# taz.de -- Initiative gegen Staatskirchenleistungen: Ein Verfassungsauftrag
> Eine Gesetzesinitiative von FDP, Grüne und Linke fordert die Ablösung der
> Staatsleistungen für die Kirchen. Die schreibt die Verfassung vor.
IMG Bild: Genug ist genug – unser Gastautor fordert die Ablösung der Staatskirchenleistungen
Viele Aufträge unseres Grundgesetzes gelten für die Ewigkeit. Doch
gleichzeitig gibt es Verfassungsaufträge, die mit einem einzelnen Beschluss
erfüllt werden können. Die [1][Ablösung der Staatsleistungen für die
Kirchen] gehört dazu. Diese Zahlungen entschädigen bis heute die Kirchen
für die Enteignung ihrer Güter durch den Staat während der Säkularisierung.
Dabei wurde schon 1919 in Artikel 138 der Weimarer Reichsverfassung
formuliert: „Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln
beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die
Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf.“
Die Mütter und Väter des Grundgesetzes übernahmen das als Artikel 140.
Doch in den vergangenen 100 Jahren hat keine Mehrheit im Bundestag den
Verfassungsauftrag ernsthaft angegangen. Bis heute überweisen [2][die
Bundesländer eine halbe Milliarde Euro jährlich an die großen Kirchen]. Es
wird Zeit, dass wir diesen Auftrag gegenüber den Bürger*innen erfüllen.
Gemeinsam haben die Fraktionen von FDP, Linken und Grünen einen
Gesetzentwurf erarbeitet, der die Grundsätze für Ablösungsverhandlungen
zwischen Ländern und Kirchen aufstellt.
Er sieht vor, dass die Ablösungen sich am Äquivalenzprinzip orientieren und
die bis zum Jahr 1919 entstandenen Ansprüche tilgen. Da eine Rekonstruktion
der damaligen Werte nicht realisierbar ist, dienen die im Jahr 2020
geleisteten Staatsleistungen als Bemessungsgrundlage. Den Ländern und
Kirchen eröffnen wir die Möglichkeit einzelne Ausnahmen von diesen
Grundsätzen festzulegen. So ermöglichen wir faire Verhandlungen, die
berechtigte Forderungen der Kirchen anerkennen und einen nachvollziehbaren
Weg zur Ablösung der Staatskirchenleistungen definieren.
Wir fordern weder eine sofortige Abschaffung, die wegen der bestehenden
Rechtsansprüche der Kirchen offenkundig verfassungswidrig wäre, noch wollen
wir aus einer falsch verstandenen Freundlichkeit ihnen gegenüber die
Verfassung weiter ignorieren. Das sollte auch die Große Koalition so sehen.
6 Nov 2020
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## AUTOREN
DIR Benjamin Strasser
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