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       # taz.de -- Interne Ermittlungen der Bundespolizei: Rassismus, IT-Delikte und Sonstiges
       
       > Die Bundespolizei ermittelte seit 2015 insgesamt 1.384 Mal gegen die
       > eigenen Beamt:innen. Dabei ging es auch um rassistische Vorfälle.
       
   IMG Bild: Vereidigung von KommissaranwärterInnen
       
       Berlin taz | Es ist eine lange Liste an Verfehlungen: Reisekostenbetrug,
       Trunkenheitsfahrten, Fernbleiben vom Dienst. In 1.384 Fällen musste die
       Bundespolizei wegen solcher Fälle seit 2015 in den eigenen Reihen
       ermitteln.
       
       Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine
       Linken-Anfrage hervor, die der taz vorliegt. Aufgeführt werden interne
       Ermittlungen der Bundespolizei von 2015 bis Ende 2019. Die meisten
       Verfahren erfolgten demnach zu Vernachlässigungen dienstlicher Pflichten
       (128), Störung des Betriebsfriedens (115), Pflichtverletzungen gegenüber
       Vorgesetzten oder Untergebenen (78), Alkoholkonsums (73), Fernbleiben vom
       Dienst (52) oder auch „sittlicher Verfehlungen“ (50). Ein Großteil der
       Ermittlungen (362) bleibt uneingeordnet: Sie werden unter „Sonstiges“
       aufgeführt.
       
       Aufhorchen lässt die Zahl der IT-Delikte: Immerhin 63 Mal wurde hierzu seit
       2015 in der Bundespolizei ermittelt. Was genau sich dahinter verbirgt, wird
       nicht weiter ausgeführt, auch auf taz-Nachfrage nicht. Gemeint sein dürften
       Datenabfragen ohne dienstlichen Grund, wie sie etwa bei der
       [1][rechtsextremen Drohschreibenserie des „NSU 2.0“] erfolgten.
       
       Tatsächlich wurde in den vergangenen Jahren gegen 28 der gut 48.000
       Bundespolizisten auch wegen [2][rassistischer oder verfassungsfeindlicher
       Äußerungen] ermittelt. 3 Fälle waren so schwerwiegend, dass die
       Bundespolizei sie dem Verfassungsschutz meldete, bei 12 weiteren erfolgt
       dies wegen eines Reichsbürger-Bezugs.
       
       ## 216 interne Ermittlungsverfahren im BKA
       
       Das Innenministerium benennt auch Zahlen zum BKA. Demnach gab es dort gegen
       216 der 6.400 Bediensteten interne Ermittlungen, in der Mehrzahl wegen
       Verstößen gegen Dienstanweisungen oder die Amtsverschwiegenheit, aber auch
       wegen Sexualdelikten oder Diebstahls. 8 Personen wurden
       rechtsextremistische Äußerungen vorgeworfen. So hatte sich etwa ein Beamter
       über eine Passantin mit Kopftuch abfällig geäußert, ein anderer in seiner
       Freizeit den Hitlergruß gezeigt. Beim Zoll wiederum wurde gegen 29 der
       43.000 Bediensteten wegen rechtsextremer Äußerungen ermittelt.
       
       Offenbar gab es weitere Fälle. Erst Anfang Oktober hatte der
       Verfassungsschutz in einem Lagebericht für die Bundespolizei 44
       rechtsextreme Verdachtsfälle nur von Januar 2017 bis März 2020 notiert.
       Beim BKA vermeldete der Bericht 9 Ermittlungen wegen Rechtsextremismus,
       beim Zoll nur 4.
       
       Bundespolizeichef Dieter Romann verwies damals auf die Vertrauensstelle in
       seinem Haus, bei der Bedienstete Vorfälle melden könnten. Laut einer
       weiteren Antwort auf eine Linken-Anfrage kamen dort seit der Einrichtung im
       Mai 2015 insgesamt 403 interne Hinweise, 124 betrafen Dienstverfehlungen.
       Bei dem Rest ging es um allgemeine Personal- oder Dienstfragen. In 27
       Fällen sei es zu Disziplinarverfahren gekommen, in 16 Fällen zu
       Strafverfahren. Tatsächlich vor Gericht verurteilt wurde ein
       Bundespolizist.
       
       Das Innenministerium lobt die Vertrauensstelle: Diese habe sich bewährt und
       sei ein „effektives Angebot“. Und es gebe ja weitere Ansprechpartner wie
       die Personalvertretungen, Seelsorge oder Innenrevision.
       
       Die Linken-Innenexpertin Martina Renner, welche die Anfragen stellte,
       verweist dagegen darauf, dass die Vertrauensstelle nur rund 10 Prozent der
       internen Ermittlungen auslöste. Die Stelle müsse daher „gestärkt und
       unabhängiger ausgestaltet“ werden. Insgesamt sei das Ausmaß der
       Verfehlungen gerade in der Bundespolizei „doch überraschend“. „All das
       verdeutlicht die Notwendigkeit unabhängiger Beschwerdeeinrichtungen für die
       Beamten und Dritte.“
       
       18 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
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   DIR Konrad Litschko
       
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