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       # taz.de -- Studie zu Corona in der Gastronomie: Risikoort Restaurant
       
       > Eine US-Studie zeigt, dass Restaurants ein erhebliches Ansteckungsrisiko
       > bergen könnten. Ärmere sind beim Einkaufen besonders gefährdet.
       
   IMG Bild: Restaurants könnten ein höheres Ansteckungsrisiko bergen als angenommen
       
       Berlin taz | Restaurants könnten doch eine größere Rolle im
       Corona-Infektionsgeschehen spielen, als bisherige Zahlen nahelegen. Das ist
       das Ergebnis einer [1][neuen Studie der Stanford University], die
       vergangenen Dienstag im renommierten Fachjournal Nature erschienen ist.
       Demnach sind auch Fitnessstudios, Cafés und Hotels Orte mit besonders
       erhöhtem Ansteckungsrisiko. Insgesamt belegt die Studie erneut, dass vor
       allem schlecht gelüftete Orte, wo Menschen dicht gedrängt beisammen sind,
       das höchste Risiko bergen.
       
       Lothar Wieler, der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI),
       [2][bescheinigt der Studie], dass der „Ansatz wissenschaftlich gut, richtig
       und wichtig“ sei. Er betont: Überall dort, wo man unvorsichtiger wird, da
       hat dieses Risiko einfach eine größere Chance“, und das sei eben besonders
       dort der Fall, wo Menschen intensiv und ausgelassen beisammen seien. Er
       verweist auch [3][auf eine britische Studie], die einen deutlichen
       Zusammenhang zwischen Restaurants und ansteigenden Infektionszahlen
       herstellt.
       
       Die Forscher*innen hatten in ihren Untersuchungen anonyme Mobilfunkdaten
       von 98 Millionen Menschen aus zehn der größten US-Städte wie New York oder
       Los Angeles zusammen mit demografischen Daten sowie Daten zum
       Infektionsgeschehen in ein Computerprogramm eingespeist. In dem zweimonaten
       Untersuchungszeitraum von März bis Mai dieses Jahres konnten sie so
       nachvollziehen, wer sich wann an welche Orte bewegte und wie lange sich die
       Personen dort aufhielten.
       
       So ließ sich nicht nur ermitteln, an welchen Orten die höchste
       Infektionsgefahr besteht, sondern auch relativ zuverlässig prognostizieren,
       wie sich die Infektionszahlen bei verschiedenen Maßnahmen verändern. Am
       Beispiel Chicago etwa ermittelte das Forscher*innenteam, dass eine
       Reduzierung der maximalen Kapazität von Restaurants auf 30 Prozent auch das
       Ansteckungsrisiko dort um zwei Drittel senkt. Bei einer Reduzierung auf 20
       Prozent der normalen Kapazität sinkt das Risiko sogar um 80 Prozent im
       Vergleich zum Normalbetrieb. Auch die Reduzierung der Besuchszeit, etwa in
       Fitnessstudios oder Museen, könnte sich positiv auswirken.
       
       ## Einkaufen ist für Ärmere doppelt so gefährlich
       
       Die Studie zeigt aber auch, dass Menschen in ärmeren Wohngegenden ein
       doppelt so hohes Infektionsrisiko haben. Ein wesentlicher Grund: Ein
       durchschnittliches Lebensmittelgeschäft ist dort mehr als doppelt so voll
       wie in wohlhabenderen Wohngegenden, wo die Menschen mehr
       Einkaufsmöglichkeiten hätten. Außerdem könnten sie seltener von zu Hause zu
       arbeiten und arbeiten häufiger in besonders exponierten Berufen: in der
       Pflege, an der Supermarktkasse oder beim Friseur.
       
       Wichtige Gruppen bildet die Studie allerdings nicht ab. So fehlen
       ausreichend Daten zu Kindern, älteren Menschen und Gefängnisinsassen, so
       dass keine Aussage zum Infektionsrisiko in Schulen, Pflegeheimen oder
       Gefängnissen möglich ist. Die Frage ist auch, ob sich die Ergebnisse ohne
       Weiteres auf Deutschland übertragen lassen. So hält zwar auch der Kieler
       Virologe Helmut Fickenscher das Ansteckungsrisiko in der Gastronomie für
       besonders hoch, gibt aber zu bedenken, dass diese in Deutschland im
       internationalen Vergleich vorbildliche Maßnahmen ergriffen habe.
       
       Für Deutschland liegt keine vergleichbare Datengrundlage vor, um
       hierzulande entsprechende Untersuchungen anzustellen. Das liegt vor allem
       am Datenschutz. RKI-Chef Wieler weist aber auf [4][das COVID-19 Mobility
       Project] hin, das immerhin präzise regional, lokal und anonym zeige, wie
       stark die Mobilität und damit die Verbreitungsgefahr von Covid-19 zu- oder
       abnehme.
       
       13 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.nature.com/articles/d41586-020-03140-4?utm_source=Nature+Briefing&utm_campaign=bf07df38ba-briefing-dy-20201111&utm_medium=email&utm_term=0_c9dfd39373-bf07df38ba-42269043
   DIR [2] https://www.tagesschau.de/multimedia/livestreams/livestream2/
   DIR [3] https://warwick.ac.uk/fac/soc/economics/research/centres/cage/manage/publications/wp.517.2020.pdf
   DIR [4] https://www.covid-19-mobility.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Maximilian Berkenheide
       
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