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       # taz.de -- Argentinischer Filmemacher und Politiker: Pino Solanas ist tot
       
       > Er saß im Parlament und kritisierte die Folgen von Bergbau und
       > Agrarindustrie. Nun ist Pino Solanas mit 84 Jahren an Covid-19 gestorben.
       
   IMG Bild: Pino Solanas beim Filmfestival von Guadalajara im Jahr 2008
       
       Pino Solanas ist tot. Am Freitag ist der argentinische Filmemacher und
       Politiker im Alter von 84 Jahren an den [1][Folgen seiner
       Covid-19-Erkrankung] in Paris gestorben. Dort war er im Oktober zusammen
       mit Ehefrau Ángela Correa positiv auf das Virus getestet und ins
       Krankenhaus eingeliefert worden. „Freunde, ich bin noch immer auf der
       Intensivstation. Mein Zustand ist delikat, aber ich bin gut aufgehoben.
       Hört nicht auf, auf Euch selbst aufzupassen“, hatte Solanas, den alle Pino
       nannten, von dort geschrieben.
       
       Präsident Alberto Fernández hatte Pino Solanas noch vor der Pandemie als
       Botschafter Argentiniens bei der UNESCO nach Paris entsandt. Nicht wenige
       meinten damals, Fernández habe so einen möglichen Unruhestifter weit weg
       gelobt. Denn in seinen [2][letzten Filmen hatte sich Solanas] mit dem
       Megabergbau und dem agroindustriellen Sektor des Landes auseinandergesetzt.
       
       Kritisch beleuchtete er die ökologischen und gesundheitlichen Effekte von
       Argentiniens großen Devisenbringern und wichtigsten Einnahmenquellen für
       den Staatshaushalt. In dem Zweiteiler „Tierra sublevada: Oro impuro; Oro
       negro – Revoltierende Erde: Unreines Gold; Schwarzes Gold“ (2009, 2010)
       nannte Solanas Gewinner und Verlierer der Megaminería, die in den Anden
       ganze Bergrücken schleift. In „Viaje a los pueblos fumigados – Reise in die
       begasten Dörfer“ (2018) beschrieb er den Einsatz der Agrochemie und ließ
       sein eigenes Blut auf seinen Glyphosatgehalt hin analysieren. Die
       Konsequenzen der Ausbeutung von Schieferöl und –gas in Patagonien zeigte er
       in „La Guerra del Fracking – Der Fracking-Krieg“ (2013).
       
       Von Paris aus mischte Solanas sich erstaunlich wenig ins politische
       Geschehen am Río de la Plata ein. Und das, obwohl er über Jahre selbst in
       der Politik aktiv war. Solanas Debut als Parlamentsabgeordneter (1993 bis
       1997) fiel in die Regierungszeit des damaligen Präsidenten Carlos Menem,
       den er im Spielfilm „El Viaje – Die Reise“ (1992) als Vertreter der ‚Países
       en rodillas – kniende Länder‘, (abgeleitet von: „Países en desarollo –
       Länder in Entwicklung“), auf Knien gehen lässt. Von 2009 bis 2013 saß
       Solanas für das Mitte-Linksbündnis Proyecto Sur erneut als Abgeordneter im
       Kongress, und von 2013 bis 2019 hatte er den Posten eines Senators inne.
       Als solcher kritisierte er die Präsident*innen Cristina Kirchner und
       Mauricio Macri vehement und lautstark.
       
       ## In Cannes für „Sur – Süden“ ausgezeichnet
       
       Seinen ersten großen cineastischen Erfolg feierte Solanas bereits mit
       seinem Debütfilm „La Hora de los hornos – Die Stunde der Hochöfen“ (1967),
       in dem es um Kolonialismus und Entkolonialisierung geht. „Der Film ist ein
       Agitations- und Propagandafilm. Er ist noch mehr: er ist ein Film der
       Aktion, ein Film-Acto“, so Solanas damals über „La Hora de los hornos“,
       einem Schlüsselwerk des neuen lateinamerikanischen Kinos.
       
       International stand Solanas 1988 im Rampenlicht, als er mit [3][„Sur –
       Süden“] (1988) bei den Filmfestspielen in Cannes den Preis als bester
       Regisseur erhielt. Zuvor hatte er in „Tangos, el exilio de Gardel – Tangos,
       Gardels Exil“ (1985) seine Zeit im Pariser Exil aufgearbeitet, in das ihn
       die Militärs nach dem Putsch im März 1976 getrieben hatten und wo er bis
       zum Ende der Diktatur 1983 lebte.
       
       2004 wurde er in Berlin mit dem Goldenen Bären für sein Lebenswerk geehrt.
       Bei der damaligen Berlinale stellte er den Film [4][„Memoria del Saqueo –
       Chronik einer Plünderung“] (2004) vor, der zeigt wie die zunehmende
       Verschuldung und die Privatisierung von Staatseigentum in die große Krise
       von 2001 mündete.
       
       Geboren wurde Fernando Ezequiel Solanas am 16. Februar 1936 in Olivos,
       einer Kleinstadt vor den Toren der Hauptstadt Buenos Aires. In Olivos ist
       auch die Residenz der argentinischen Präsidenten. 2007 hatte Solanas
       versucht dort einzuziehen, war aber als Präsidentschaftskandidat mit einem
       Stimmanteil von 1,6 Prozent deutlich gescheitert. Im Wahlkampf verteilte er
       Piniensamen, „Pino se planta – Pinie wird gepflanzt“, war das
       Wahlkampfmotto. Am Freitag hat Pino Solanas sein Vermächtnis auch seinem
       Sohn und Filmemacher Juan Diego hinterlassen.
       
       7 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Coronapandemie-sorgt-fuer-Fahrradboom/!5721232&s=argentinien/
   DIR [2] /Versorgungskrise-in-Argentinien/!5627555&s=pino+solanas/
   DIR [3] https://www.trigon-film.org/de/shop/DVD/Sur_-_S%C3%BCden
   DIR [4] https://www.trigon-film.org/de/shop/DVD/Memoria_del_saqueo_-_Chronik_einer_Pl%C3%BCnderung
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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