URI: 
       # taz.de -- Podcasts mit Künstler*innen: Bilder auf die Ohren
       
       > Wie können Galerien in der Pandemie Zeit Aufmerksamkeit finden? Podcasts
       > sind eine Möglichkeit, um mit Kunst und Künstler*innen bekannt zu machen.
       
   IMG Bild: Die Malerin Katharina Grosse ist Teil des Podcast „Was mit Kunst“ der Galerie Johann König
       
       Einen Schlüsselmoment für ihr Verständnis von Malerei erlebte Katharina
       Grosse, noch bevor sie Künstlerin wurde, bei einem Malkurs der
       Ruhr-Universität Bochum. „Weißt du was, wenn du willst, kannst du auch den
       Baum, der hinter dir steht, auf das Bild draufmalen“, habe der Leiter
       Hans-Jürgen Schlieker damals zu ihr gesagt und sie neugierig darauf
       gemacht, wie mächtig ein Bild sein könnte.
       
       Grosse erzählt davon zu Beginn der ersten Folge des Podcasts [1][„Was mit
       Kunst“ ihres Galeristen Johann König]. Ob und wie sich diese Erkenntnis
       heute in Grosses multidimensionaler Malerei äußert, könnte man, wenn nicht
       gerade alle Museen zuhätten, im Hamburger Bahnhof überprüfen. Der Podcast
       liefert quasi als Ersatz Bilder auf die Ohren.
       
       Ende Oktober ist König damit bei den bekannten Anbietern an den Start
       gegangen. Laut Selbstbeschreibung möchte er mit „Was mit Kunst“ den
       Schleier der exklusiven Kunstwelt lüften, einen einmaligen Zugang zu den
       Lichtgestalten der Kunstwelt bieten. Für so eine Lichtgestalt hält er
       augenscheinlich neben Grosse auch den Bildhauer Jeppe Hein und den Maler
       Norbert Bisky – die wie Grosse von der König Galerie vertreten werden –
       sowie den Kunsthändler und -Unternehmer Hans Neuendorf. Sie sind in den
       bislang veröffentlichten Folgen Königs Gesprächspartner*innen.
       
       Es ist ein denkwürdiger Moment für die Kunst, dieser Herbst 2020, der
       kommerzielle Galerien in die vergleichsweise glückliche Position
       verschiebt, offen bleiben zu können, während alle Museen, Projekträume und
       Privatsammlungen ihre Räume schließen mussten. Sie sind die Einzigen, die
       Kunst zeigen dürfen, ohne dabei allerdings zu viele Menschen
       zusammenzubringen. Auch sie setzen daher auf digitale Kanäle als Ersatz für
       Veranstaltungen.
       
       Zum Beispiel mittels Podcasts: Schon im Juni, zum Zeitpunkt der nur
       virtuell stattfindenden Art Basel, veröffentlichte die [2][Berliner
       Galerie KOW] ihren. Im Mai hatte die Düsseldorfer Galerie Van Horn „Voices
       on Art“ vorgelegt und das [3][Auktionshaus Grisebach „Die Sucht, zu
       sehen“]. Auch Institutionen wie die Berlinische Galerie oder der Hamburger
       Bahnhof veröffentlichen mittlerweile mehr oder weniger regelmäßig Podcasts.
       
       ## Auch Sammler*innen kommen zu Wort
       
       Den Trend, dass gerade Galerien ihre eigenen Inhalte publizieren, gibt es
       tatsächlich schon länger. Einige haben eigene Magazine – König ist auch
       hier mit dabei – oder immerhin Blogs oder sie verschicken textlastige
       Newsletter. Podcasts sind oft der nächste Schritt.
       
       Unter den großen Internationalen betreiben unter anderem die Lisson Gallery
       seit 2017 „On Air“, einen Podcast zu frei gewählten Themen mit
       Künstler*innen aus der Galerie, und David Zwirner seit 2018 die von Lucas
       Zwirner moderierten „Dialogues“, bei denen immer zwei Künstler*innen oder
       andere illustre Personen aus Kunst und Kultur aufeinandertreffen. Sean
       Kellys Podcast, in dem Sammler*innen zu Wort kommen, heißt – nomen est omen
       – „Collect Wisely“.
       
