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       # taz.de -- Gutachten zum Umgang mit Land: Wende dringend geboten
       
       > Der wissenschaftliche Beirat fordert eine „Renaturierung von
       > Landökosystemen“. Wälder und Feuchtgebiete sollen wiederhergestellt
       > werden.
       
   IMG Bild: Im Schwinden begriffen: Naturnaher Laubmischwald in Sachsen-Anhalt
       
       Berlin taz | Unseren Böden geht es echt dreckig. Das steht nun auch
       wissenschaftlich fest. Die Äcker und Wiesen bilden die Grundlage für unsere
       Ernährung und sind Heimstatt für Tier- und Pflanzenarten. Dennoch ist für
       ein Viertel der Menschheit die Ernährungssicherung gefährdet, die
       [1][industrielle Landwirtschaft] bedroht die natürlichen Lebensgrundlagen,
       und die [2][Biodiversität] erleidet derzeit weltweit ein dramatisches
       Massenaussterben.
       
       [3][Das neue Hauptgutachten des Wissenschaftlichen Beirats der
       Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen (WBGU)], das diese
       Gefährdungen auflistet, hält dennoch eine „Landwende“ für möglich und für
       dringend geboten: „Nur wenn sich unser Umgang mit Land grundlegend ändert,
       kann Klimaschutz gelingen, der dramatische Verlust der biologischen
       Vielfalt abgewendet und das globale Ernährungssystem nachhaltig gestaltet
       werden“, lautet die zentrale Botschaft des Gutachtens.
       
       Das 351-Seiten-Gutachten mit dem Titel „Landwende im Anthropozän: Von der
       Konkurrenz zur Integration“, das die zehnköpfige Expertengruppe in
       zweijähriger Arbeit erstellt hat, wurde in der vorigen Woche an die
       Bundesministerinnen Anja Karliczek (Bildung und Forschung) und Svenja
       Schulze (Umwelt) übergeben. Unter anderem wird darin die massive
       „Renaturierung von Landökosystemen“ gefordert – das bedeutet die
       Wiederherstellung standortgerechter Wälder, Feuchtgebiete und
       Graslandschaften.
       
       Auf diese Weise sollen bis zum Jahr 2030 rund 350 Millionen Hektar
       ausgelaugte Böden wieder in einen natürlichen Zustand gebracht werden, das
       entspricht etwa 2 Prozent der Landfläche der Erde. Klimatischer
       Nebeneffekt: Mehr Bäume saugen mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre.
       
       Einen noch größeren Anteil, nämlich 30 Prozent des gesamten Festlands, will
       der WBGU als ökologische Schutzgebiete wie Naturparks und Reservate
       ausgewiesen sehen. Die Landwende spielt sich aber auch auf dem Teller ab,
       wenn nämlich als weitere Maßnahme die „Transformation der Ernährungsstile
       in den Industrieländern“ eingefordert wird, insbesondere durch Verringerung
       des Fleischkonsums. Auch das Bauen mit Holz gilt dem Beirat als „effektive
       Möglichkeit, langfristig Kohlenstoff zu speichern“.
       
       Der Vorschlag mit der größten politischen Sprengkraft ist die Abkehr von
       der industriellen Landwirtschaft, die eine „umfassende Ökologisierung“
       erleben müsse. Für die [4][EU-Agrarpolitik] ist das exakt der zentrale
       Knackpunkt, um den in diesen Tagen in Brüssel gerungen wird. Was zeigt, die
       deutschen WBGU-Empfehlungen sind nicht nur auf der Höhe der Zeit, sondern
       auch für Europa von Relevanz.
       
       15 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Einigung-ueber-Agrarreform/!5722809
   DIR [2] /UN-Bericht-zur-biologischen-Vielfalt/!5142895
   DIR [3] https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/landwende
   DIR [4] /Reaktionen-auf-Agrarreform/!5720690
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Manfred Ronzheimer
       
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