URI: 
       # taz.de -- Plan gegen islamistischen Terror: Grüne wollen schneller abschieben
       
       > Die Grünen verschärfen die Tonart gegenüber Gefährdern. Einem
       > Strategiepapier zufolge sollen diese konsequent inhaftiert und
       > abgeschoben werden.
       
   IMG Bild: Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen und Mitautor des Strategiepapiers
       
       Berlin taz | Die Grünen fordern einen härteren Umgang mit islamistischen
       Gefährdern. Neben notwendigen Präventionsprogrammen müssten auch alle
       rechtsstaatlichen Mittel angewendet werden, heißt es in einem
       Strategiepapier, das der taz vorliegt. Verfasst haben es der
       Parteivorsitzende Robert Habeck, die Innenpolitikexpertin im Bundestag
       Irene Mihalic und Fraktionsvize Konstantin von Notz.
       
       Die Verfasser:innen schreiben in dem Positionspapier von mehr Konsequenz
       gegenüber Gefährdern und meinen damit konkret etwa die Vollstreckung aller
       offenen Haftbefehle. Derzeit seien 160 Personen auf freiem Fuß. Außerdem
       sollten Gefährder abgeschoben werden, sofern dies rechtsstaatlich möglich
       und faktisch durchführbar sei.
       
       Abschiebungen nach Syrien nimmt Habeck auf Nachfrage dabei ausdrücklich
       aus. „Prinzipiell sind Abschiebungen ein probates Mittel, nicht jedoch in
       Kriegsgebiete. Syrien ist immer noch ein Kriegsland“, sagte Habeck auf der
       Pressekonferenz der Grünen am Montag. Tabu sind für die Grünen auch Länder,
       in denen Folter und die Todesstrafe praktiziert werden. Auch das ist in
       Syrien der Fall.
       
       Das Papier unter der Überschrift Null-Toleranz-Strategie listet insgesamt
       11 Punkte auf. Neu sind diese nicht. Die Forderung etwa, dass Gefährder
       engmaschig und rund um die Uhr überwacht werden müssten, hatte die
       Bundestagsfraktion bereits vor knapp vier Jahren in ein Konzept zur inneren
       Sicherheit geschrieben.
       
       ## Bei innerer Sicherheit punkten
       
       In dem Konzept aus dem Januar 2017, das die Grünen wenige Wochen nach dem
       Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz vorlegten, fand sich ebenfalls
       der Ruf nach einer Verschärfung des Waffenrechts, nach einer besseren
       Kooperation der Sicherheitsbehörden und nach einer europaweit einheitlichen
       Definition davon, wer als Gefährder gilt.
       
       Auch der aktuelle 11-Punkte-Plan entstand nach einer Serie islamistischer
       Attentate im Oktober und Anfang November. In Paris hat ein jugendlicher
       Islamist [1][einen Lehrer enthauptet], in Nizza hat ein mutmaßlich
       islamistischer Attentäter [2][zwei Frauen und den Küster in einer Kirche
       abgeschlachtet]. In Dresden hat ein Islamist [3][auf ein schwules Paar
       eingestochen, einer der Männer starb]. Und in Wien hat zuletzt ein als
       Gefährder bekannter und vorbestrafter Mann [4][vier Menschen erschossen und
       viele weitere verletzt].
       
       „Das Risiko eines islamistischen Anschlags ist in Deutschland extrem hoch“,
       so Habeck. „Das Besondere an unseren Vorschlägen ist, dass wir nicht über
       eine Möchte-gern-Welt reden, sondern jetzt konkrete Vorschläge machen.“
       
       Der Plan zum Umgang mit Gefährdern passt auch zur Strategie der Grünen sich
       thematisch breiter aufzustellen und das Thema innere Sicherheit mit eigenen
       Vorschlägen zu besetzen. Sollte es nach der Bundestagswahl im September zu
       schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen kommen, könnten die Grünen auf
       Augenhöhe mit der Union verhandeln.
       
