URI: 
       # taz.de -- Sprecher der BKM über geschändete Kunst: „Dazu braucht es keine Extramittel“
       
       > Kunstwerke wurden in Berlin besprüht oder beschmiert. An Geld für
       > Sicherheitsvorkehrungen fehle aber es nicht, sagt ein Sprecher von
       > Kulturstaatsministerin Grütters.
       
   IMG Bild: Die große Granitschale im Lustgarten am Alten Museum wurde großflächig beschmiert
       
       Als Anfang Oktober einer oder mehrere Täter mindestens 63 Kunstobjekte wie
       ägyptische Statuen und Sarkophage oder griechische Götterbildnisse in vier
       verschiedenen Museumseinrichtungen auf der Museuminsel mit einer ölhaltigen
       Flüssigkeit besprühten, [1][war die Bestürzung – als der Vorfall einige
       Wochen später endlich bekannt wurde – groß]. Vor allem weil sich gleich
       darauf der nächste Vorfall ereignete und die Granitschale vor dem Alten
       Museum mit Graffiti und vulgären Sprüchen verunstaltet wurde. Sowohl in wie
       vor den Museen scheint es an Sicherheit für die Kunst zu mangeln. 
       
       Die Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters ist als
       Vorsitzende im Stiftungsrat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz auch
       zuständig für die Staatlichen Museen zu Berlin. Einer Interviewanfrage
       konnte oder wollte sie nicht nachkommen. Allerdings war einer ihrer
       Mitarbeiter, als Sprecher anonymisiert, zu einem schriftlichen Interview
       bereit. 
       
       taz: Frau Professor Grütters kritisierte nach Bekanntwerden der
       [2][Kunstattacken] die Sicherheitsvorkehrungen der Museen. Hatte sie kraft
       ihres Amtes aber nicht alle Möglichkeiten, eventuelle Sicherheitmängel zu
       beseitigen? 
       
       Der Sprecher der BKM: Der Bund hat seit dem Amtsantritt von
       Kulturstaatsministerin Grütters den laufenden Etat der Stiftung Preußischer
       Kulturbesitz zusammen mit dem Anteil des Landes Berlin um über 50 Millionen
       Euro erhöht und in den letzten Jahren besonders den Bauunterhalt in den
       Blick genommen, weil hier mehr getan werden musste. Es gibt aber bei den
       öffentlich geförderten Kultureinrichtungen eine klare Trennung zwischen
       Aufsicht und operativem Geschäft. Was die Stiftung an Sicherheitsmaßnahmen
       für erforderlich hält und umsetzt, ist klassischer Teil des operativen
       Geschäfts.
       
       Frau Grütters hat sich im Übrigen mit ihrer Initiative für eine
       Sicherheitskonferenz für Museen frühzeitig dafür eingesetzt,
       Sicherheitsfragen noch präsenter auf die Agenda der Museen und
       Ausstellungshäuser zu setzen. Gemeinsam mit dem Deutschen Museumsbund hat
       sie über diese Fachtagung Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland
       miteinander in Austausch gebracht, um sicherheitstechnische Handlungsfelder
       zu identifizieren und gemeinsam über neue Sicherheitsstandards
       nachzudenken.
       
       Da hierzu ganzheitliche Ansätze notwendig sind, waren neben den Leitungen
       und Sicherheitsfachleuten aus Museen und museumsnahen Verbänden auch
       Vertreter der Sicherheitsbehörden und der Versicherungsbranche beteiligt.
       
       Bereits nach dem Raub einer Millionen [3][teuren Goldmünze aus dem
       Bode-Museum] im März 2017 wurden Sicherheitsmängel offenkundig. Lücken im
       Sicherheitskonzept aller Museen wurden im Stiftungsgremium zwar heiß
       diskutiert. Und es wurden auch im Frühsommer im Rahmen des Pakets
       „Infrastrukturmaßnahmen“ 1,3 Millionen Euro für Sicherheit beantragt. Eine
       Entscheidung steht aber noch aus. Warum so zögerlich? 
       
       Es stehen genügend Mittel zur Verbesserung der Sicherheit zur Verfügung.
       Die Stiftung hat im letzten Jahr 6,4 Millionen Euro an Bauunterhaltsmitteln
       noch nicht ausgegeben und in diesem Jahr stehen ihr 10,3 Millionen Euro zur
       Verfügung. Das Geld kann sie sofort für diese Maßnahmen verwenden, dazu
       braucht man keine Extramittel.
       
       Fehlendes Geld ist in diesem Bereich nicht das Problem. Dazu kommt, dass
       wir der Stiftung in diesem Jahr durch diverse Nachträge fast 10 Millionen
       Euro zusätzlich zur Verfügung stellen. Hierzu gehören auch Mittel, die im
       Konjunkturpaket zur Bewältigung der Coronapandemie für vorgezogene
       Investitionen vorgesehen waren. Auf eine entsprechende Abfrage der BKM
       hatte die SPK hier verschiedene Vorhaben benannt, auch im
       Sicherheitsbereich.
       
       Der SPK wurde bereits im August mitgeteilt, dass aufgrund des
       Programmzuschnitts des Konjunkturpakets nur die angemeldeten
       Digitalisierungsmittel berücksichtigt werden konnten, da ja für die
       Sicherungsmaßnahmen auf die vorhandenen Bauunterthaltsmittel
       zurückgegriffen werden kann. Es wurde im Ergebnis also kein Antrag der SPK
       abgelehnt, sondern lediglich mitgeteilt, dass solche Investitionen aufgrund
       des Programmzuschnitts nicht berücksichtigungsfähig sind.
       
