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       # taz.de -- Qualhäppchen mit Apfel
       
       > Die Tierrechtsorganisation Peta kritisiert Restaurants, wenn diese noch
       > Gänsestopfleber auf der Karte haben. Einige Gastronomen verzichten
       > mittlerweile freiwillig auf die Foie Gras
       
   IMG Bild: Getreidebrei in Enten und Gänse stopfen: Proteste gegen diese Mast, wie hier im Februar in Madrid, gibt es immer wieder
       
       Von Sarah Zaheer
       
       Die Tierrechtsorganisation Petafordert das Restaurant „The Dining Room“ am
       Rödingsmarkt auf, Gänsestopfleber, bekannt unter dem französischen Namen
       Foie Gras, von der Karte zu streichen. Das Restaurant weist die Kritik von
       sich, da tierleidfreiere Produkte verwendet würden.
       
       Bei der herkömmlichen Stopfmast wird Gänsen und Enten mehrmals täglich
       gewaltsam ein Rohr oder Schlauch mit fettreichem Getreidebrei in die
       Speiseröhre gestopft. Daher schwillt die Leber innerhalb von etwa zwei
       Wochen bis auf ein Zehnfaches an. „Dies ist, als würde man einem
       durchschnittlichen Gast etwa fünfzehn Kilogramm Spaghetti in den Rachen
       stoßen“, sagt Tanja Breining, Biologin und Fachreferentin bei Peta.
       
       Das Stopfen ist daher in Deutschland verboten, der Import aus Frankreich
       dagegen durch den freien Warenverkehr innerhalb der EU erlaubt. Deutschland
       ist einer der größten Abnehmer der Stopfleber. Ein Blick auf die
       Speisekarten anderer gehobener Gastronomien in Hamburg zeigt, dass die mit
       Tierqualen verbundene Delikatesse nachgefragt wird.
       
       In der Vergangenheit versuchte Peta dagegen zu klagen, hatte jedoch keinen
       Erfolg. Seitdem macht die Tierrechtsorganisation einzelne Betriebe, welche
       das umstrittene Gericht anbieten, auf die Problematik aufmerksam. Viele
       würden daraufhin das Gericht von der Karte nehmen und mit Verständnis
       reagieren, sagt Breining.
       
       Das Restaurant „The Dining Room“ hat „Fat Goose Foie Gras Parfait“ auf der
       Karte. Man habe zunächst den Dialog zum Inhaber gesucht, sagt Breining.
       Dieser habe erst nicht geantwortet und dann sehr defensiv und unfreundlich
       reagiert.
       
       Besitzer Tim-Christopher Harris sieht das anders. Er habe Peta erörtert,
       dass man keine Stopflebermast unterstütze. Das Restaurant biete „Happy Foie
       Gras“ an. Dies sei „eine Leber von freilaufenden Bio-Gänsen, die künstlich
       aufgefettet wird, ohne Stopfen“, sagt Harris. Tatsächlich wurde ein solches
       Verfahren in Hannover entwickelt (siehe Kasten). Durch „Drohungen bezüglich
       Aktivistengruppen“ habe er mit Peta keine Gesprächsgrundlage mehr. Dennoch
       aktualisierte der Gastronom die Speisekarte um die Präzisierung „Happy Foie
       Grass“.
       
       „Vom Tierschutz her ist das eine erhebliche Verbesserung. Aus
       Tierrechtssicht aber nicht“, sagt Edmund Haferbeck von Peta. „Die Tiere
       werden immer noch gezüchtet, getötet und für Daunen gerupft.“
       
       Auch auf der Internetseite des französischen Restaurants „Petit Bonheur“ in
       der Innenstadt wurde Foie Gras aufgeführt. Auf Anfrage erklärte der
       Geschäftsführer, dass man die Qualen der Mast „bereits in der Vergangenheit
       erkannt und darauf reagiert“ habe. Die Speisekarte wurde inzwischen
       ebenfalls aktualisiert. Auch das „Il Cantuccio“ hat die Speise letztes Jahr
       von der Karte genommen. „Wir haben es früher angeboten, weil es viel
       Nachfrage gab“, heißt es von dem Eppendorfer Lokal.
       
       Offenbar steigt die Sensibilität für den Tierschutz. „Wir machen dazu seit
       über zehn Jahren Kampagnen und üben öffentlichen Druck aus“, sagt
       Haferbeck. Das sei immer erfolgreicher.
       
       Dennoch wird in anderen Gastronomiebetrieben in der Stadt Foie Gras
       weiterhin angeboten. In Ottensen wird im „Petit Amour“ eine „Terrine von
       der Foie Gras und Marone, mit grünem Apfel und Matchatee“ aufgetischt. Dort
       kann man Stopfleber in einem mehrgängigen Menü für insgesamt satte 159 Euro
       pro Person bestellen. Der Geschäftsführer sei grundsätzlich bereit für ein
       Gespräch, habe jedoch zurzeit wegen der coronabedingten Schließung „alle
       Hände voll zu tun, um auf die aktuelle Lage zu reagieren“, heißt es auf
       Anfrage.
       
       Das Restaurant „Brasserie“ im Hotel Tortue an der Stadthausbrücke bietet
       Entenstopfleber sogar in zwei Variationen an. Auf mehrfache Anfrage der taz
       reagierte das Restaurant nicht.
       
       Peta-Sprecherin Breining sagt, dass Peta sogenannte „Streetteams“ einsetze,
       die mit Aktionen vor Restaurants auf die Hintergründe der Stopfmast
       aufmerksam machten. So protestierten in Bremen im August Aktivist:innen vor
       einem Lokal und wiesen Gäste auf die Tierqual hin. Dies droht womöglich
       auch Hamburger Gastronomien – sobald sie wieder öffnen dürfen.
       
       13 Nov 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sarah Zaheer
       
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