       Die CSU hat am Wochenende ebenfalls Vorschläge zum Umgang mit Gefährdern
       gemacht. Laut einem Sieben-Punkte-Plan, über den die Welt berichtete,
       sollen Grenzkontrollen verschärft und Abschiebungen auch nach Syrien
       geprüft werden. Außerdem will die CSU die Befugnisse des
       Verfassungsschutzes ausweiten und fordert die rechtliche Möglichkeit,
       Handys auch online zu durchsuchen. Bei diesen und anderen Vorschlägen –
       etwa der Forderung nach Isolationshaft für Gefährder – dürften CSU und
       Grüne allerdings schwerlich überein kommen. Neu sind auch die Vorschläge
       der CSU nicht, sondern eher ein Best-Of aus den vergangenen Jahren.
       
       Am Dienstag will auch die FDP einen Plan zur Bekämpfung von Islamismus
       vorlegen. Wie Fraktionsvize Stephan Thomae der taz mitteilte, gehe um der
       Prävention durch eine stärkere Polizeipräsenz und
       [5][zivilgesellschaftliche Programme zur Deradikalisierung], aber auch um
       intensivere Beobachtung gewaltbereiter Islamisten und Gefährder. „Es
       braucht die Nutzung von Vereins- und Versammlungsverboten, die konsequente
       Strafverfolgung und dort, wo es die humanitäre Lage erlaubt, die
       Abschiebung von Gefährdern und Straftäten in ihre Herkunftsländer“, so
       Thomae.
       
       9 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Trauer-um-ermordeten-Lehrer-bei-Paris/!5720050
   DIR [2] /Messerattacke-in-Frankreich/!5724653
   DIR [3] /Messerattacke-in-Dresden/!5720528
   DIR [4] /Nach-dem-Attentat-in-Wien/!5726523
   DIR [5] /Paedagoge-ueber-Deradikalisierung/!5723519
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
       
       ## TAGS
       
   DIR Gefährder
   DIR Islamismus
   DIR Bündnis 90/Die Grünen
   DIR Innere Sicherheit
   DIR Schwerpunkt Islamistischer Terror
   DIR Islamismus
   DIR Gefährder
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Schwerpunkt Rechter Terror
   DIR Lesestück Interview
   DIR Lesestück Interview
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Islamist in Niedersachsen: Terrorpläne oder nicht?
       
       Nachdem Niedersachsen kurzerhand einen mutmaßlichen Islamisten abgeschoben
       hat, wachsen Zweifel. Forderungen nach Aufklärung werden lauter.
       
   DIR Islamistischer Gefährder in Gewahrsam: Pistorius feiert Polizeigesetz
       
       Nach der Verhinderung eines mutmaßlichen islamistischen Anschlags sieht
       Niedersachsens Innenminister die Polizeireform nachträglich bestätigt.
       
   DIR Migrationspolitik in Deutschland: Mit Schutzmaske abschieben
       
       Die Bundesregierung plant erneut Abschiebungen nach Afghanistan – trotz
       steigender Coronazahlen und defizitärem Gesundheitssystem.
       
   DIR Anschläge in Europa: Terror von zwei Seiten
       
       Der IS ist geschwächt, aber nicht besiegt. Seine Ideologie lebt weiter. Und
       weltweit sollen rund 20.000 Kämpfer zum Einsatz bereitstehen.
       
   DIR Grünen-Politikerin über innere Sicherheit: „Wo sind V-Leute nützlich?“
       
       Nach dem Innenminister fordern auch die Grünen einen zentralen
       Verfassungsschutz. Ein Schwenk auf Law and Order? Nein, sagt Innenexpertin
       Mihalic.
       
   DIR Streitgespräch zur inneren Sicherheit: „Wir sind blind“
       
       Seit dem Anschlag in Berlin werden Gesetze verschärft. Der Terrorexperte
       Peter Neumann, der Grüne Konstantin von Notz und der Politologe Thomas
       Grumke streiten.