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       # taz.de -- Corona-Essay von Hamburgs Kultursenator: Schock und Zusammenhalt
       
       > Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda hat nachgedacht über „notwendige
       > Debatten nach Corona“ – und ein Buch geschrieben.
       
   IMG Bild: Schreiben geht immer: Carsten Brosda (SPD) mit „Kultur“-Mundschutz im Juni 2020
       
       Hamburg taz | Muss man sich Sorgen machen um den Mann? Seinen
       bemerkenswerten [1][Ausstoß an Büchern] – drei allerdings sehr
       unterschiedlich umfangreiche in zwei Jahren – beschreibt Carsten Brosda
       schon mal als Ergebnis nächtlicher Schreibschübe: mal eben noch ein paar
       Seiten auf dem iPad, während die Gattin längst schläft – so wie
       größtenteils die Stadt, über deren kulturelle Angelegenheiten der
       Sozialdemokrat wacht.
       
       Schlaflose Nächte wiederum mag auch Hamburgs Kultursenator in diesem Jahr
       die Coronapandemie bereitet haben, die ja den Kulturbetrieb enorm getroffen
       hat. Spätestens seit dem neuerlichen Shutdown kam ihm dann eine einsame
       Rolle zu: Da erlaubte sich ein Verantwortungsträger, Kritik zu üben –
       vielleicht schon wieder zu differenziert, zu präzise für viele: Die wieder
       steigenden Infektionszahlen seien „dramatisch“, schrieb er Anfang November
       in einem [2][Gastbeitrag für die Zeit], und sie erforderten „bittere
       Entscheidungen“. Und doch: Wie Kultus und Kultur – sprich: etwa Kirchen und
       Konzerthäuser – ungleich behandelt werden, das traut er sich eben dann doch
       infrage zu stellen.
       
       Längst fertig und schon in den Läden war da, eben, Brosdas [3][drittes
       Buch], ein schmaler Band mit dem Titel „Ausnahme / Zustand“, und ja: Er
       befasst sich mit „notwendigen Debatten nach Corona“, und das längst nicht
       nur bezogen auf den erwähnten Betrieb, in dem gerade so viele um ihre
       Existenzgrundlage bangen müssen.
       
       Nein, es geht ihm wieder mal um Größeres: den Schock, den das Virus für
       ganze Gesellschaften bedeute; die gelegentlich verdrängte Verletzlichkeit
       des menschlichen Seins; das dramatische Erinnertwerden aber auch an den
       Wert, ja: die Notwendigkeit des Zusammenhalts.
       
       Auch da gelingt ihm immer wieder, was, zumal in Zeiten der Krise, so vielen
       sichtlich schwer fällt: mehr als einen Gedanken zur selben Zeit zu denken;
       nicht zu verfallen ins Entweder-Oder, das so wohlig all das Komplizierte da
       draußen zu begradigen verspricht: Es gebe nun mal epidemiologische
       Notwendigkeiten, aber auch deren dramatische wirtschaftliche und soziale
       Folgen – und also eine nie endende Erfordernis, immer wieder abzuwägen.
       
       Wer’s angesichts von Brosdas Brotjob lieber enger gefasst kulturaffin
       wünscht: Sprach seit Februar alle Welt von Camus’ „Pest“ und – vielleicht –
       noch von Poes „Maske des roten Todes“, erinnert er nun an einen großen,
       klugen, kein bisschen provinziellen Hamburger: Heinrich Heine und dessen
       Beschreibung der Cholera-Epidemie in Paris 1832 in den „Französischen
       Zuständen“ – eine schöne Anregung für kommendes Kultur-Streaming ist das
       mindestens.
       
       15 Nov 2020
       
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