage im Frühjahr, war das
       Anderste aller Zeiten. Auch die Spielbahnen sind im feuchten Herbst ganz
       andere. Augustas Grüns sind berühmt, weil sie hart sind wie Glasplatten;
       die Bälle hüpfen gern schwer kalkulierbar und rollen manchmal bis an den
       Rand der Unendlichkeit – oder in einen See. Nun aber meinte Altmeister Jack
       Nicklaus etwas despektierlich: „Das ist ja wie Darts werfen.“ Wo der Ball
       auf dem tiefen Grün landete, sqwuotsch, blieb er oft auch liegen.
       
       [1][Bernhard Langer], der Anhauser aus Boca Raton, Florida, mit
       lebenslangem Startrecht durch seine prähistorischen Turniersiege (1985,
       1993), schaffte eine andere Bestmarke. Er wurde zum ältesten Spieler aller
       Zeiten, der in Augusta den Cut schaffte, also die Finalrunden 3 und 4
       weiterspielen durfte. 63 Jahre ist Langer alt. Er schlägt nicht mehr so
       weit wie die manchmal 40 Jahre jüngeren Konkurrenten, aber fast immer
       absolut präzise. Der Alt-Master wurde bei seiner 37. Teilnahme einer der
       besten Putter des Turniers. Langer, ein [2][Gedächtniswunder], hat nach
       fast 200 Runden hier (inklusive Training) jede kleinste Bodenwelle rund um
       die Fahnen abgespeichert und das Rollverhalten des Balles an jeder Stelle,
       hochgerechnet auch auf veränderte Witterung.
       
       Das nicht alternde Golfwunder wurde toller 29. und lag damit vor
       Titelverteidiger [3][Tiger Woods]. Der hatte am Finaltag das größte
       Desaster seine Karriere erlebt: An Loch 12, der mit 140 Metern kürzesten
       Bahn, schlug er den Ball dreimal ins Wasser, zweimal Sandbunker obendrauf –
       am Ende stand eine demütigende 10 auf der Scorekarte. 10 – wo sonst eine 4
       ein schlechtes Ergebnis ist.
       
       ## Grüne Jackets und exklusive Kaffeepötte
       
       Und auch der Sieger schaffte eine Bestmarke. Mit 20 Schlägen unter
       Platzstandard gewann der US-Weltranglistenerste Dustin Johnson, 36, bei
       seinem ersten Masters-Triumph. Es war das niedrigste Ergebnis seit
       Turnierbeginn 1934. Der Riesenvorsprung aufs Restfeld (5 Schläge und mehr)
       bedeutete leider keinen besonders dramatischen Finaltag. DJ, der neuerdings
       rübezahlbärtige Hüne von fast zwei Metern, war im Oktober noch
       Covid-positiv elf Tage lang in einem Hotelzimmer in Las Vegas isoliert.
       „Nur sitzen und warten, dass du krank wirst“, sagte er. Er kam gut durch,
       „ein Traum ist wahr geworden“, meinte er nun eher still als triumphal. Das
       hässliche grüne Jackett in extralang passte auch.
       
       In Augusta ist auch sonst immer alles anders. Die extrateuren
       Merchandising-Artikel gibt es nur während des Turniers, vor Ort. Wenn der
       letzte Put versenkt ist, wird der Rest der Ware nicht etwa über die Website
       verramscht, sondern vernichtet. Werterhalt durch künstliche Verknappung: So
       nennen das Wirtschaftstheoretiker.
       
       In diesem Jahr durfte erstmals online gekauft werden, aber pro Person
       höchstens zwei Gegenstände. Und: Wer etwa den Kaffeepott für 50 Dollar
       bestellen wollte, musste im Besitz eines 2020er-Tickets sein – also als
       wäre man da gewesen.
       
       Dustin Johnson geht derweil in die kürzeste Titelphase aller Zeiten. Sofern
       Joe Biden das Trump’sche Corona-Desaster in den Griff bekommt, steht schon
       im April das nächste Masters an. Aber wahrscheinlich wieder lautlos.
       
       16 Nov 2020
       
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