       Im Jahr 2020 sind sie den Umständen der Pandemie entsprechend meist Teil
       einer größeren digitalen Offensive, zu der auch virtuelle Showrooms und
       Ähnliches gehören, wobei Podcasts gegenüber anderen digitalen Kunstformaten
       einen klaren Vorteil haben: Sie erfordern es nicht, auf einen Bildschirm zu
       schauen, produzieren kein nie wirklich befriedigendes Abbild eines
       physischen Werkes.
       
       Statt des Schauens auf geht es um das Sprechen über Kunst, sie machen quasi
       aus der Not des eingeschränkten Sehens eine Tugend. Und das bestenfalls auf
       einladende, zugängliche Weise, nicht in Form eines kunsthistorischen
       Vortrags, sondern als lockere Unterhaltung. Wissend und witzig also,
       überraschend in welchem Sinne auch immer, tiefsinnig, aber nicht zu
       voraussetzungsreich.
       
       ## Gut unterhalten werden
       
       Wer beim Geschirrspülen zuhört, möchte gewiss nicht zwischendurch mit
       nassen Fingern Begriffe oder Namen auf Wikipedia nachschlagen müssen –
       sondern vor allem gut unterhalten werden.
       
       Was etwa „Voices on Art“ von Van Horn und das schlicht „KOW Podcast“
       genannte Format von Königs „Was mit Kunst“ unterscheidet und sie damit auch
       ein wenig spannender macht – vorausgesetzt, das Konzept von „Was mit Kunst“
       zieht sich weiter so durch –, ist, dass sie mehr Abwechslung bieten,
       flexibler im Konzept sind. In der ersten Folge des KOW Podcast etwa ruft
       Galerist Alexander Koch bei seinem Künstler Franz Erhard Walther in dessen
       Studio in Fulda an. Das Gespräch dauert gute 16 Minuten. In Folge zwei
       spricht Künstler Mario Pfeifer über eine Stunde lang mit Gaëtane Verna, der
       Direktorin des kanadischen Museums The Power Plant. Meist gibt es ein
       konkretes Thema oder eine Arbeit, die im Fokus steht. Die Gespräche sind
       mal länger, mal kürzer, nicht immer unbedingt für alle Hörer*innen gleich
       spannend, aber immer irgendwie besonders und daher hörenswert.
       
       14 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://was-mit-kunst.podigee.io/archive
   DIR [2] https://kow-berlin.com/kow
   DIR [3] https://www.grisebach.com/auktionshaus/der-grisebach-podcast.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Beate Scheder
       
       ## TAGS
       
   DIR Kunst
   DIR zeitgenössische Kunst
   DIR Galerie
   DIR Kunstbetrieb
   DIR Podcast-Guide
   DIR zeitgenössische Kunst
   DIR Kunst
   DIR Kunstbetrieb
   DIR Kunstmesse
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Künstler über Aktionismus in der Pandemie: „Wir sind ja alle gestört“
       
       Künstler Christian Jankowski macht auf Menschen mit systemrelevanten
       Berufen aufmerksam. Er stiftet eine Arbeit für die Kunstlotterie der UNO.
       
   DIR Ein Galerist zwischen Ost und West: „Das war keine Nischenkunst“
       
       Vielen Künstlern aus der DDR hielt der Galerist Gunar Barthel auch im
       Westen die Treue. Und arbeitet weiter an ihrer Sichtbarkeit und
       Dokumentation.
       
   DIR Buch über Kunstfälschungen: Grotesker Aufwand
       
       In seinem Buch „Kunstfälschung“ beschreibt Hubertus Butin das komplexe
       Zusammenspiel, das den Betrugsversuch erst attraktiv macht.
       
   DIR Art Berlin wird eingestellt: Die Kunst-Messe ist gelesen
       
       Das Ende der Art Berlin ist ein schwerer Rückschlag für die Stadt als
       Marktplatz für Kunst. Den Betreibern fehlte die Unterstützung durch das
       Land.