URI: 
       # taz.de -- Boris Johnsons Strippenzieher: Cummings will offenbar gehen
       
       > Nach Medienberichten verliert der britische Premier einen engen
       > Vertrauten. Chefberater Dominic Cummings will sein Amt niederlegen.
       
   IMG Bild: Wirft das Handtuch: Dominic Cummings legt sein Amt bis zum Jahresende 2020 nieder
       
       London taz | Der einflussreiche Dominic Cummings, Chefberater des
       britischen Premiers Boris Johnson, wird wohl aus seinem Amt ausscheiden.
       Cummings werde noch vor Weihnachten „die Regierung verlassen“, zitierte die
       BBC eine ranghohe Quelle aus dem Machtapparat. Zum Jahreswechsel soll es
       soweit sein.
       
       Cummings bestätigte dies bisher nur indirekt: „Die Gerüchte, dass ich
       gedroht habe zu kündigen, sind erfunden“, sagte der 48-Jährige der BBC –
       verwies aber zugleich auf einen seiner früheren Blogbeiträge: Sein Abgang
       werde nur so „wie es bereits auf meinem Blog im Januar geplant war“
       geschehen, „wo ich sagte, ich will mich überflüssig machen“.
       
       Der 48-Jährige gilt als Strippenzieher im Regierungssitz. Er gehört zu den
       mächtigen Brexiteers, die den EU-Austritt Großbritanniens für eine
       historische Errungenschaft halten und seit geraumer Zeit den Ton in der
       Downing Street angeben.
       
       Ebenfalls auf seinem Blog hatte Cummings zum ersten Mal seine Ideen für
       eine fundamentale Reform des öffentlichen Dienstes angekündigt. Statt den
       traditionelll mitbestimmenden britischen Staatsbeamt*innen sollten demnach
       „Verrückte und Außenseiter*innen“ in Zukunft entscheidende Rollen in Nr. 10
       Downing Street spielen. Einer der von ihm angeheuerten Außenseiter, Andrew
       Sabisky, war allerdings bald wieder verschwunden – er hatte bei den „Black
       Lives Matter“-Protesten in London gefordert, die Polizei solle einfach in
       die Menge schießen.
       
       Generell lag Cummings jedoch lange bei vielen Einschätzungen richtig: Er
       verstand die Sehnsucht vieler Brit*innen nach dem Wiedererlangen einer
       authentischen britischen Selbstbestimmung, und betitelte es als Leiter der
       Vote-Leave-Kampagne als „Take Back Control.“ Er kannte auch die teilweise
       rückständigen Zustände im Norden Englands, da er selber dort aufgewachsen
       war, und empfahl Johnson, diese vernachlässigten Gegenden sowie den Zustand
       des Nationalen Gesundheitssystems in seinem Wahlprogramm in den Fokus zu
       nehmen.
       
       ## In der Pandemie verspielte er sein Ansehen
       
       Ohne eigene Parteimitgliedschaft galt er als radikaler Umkrempler, der als
       Johnsons rechte Hand agierte. Der klare Sieg Johnsons bei den
       Nationalwahlen 2019 gehört so neben dem Referendumresultat zu den großen
       Errungenschaften Cummings.
       
       [1][Doch während der Pandemie begann er sein Ansehen zu verspielen]:
       [2][Mitten im ersten Lockdown widersetzte er sich den Regeln, nicht zu
       reisen, und fuhr 400 Kilometer im Auto von London nach Durham], wo er auf
       dem Land seiner Eltern ein Haus besitzt. Verschiedene politische
       Kehrtwendungen und das schlechte Abschneiden Großbritanniens bei der
       Pandemie werden nun, verdient oder nicht, mit seinem Namen in Verbindung
       gebracht, als hätte Johnson selber nichts damit zu tun.
       
       Die Nachrichten um einen möglichen Abgang Cummings kommen zeitgleich mit
       Gerüchten um einen erbitterten Machtkampf in der Londoner
       Regierungszentrale. Zuvor hatte bereits Downing-Street-Pressechef Lee Cains
       das Handtuch geworfen. Er galt als einer der engsten Vetrauten Cummings. Ab
       Januar wird die ehemalige BBC Journalistin Allegra Stratton ihre Rolle als
       Pressesprecherin Johnsons beginnen.
       
       13 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Corona-Eklat-in-Grossbritannien/!5684932
   DIR [2] /Politischer-Wandel-in-Grossbritannien/!5691676
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Zylbersztajn
       
       ## TAGS
       
   DIR Dominic Cummings
   DIR Großbritannien
   DIR Boris Johnson
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Verhandlungen um Brexit-Deal: Es geht um Europas Errungenschaften
       
       Ein guter Brexit-Deal wird täglich unwahrscheinlicher. Doch ein Abkommen
       darf nicht auf Kosten von Umwelt- und Sozialstandards gehen.
       
   DIR Britisches Oberhaus blockiert Johnson: Keine Mehrheit für Vertragsbruch
       
       Das House of Lords stimmt gegen Klauseln des neuen Binnenmarktgesetzes. Sie
       würden das Nordirland-Protokoll des Brexit-Vertrags mit der EU verletzen.
       
   DIR Konservative in Großbritannien: Zerreißprobe wegen Corona
       
       In Großbritannien sind die Konservativen uneins über die Coronastrategie.
       Premier Johnson stellt sich gegen den lockdownskeptischen rechten Flügel.