       Die stellvertretende Generaldirektorin der Berliner Museen, Christina Haak,
       [4][sagte jüngst gegenüber dieser Zeitung im Interview]: „Wir können nur
       mit Vorlagen und Anträgen unterstützen und dann kommt der nächste Schritt
       der möglichen Bewilligung.“ Kann es sein, dass Sie das große Ganze im Auge
       haben, aber Ihre Menschen an den wichtigen Schaltstellen im operativen
       Geschäft zu wenig unterstützen? 
       
       Der von der Kulturstaatsministerin vor zwei Jahren mit der Evaluierung
       beauftragte Wissenschaftsrat hat festgestellt, dass es bei der SPK
       Organisations- und Governance-Probleme gibt, unter denen vor allem die
       hochmotivierten und kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leiden.
       Gerade die Schwierigkeiten bei den Museen hat der Wissenschaftsrat klar
       benannt, dem haben ja auch die Museumsdirektoren voll und ganz zugestimmt.
       Jetzt muss dieser Reformstau aufgelöst werden, und zwar auch und gerade
       wegen der Mitarbeiter.
       
       Während Christina Haak daran erinnerte, dass man sich im Bereich der
       Aufsichten im unteren Lohnsektor befände, sagte der Sicherheitschef der
       Museen, Hans-Jürgen Harras: „Bei der technischen Ausstattung lässt sich
       aufgrund von Innovation immer nachrüsten.“ Laufen Sie möglicherweise den
       Entwicklungen unserer Zeit hinterher, indem Sie etwa die Aufsichtskräfte
       durch Zahlung des Mindestlohns nicht gerade für Ihre Arbeit motivieren und
       veraltete Überwachungselektronik anstatt höchstauflösender Kameras mit
       Zoom-Funktion und Infrarottechnik installiert zu haben? 
       
       Bei der Frage, welche Aufgaben die Museen in Deutschland outsourcen und
       welche sie lieber selbst in der Hand behalten sollten, bahnt sich ein
       Umdenken an, auch in Bezug auf die Bezahlung. Wo früher alles ausgelagert
       wurde, um Kosten zu senken, denkt man jetzt darüber nach, wie man bei
       Aufsichten und Reinigung doch bessere Arbeitsbedingungen schaffen kann, um
       sie enger an die Einrichtung zu binden. Die Stiftung Humboldt Forum hat
       dafür eine eigene Service GmbH als Tochter gegründet. Zu den Kameras: Es
       gibt dafür genügend Reserven im Bauunterhalt, hier kann die Stiftung sofort
       tätig werden.
       
       Gegen Ihren seit 2008 im Amt befindlichen obersten Dienstherrn der Museen,
       den Generaldirektor der Staatlichen Museen Berlin, Michael Eissenhauer,
       liegt aufgrund der Vorkommnisse eine Dienstaufsichtsbeschwerde vor. Wie
       beurteilen Sie die ihm zur Last gelegten Vorwürfe? 
       
       Für Dienstaufsichtsbeschwerden ist der Präsident als oberster Dienstherr
       zuständig. Zu stiftungsinternen personellen Angelegenheiten nimmt die BKM
       nicht Stellung
       
       Was wird sich in Zukunft ändern? 
       
       Wir wollen die Stiftung besser und leistungsfähiger machen, unnötige
       Hierarchien und überflüssige Bürokratie abbauen und die Autonomie der fünf
       Einrichtungen stärken. Wir sind zuversichtlich, dass uns dies im
       [5][Reformprozess] gemeinsam gelingt.
       
       7 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Attacken-auf-die-Berliner-Museumsinsel/!5720677
   DIR [2] /Attacken-auf-die-Berliner-Museumsinsel/!5720677
   DIR [3] /Prozess-um-Diebstahl-im-Bode-Museum/!5661459
   DIR [4] /Museumsleitende-ueber-Kunstattacke-in-Berlin/!5723206
   DIR [5] /Zukunft-der-Preussen-Stiftung/!5694938
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sebastian Strenger
       
       ## TAGS
       
   DIR Museen in Berlin
   DIR Sicherheit
   DIR Stiftung Preußischer Kulturbesitz
   DIR Neue Nationalgalerie
   DIR Kunst Berlin
   DIR Museumsinsel
   DIR Kunst Berlin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Neue Nationalgalerie in Berlin: Der fehlende Handlungsspielraum
       
       Baustellen der Hauptstadt: Udo Kittelmann, der schillernde Berliner
       Ausstellungsmacher, verabschiedete sich als Direktor der Nationalgalerie.
       
   DIR Kunstvandalismus in Berlin: Schale auf Museumsinsel beschmiert
       
       In der Nacht wurde eine Steinschale von 1826 vor der Berliner Museumsinsel
       besprüht. Der Stiftungspräsident sieht darin einen Angriff auf die Kultur.
       
   DIR Attacke auf Berliner Ausstellungen: Die Museen brauchen mehr Schutz
       
       Der Gefahr, beschädigt zu werden, sind Museumsstücke mehr oder weniger
       immer ausgesetzt. Wie sollten die Häuser künftig damit umgehen?
       
   DIR Attacke auf Kunstwerke in Berlin: Keine Hinweise auf die Täter
       
       Auf der Museumsinsel wurden mit voller Absicht umfangreiche Schäden an
       Kunstwerken angerichtet. Wie konnte das passieren? Und wer war es?