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       # taz.de -- Flüchtlinge aus Griechenland in Berlin: Gekommen, um zu bleiben
       
       > Berlin nimmt weitere Flüchtlinge aus Griechenland auf. Das Containerdorf
       > auf dem Tempelhofer Feld soll reaktiviert werden.
       
   IMG Bild: Jugendliche Geflüchtete auf dem Weg nach Deutschland am 16. Oktober in Athen
       
       Berlin taz | „Wir haben Platz!“ Laut war die Aufnahme von Flüchtlingen aus
       den [1][Elendslagern auf den griechischen Inseln] in Berlin im September
       [2][auf einer Demonstration] unter dem gleichen Motto gefordert worden.
       Schon bereits im August dieses Jahres kamen die ersten
       Griechenland-Flüchtlinge [3][im Zuge eines Bundesprogramms nach Berlin],
       bis heute wurden 121 Geflüchtete aus Griechenland in der Hauptstadt
       aufgenommen. Dabei handelt es sich um kranke Kinder und ihre Kernfamilien,
       die in Griechenland nicht angemessen behandelt werden können, so Monika
       Hebbinghaus, Sprecherin des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten
       (LAF), der taz.
       
       Sie haben ihr [4][Asylverfahren in Griechenland noch nicht absolviert], das
       werden sie in Berlin tun. 21 weitere Flüchtlinge aus dieser Gruppe werden
       in Berlin noch erwartet. Ihr Anreisetermin steht Hebbinghaus zufolge noch
       nicht fest. Untergebracht würden sie in einer Asylunterkunft in Spandau.
       Das LAF möchte aber nicht, dass veröffentlicht wird, wo genau, um die
       Bewohner vor dem Presserummel abzuschirmen.
       
       Für die bereits seit einigen Monaten in Spandau untergebrachten
       Griechenland-Ankömmlinge ist bereits eine Hilfeaktion von Ehrenamtlichen
       gestartet. Das Willkommensbündnis Steglitz-Zehlendorf und der Kirchenkreis
       Spandau reaktivieren dazu gerade Strukturen, die sich 2015 gebildet haben.
       
       Da es sich um kranke Kinder handelt, bestünde vor allem Bedarf an
       medizinischer Hilfe. Günther Schulze vom Willkommensbündnis freut sich
       daher, dass ein Dutzend Ärzte und Psychotherapeuten ehrenamtlich ihre Hilfe
       angeboten haben. Dazu kommen Menschen, die Fahrdienste und Begleitungen zu
       Behörden übernehmen wollen.
       
       ## „Asylverfahrensberatung steht den Menschen zu“
       
       Corona macht die Hilfen schwieriger, nicht nur weil ältere Ehrenamtliche
       jetzt eher auf direkte persönliche Kontakte verzichten. Auch eine
       Zusammenkunft in einer Kirchengemeinde in Spandau, auf der der Hilfebedarf
       abgestimmt werden sollte, wurde kurzfristig abgesagt.
       
       Eine zweite Gruppe von Flüchtlingen von den griechischen Inseln, die
       bereits in Berlin gelandet sind, sind minderjährige unbegleitete
       Flüchtlinge. Daniel Jasch vom Beratungs- und Betreuungszentrum für
       Geflüchtete und Migranten, der sich um sie kümmert, schätzt ihre Zahl auf
       30. Er kritisiert die in Berlin laufenden Asylverfahren der von
       Griechenland überstellten Flüchtlinge: „Ich kenne eine palästinensische
       Familie, deren Asylantrag bereits abgelehnt wurde. Bei einem minderjährigen
       unbegleiteten Syrer hat das Bundesamt die Anhörung ohne Vormund gestartet,
       was ich stoppen konnte.“
       
       Das sei eigentlich nicht zulässig. [5][Die Mängel hätten System], sagt
       Jasch. „Da die Asylanhörungen sehr kurz nach der Ankunft stattfinden, haben
       die Neuankömmlinge keinen Zugang zu einer unabhängigen Verfahrensberatung,
       die sie darauf vorbereiten könnte.“ Solche Asylverfahrensberatungen stehen
       anderen Asylsuchenden zur Verfügung, etwa bei der AWO.
       
       ## Asyl in Griechenland
       
       Die aus Griechenland nach Deutschland eingeflogenen Menschen seien sich, so
       Jasch, oft nicht einmal der Bedeutung des Asylverfahrens bewusst, „denn sie
       sehen, Deutschland hat sie schließlich aufgenommen. Darum glauben sie sich
       schon sicher.“
       
       Eine zusätzliche Schwierigkeit bestünde darin, dass sie aus Unwissenheit
       dem Bundesamt nicht die in Griechenland erstellten ärztlichen Atteste über
       die Gesundheitsprobleme ihrer Kinder vorlegen würden. Diese Atteste sind in
       griechischer Sprache erstellt worden, und in Berlin sei nicht endgültig
       geklärt, wer für die Übersetzungskosten aufkommt. Das sei aber wichtig für
       die Beurteilung sagt Jasch der taz, „denn so schwere Krankheiten, um die es
       sich hier handelt, können Abschiebehindernisse sein.“
       
       Und eine weitere Gruppe von 126 Flüchtlingen aus Griechenland kommt nach
       Berlin. Diese Menschen haben in Griechenland bereits Asyl erhalten und
       durften somit von den Elendslagern auf [6][Lesbos und Samos] aufs
       griechische Festland umziehen. Die Regierung in Athen hat es nach dem Brand
       in Moria abgelehnt, weiterhin eine Verteilung von Flüchtlingen direkt von
       den griechischen Inseln in andere EU-Staaten zu vereinbaren.
       
       ## Wasser auf dem Prüfstand
       
       Die ersten elf Flüchtlinge dieser Gruppe werden nächste Woche nach Berlin
       kommen. Das LAF äußert sich nicht dazu, wo sie untergebracht werden. Später
       eintreffende Flüchtlinge aus dieser Gruppe sollen dem LAF zufolge ins
       Containerdorf auf dem Tempelhofer Feld ziehen, „vorausgesetzt, das
       Gesundheitsamt Tempelhof-Schöneberg erteilt dafür die Freigabe und
       Erlaubnis“, so Behördensprecherin Monika Hebbinghaus.
       
       Für den dortigen Gesundheitsstadtrat Oliver Schworck (SPD) steht allerdings
       nicht die Frage, ob, sondern nur wann eine Belegung möglich ist. „Derzeit
       sind noch nicht alle Voraussetzungen gegeben, damit Menschen einziehen
       können“, sagt er. „Wir stehen aber mit dem LAF im Gespräch.“ Nach
       Informationen der taz gibt es wegen des langen Leerstands Probleme mit der
       Wasserqualität. Das wollte der Stadtrat weder bestätigen noch dementieren.
       
       Die [7][Container auf dem Tempelhofer Feld] waren Ende 2019 frei geworden,
       weil das nach dem Volksentscheid zustande gekommene Tempelhofer-Feld-Gesetz
       eine Wohnnutzung über diesen Zeitraum hinaus nicht erlaubte. Die Container
       blieben aber stehen, denn Berlin fand nirgendwo anders
       Abstellmöglichkeiten. Als sich Berlin im Sommer für die Aufnahme von
       Griechenland-Flüchtlingen starkmachte, brachte Sozialsenatorin Elke
       Breitenbach (Linke) einen Bezug der Container in die Debatte. Dagegen wurde
       keine Kritik laut.
       
       5 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
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   DIR [6] /Brand-in-Fluechtlingscamp-auf-Samos/!5722373&s=lesbos/
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       ## AUTOREN
       
   DIR Marina Mai
       
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